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Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Titel: Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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unwissentlich ein übernatürliches Ritual vollzog.
    »Hört!« rief Pulg jetzt und hob einen Finger. Gehorsam lauschten der Mausling, die drei Gauner und auch der ›Alte‹. Der normale Lärm vor dem Haus war verstummte, hatte vorübergehend fast aufgehört. Dann war durch den Türvorhang und die rotschimmernden schmalen Fenster die rauhe hohe Stimme Bwadres' zu hören, der die Lange Litanei anstimmte – gefolgt vom undeutlichen Seufzen der Menge.
    Pulg schlug dem Mausling kräftig auf die Schulter. »Er macht sich ans Werk! Es wird Zeit!« rief er. »Gib uns deine Anordnungen! Wir wollen sehen, mein Sohn, wie gut du geplant hast! Denk daran, ich schau dir über die Schulter, und es ist mein Wunsch, daß du am Ende von Bwadres' Gottesdienst zuschlägst, wenn das Geld eingesammelt wird.« Stirnrunzelnd sah er Grilli Wiggin und Quatch an. »Paßt auf, ihr Leutnants!« ermahnte er sie streng. »Ihr gehorcht jedem seiner Kommandos – es sei denn, ich widerrufe den Befehl! Komm, mein Sohn, beeilen wir uns, gib deine Befehle!«
    Der Mausling hätte Pulg am liebsten einen Hieb auf die juwelenbesetzte Maske versetzt, die der Erpresser nun wieder vor das Gesicht schob. Er hätte ihm am liebsten auf die dicke Nase gehauen und dieses Irrenhaus aus befohlenen Befehlen verlassen. Doch er durfte Fafhrd nicht vergessen, der nackt, kahlgeschoren, gefesselt, betrunken und unendlich hilflos auf seiner Pritsche lag. Der Mausling begnügte sich also damit, durch die Außentür zu treten und den Gaunern und Pulg ein Zeichen zu geben, ihm zu folgen. Es überraschte ihn nicht weiter, als sie ihm gehorchten – aber es wäre schwierig gewesen zu sagen, was ihn unter den gegebenen Umständen noch überrascht hätte.
    Der Mausling bedeutete Grilli, für die anderen den Vorhang hochzuhalten. Er warf einen Blick zurück und sah, wie Quatch, der als letzter kam, die Kerze ausblies und im Schutz der Dunkelheit den noch zu zwei Dritteln gefüllten Weinkrug unter der Bettkante hervorzog und mitnahm. Und aus irgendeinem Grund schien diese unschuldige Diebestat die unpassendste von allen übernatürlich unstimmigen Ereignissen zu sein, die in letzter Zeit eingetreten waren. Der Mausling wünschte sich, es gäbe einen Gott, dem er wirklich vertraute, so daß er ihn um Rat anflehen könnte in dem Ozean unerklärlicher Intuitionen, in dem er zu versinken drohte. Doch zum Pech des Mauslings gab es keine solche Gottheit. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich ganz allein in den seltsamen Ozean zu stürzen und das Risiko einzugehen, ohne vorherige Überlegung dem zu folgen, was ihm der Augenblick eingab.
    Während Bwadres also mit schriller Stimme die Lange Litanei herunterhaspelte, begleitet von den geseufzten Antworten der Menge (und auch von ungewöhnlich zahlreichen Buhrufen), war der Mausling sehr beschäftigt. Er bereitete den Schauplatz vor und brachte die Figuren für ein Drama in Position, dessen Text er nur bruchstückhaft kannte. Die tiefen Schatten kamen ihm dabei zugute – er vermochte fast unsichtbar von einer schützenden Dunkelheit in die nächste zu gleiten –, und die Requisiten lieferten ihm die Tabletts der halben Händlerschaft Lankhmars.
    Unter anderem bestand er darauf, die Waffen Quatchs und Wiggins persönlich zu prüfen: die Kurzschwerter und ihre Scheiden, die kleinen Armbrüste und die Köcher mit den kurzen Bolzen, die als Munition dienten. Als die Lange Litanei ihr klagevolles Ende erreichte, war die Bühne bereit, wenn auch ungewiß blieb, wann, wo und wie der Vorhang sich öffnen und wer das Publikum und wer die Agierenden sein würden.
    Jedenfalls war es eine eindrucksvolle Szene. Die lange Straße der Götter, die sich in beiden Richtungen zu einer farbenfrohen, fackelerhellten Puppenwelt verjüngte, am Himmel niedrige Wolken, dazu schmale Nebelstreifen, die von der Großen Salz-Marsch heraufkrochen, das Grollen fernen Donners, das Blöken und Knurren von Priestern anderer Götter, das schrille Gelächter von Frauen und Kindern, die Rufe der Händler und Nachrichtensklaven, Weihrauchgeruch aus den Tempeln, der sich mit dem öligen Geruch von gebratenem Fleisch auf den Tabletts der Verkäufer, dem Gestank qualmender Fackeln und den Moschus- und Blumendüften farbenfroh gekleideter Damen vermischte.
    Isseks Gemeinde, heute noch verstärkt durch die Neugierigen, die von den Zwischenfällen am Tag zuvor mit dem Teufelsgehilfen und der unheimlichen Prophezeiung Bwadres' angelockt worden waren, versperrte die Straße

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