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Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Titel: Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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vielmehr sei er ein ägyptischer Weissager – und dann änderte sie wieder ihre Ansicht und versuchte sich zu erinnern, was ihr ein samischer Händler über ihn erzählt hatte, warf einen verwirrten Blick in die Ecke und kam zu dem Schluß, daß sie den Mann ja eigentlich gar nicht richtig kannte, und daß doch das auch alles völlig gleichgültig sei.
    Aber gerade diese Leere interessierte mich. In diesem Mann lag ein neues Rätsel. Nachdem ich ihn eine Zeitlang beobachtet hatte, drehte er sich um und sah mich an. Ich hatte den Eindruck, als habe er meinen forschenden Blick von Anfang an gespürt, ihn aber ignoriert, so wie ein schläfriger Mann das Summen einer Fliege ignoriert.
    Nach einem kurzen Blick ließ er sich in die alte Lage zurücksinken, doch als ich das Lokal verließ, schloß er sich mir an.
    ›Du bist nicht die einzige, die durch deine Augen schaut, nicht wahr?‹ fragte er leise.
    Diese Frage verblüffte mich derart, daß mir im ersten Augenblick keine Antwort einfiel, doch er wollte auch gar nichts hören. Sein Gesicht belebte sich, ohne dadurch individuellere Züge zu gewinnen, und er begann auf charmanteste und lustigste Weise mit mir zu plaudern, obwohl mir seine Worte keinen Hinweis darauf gaben, was er war und welchem Beruf er nachging.
    Gewissen Hinweisen entnahm ich allerdings, daß er Kenntnisse über die seltsamen Dinge besaß, für die sich Anra interessierte, und so folgte ich ihm willig, wobei meine Hand in der seinen lag.
    Doch das dauerte nicht lange. Wir gingen durch eine schmale gewundene Gasse, und ich sah den Blick aus seinen Augenwinkeln und spürte, wie sich sein Griff auf eine Weise festigte, die mir gar nicht gefiel. Angst beschlich mich, und ich rechnete jeden Augenblick mit einem Gefahrensignal von Anra.
    Wir kamen an einem düsteren Haus vorbei und blieben vor einem windschiefen dreistöckigen Wohnschuppen stehen, der sich an das große Gebäude lehnte. Er sagte, er wohne ganz oben. Dabei zog er mich auf die Leiter zu, die hier als Treppe diente – und das Gefahrenzeichen kam noch immer nicht.
    Dann kroch seine Hand auf meinen Arm zu, und ich wartete nicht mehr ab, sondern riß mich los, und mit jedem Schritt wuchs meine Angst.
    Als ich nach Hause kam, wanderte Anra wie ein Leopard auf und ab. Ich war begierig, ihm meine knappe Flucht zu schildern, doch er unterbrach mich immer wieder und wollte Einzelheiten über den alten Mann hören und schüttelte ärgerlich den Kopf, weil ich ihm so wenig erzählen konnte. Als ich schließlich über meine Flucht berichtete, ging ein Ausdruck gequälten Erstaunens über sein Gesicht, und er hob die Hand, als wolle er mich schlagen, warf sich dann aber schluchzend auf die Couch.
    Doch als ich mich besorgt über ihn beugte, beruhigte er sich. Er sah mich über die Schulter hinweg an, und sein Gesicht war bleich, aber gefaßt. ›Ahura‹, sagte er, ›ich muß alles über diesen Mann wissen.‹
    In diesem Augenblick erkannte ich etwas, vor dem ich seit Jahren beharrlich die Augen verschlossen hatte – daß nämlich meine schöne Freiheit nur eine Täuschung war, daß nicht Anra am Zügel lag, sondern ich, daß das gar kein Spiel war, sondern eine Knechtschaft; daß ich zwar ganz frei und begierig in der Welt herumgegangen war und mich nur für Geräusche und Farben, Formen und Bewegungen interessiert hatte, daß er aber währenddessen auf etwas konzentriert gewesen war, wofür ich keine Zeit hatte – auf den Intellekt, das Ziel, den Willen –; daß ich für ihn nur ein Werkzeug war, eine Sklavin, die er auf Botengänge schickte, eine gefühllose Erweiterung seines Körpers, ein Tentakel, den er ohne weiteres verlieren und nachwachsen lassen konnte; daß sogar mein Kummer über seine herbe Enttäuschung, meine Bereitschaft, alles für ihn zu tun, um ihm zu gefallen, zu den Mitteln gehörte, die er rücksichtslos gegen mich ausspielte; daß unsere engste Beziehung, in der wir nur zwei Hälften eines Geistes waren, ihm einen weiteren taktischen Vorteil verschaffte.
    Er war in die zweite große Krise seines Lebens getreten, und wieder opferte er den ihm am nächsten stehenden Menschen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden.
    Aber die Sache hatte einen noch häßlicheren Aspekt, den ich in seinen Augen erkannte, als er spürte, daß er mich in der Falle hatte. Wir waren wie verschwisterte Königskinder in Alexandria oder Antiochia gewesen, Spielkameraden seit der Kindheit, füreinander bestimmt, ohne es zu wissen – wobei der Junge

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