Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
nahm.
Als er diesmal das Ergebnis seiner zwei kurzen Rückzugsbewegungen überprüfte, sah er, daß er Katzenklaue verloren hatte, der nun mitten zwischen ihm und seiner Verfolgerin lag, die Spitze auf ihn selbst gerichtet. Offensichtlich hatte das den Dolchgriff umfangende Erdreich ihn bei des Mauslings erstem Schritt nach hinten aus dem Grauen weggezogen, doch Finger und Daumen hatten sich so lange wie möglich an seiner Spitze festgeklammert, weshalb der Dolch nun nicht mehr vertikal, sondern horizontal lag, worauf des Mauslings zweiter Schritt nach hinten seine Trennung von der Waffe dann vollendet hatte. Nach unten schielend, stellte er fest, daß an Finger und Daumen der entsprechenden Hand Blutstropfen klebten. Er mußte sich dort an der scharfen Schneide geschnitten haben. Arme verletzte Finger, sie hatten ihr Bestes gegeben.
Er fragte sich, ob die mörderische Gestalt, die ihn dichtauf verfolgte, die verlorene Waffe aus dem Weg stoßen oder sie vielleicht ergreifen würde, um sie dann gegen ihn zu richten, doch nun befand er sich schon mitten in seiner dritten seelenzerrüttenden, wundererzeugenden Anstrengung und mußte sein ganzes Ich darauf ausrichten. Und als er sich zu seinem dritten Halbmetergewinn (nur, daß es diesmal eher wie ein ganzer Meter aussah) und Riesenatemzug gratulierte, sah er beim Blick auf den zurückgelegten Weg, daß seine bleiche Verfolgerin beim Schwimmen in diesem Meer aus Erde ein wenig höher gestiegen war, so daß ihr glatter Leib einen Fingerbreit über Katzenklaue dahinglitt und der Dolch nun mitten zwischen den stalaktitenartigen Knospen ihrer nach unten ragenden, kleinen Brüste hindurchschaute, die scharfe Spitze noch immer genau auf den Mausling gerichtet – wie eine auf ihn geeichte Kompaßnadel.
Er bemerkte, daß Katzenklaues Scheide sich von seinem Gürtel gelöst hatte und ein Stück weiter in der gleichen Stellung dalag, also ebenfalls auf den Mausling zeigte, genau wie die verlorene Waffe, die inzwischen hinter der Verfolgerin lag.
Doch nun machte der Mausling seinen vierten – nein, fünften! – Ruck nach hinten, worauf ihm wiederum unsichtbare Erde gegen das Gesicht schlug. Verdammt! Es war so entwürdigend, wie er hilflos vor des Todes magerer, schamloser Schwester floh.
Ihm kam der Gedanke, daß ihrer beider Fortbewegungsmöglichkeiten im festen Erdreich jeweils so sonderbar und dabei so grob verschieden waren, daß er sich sehr wohl im Griffe einer machtvollen Halluzination oder, in betäubtem Schlaf liegend, eines mächtigen Traumes befinden mochte und nicht in der Wirklichkeit.
Glaub das nicht, sagte er sich. Verbanne diesen Gedanken! Denn sonst könntest du in deinen Atembemühungen nachlassen, sowohl beim mühsamen Nippen von Luft als auch beim gierigen Einsaugen, denn diese, das wußte er viel tiefer als nur mit dem Verstand, waren entscheidend – nein, unabdingbar! –, wollte er in diesem dunklen Reich überleben.
Und doch, während er seine Atembemühungen aufrecht erhielt, sowohl in großen als auch in kleinen Zügen, ein ums andere Mal ohne Unterlaß, und während er den Vorsprung vor seiner mörderischen, blassen Verfolgerin (die nun dicht über der Scheide dahinglitt wie eben über dem Dolch) bewahrte oder sogar zu vergrößern schien, wurde die Szenerie um ihn her nach und nach immer düsterer, das geistige Licht, durch das er sie erkannte, wurde trübe, in seinen Bewegungen lag nun neben der Kraft eine reptilienhafte Schwere, als wäre er ein schuppiges, haariges Erdtier. Wie Blindheit überkam ihn der Schlaf und ließ ihm nur noch das Bewußtsein eines zutiefst mühseligen Fortschreitens durch körnige Schwärze.
Kapitel 14
Über der Erde war der Eindruck, die Suche nach dem Mausling habe an Nachdruck verloren, irreführend. Sie war nur etwas routinierter und gezielter geworden. Was sie an Elan verloren hatte, wurde durch größere Wirkung mehr als wettgemacht. In den meisten der Beteiligten brodelte eine innerliche Erregung, oder simmerte zumindest.
Der Mond, der nun auf halber Höhe im Westen stand, leuchtete hell. Das weiße Licht hüllte Gesicht und Körper eines von Fafhrds Männern in Schatten, der breitbeinig am Rand der Grube stand und jeweils nach einer Unterbrechung eilig den Erdkübel hochzog und leerte. Was er an Erde zur Seite warf, bildete nun einen breiten, niedrigen Hügel, der in der Mitte mehr als einen Fuß hoch war. Das Hochziehen des Eimers dauerte inzwischen wesentlich länger, und der auf schattige Brust und
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