Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
Schmerz, und das Brechen von Knochen war zu hören. Fafhrd lag reglos auf ihm und starrte den lederbewehrten Mausling und die Frau an.
»Zwei Falkner in einer Nacht«, sagte der Mausling und äffte den Tonfall der Frau nach. »Gut gemacht, Fafhrd.« Dann fuhr er mitleidlos fort: »Die Maskerade ist aus, Atya. Deine Rache an den reichen Frauen Lankhmars ist zu Ende. Ah, was wird sich der fette Muulsh über sein kleines Täubchen wundern! Die eigenen Juwelen zu stehlen, das war fast zu raffiniert, Atya!«
Ein Schrei, in dem Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, Erniedrigung und Schwäche mitschwangen, kam von ihren Lippen. Aber dann saß sie still und blickte entschlossen auf.
»Zu den Bergen der Dunkelheit!« rief sie wild. »Zu den Bergen der Dunkelheit! Bringt den Tribut in Tyaas letzte Festung!« Und sie stieß eine Reihe seltsamer Pfiffe und Triller und Schreie aus.
Nun waren alle Vögel in der Luft und schwirrten wild durcheinander, ohne allerdings dem Altar nahe zu kommen. Sie krächzten und flatterten und schienen mit der Frau fast ein Gespräch zu führen.
»Keine Tricks, Atya!« sagte der Mausling warnend. »Der Tod ist dir nahe.«
Dann tauchte eines der schwarzen Tiere zum Boden hinab, ergriff ein smaragdbesetztes Armband, stieg wieder auf und verschwand durch eine tiefe Schießscharte in der Wand, die zum Hlal-Fluß hinausführte. Ein Vogel nach dem anderen folgte seinem Beispiel.
Wie eine groteske feierliche Prozession, so schwebten die Tiere in die Nacht hinaus, ein Vermögen in den Klauen – Halsketten, Broschen, Ringe und Nadeln aus Gold. Silber und Neusilber, mit Juwelen aller Farben, im Mondlicht schimmernd.
Nachdem die letzten drei Vögel, die keine Edelsteine mehr gefunden hatten, ebenfalls verschwunden waren, hob Atya die Arme zu den beiden aufragenden Statuen links und rechts von ihrem Altar, als wollte sie ein Wunder tun, stieß einen wilden Schrei aus, sprang auf und rannte hinter den Vögeln her.
Der Mausling schlug nicht zu, sondern folgte ihr mit erhobenem Schwert. Zusammen verschwanden sie in der Schießscharte. Wieder war ein Schrei zu hören, und gleich darauf kehrte der Mausling allein zurück und trat neben Fafhrd. Er schnitt seinem Freund die Fesseln durch, zog den Stuhl zur Seite und half ihm auf. Der verletzte Falkner rührte sich nicht. Er wimmerte leise.
»Ist sie in den Hlal gesprungen?« fragte Fafhrd mit trockenem Mund. Der Mausling nickte.
Fafhrd rieb sich betäubt die Stirn. Die Wirkung des Giftes ließ nach, er begann wieder klarer zu denken.
»Sogar die Namen waren gleich«, murmelte er. »Atya und Tyaa!«
Der Mausling ging auf den Altar zu und begann, den Dieb zu befreien. »Ein paar von deinen Leuten haben mir vorhin eingeheizt, Stravas«, sagte er beiläufig. »Ich bin ihnen nur knapp entkommen und mußte über die Treppe aufsteigen.«
»Das tut mir nachträglich leid«, sagte Stravas.
»Dann waren es wohl auch deine Leute, die da heute in Muulshs Haus Beute machen wollten?«
Stravas nickte und bewegte seine abgestorbenen Arme. »Aber ich hoffe, wir sind nun Verbündete«, erwiderte er, »obwohl da kaum etwas zu teilen ist.« Er lachte grimmig. »Gab es denn keine Möglichkeit, die schwarzen Dämonen loszuwerden, ohne auch die ganzen Juwelen zu verlieren?«
»Für einen Mann, der eben noch den Tod vor Augen hatte, bist du ganz schön gierig, Stravas«, sagte der Mausling, »aber das liegt wohl an deinem Beruf. Nein, ich bin froh, daß die Vögel geflohen sind. Ich befürchtete besonders, daß sie wild werden würden – was ganz bestimmt geschehen wäre, wenn ich Atya getötet hätte. Nur sie hatte Macht über die Tiere. Wir wären bestimmt zerfetzt worden. Seht nur, wie geschwollen Fafhrds Arm ist.«
»Vielleicht bringen die Vögel den Schatz zurück«, sagte Stravas hoffnungsvoll.
»Das ist kaum anzunehmen«, erwiderte der Mausling.
Zwei Tage später wußte Muulsh, der Geldverleiher, noch immer nicht genau, was sich in dem unheimlichen Turm zugetragen hatte. Ein verletzter Falkner, der seit langem in seinem Haushalt angestellt war, um für die Singvögel seiner Frau zu sorgen, war seine einzige Informationsquelle. Er lag ausgestreckt auf dem Luxusbett im Zimmer seiner Frau. Eine schwammige Hand umfaßte einen Kelch mit Wein, die andere das Handgelenk der hübschen Kammerzofe, die seiner Frau das Haar gelegt hatte.
»Ich habe sie niemals wirklich geliebt«, sagte er und zog das schüchtern lächelnde Mädchen näher. »Sie hat mich nur immer
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