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Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts

Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts

Titel: Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Vorsichtsmaßnahmen wie beim ersten Mal öffnete er die Augen ohne Zwischenfall und stellte wieder fest, daß er sich einer verschwommenen körnigen Wand gegenüber befand, jetzt aber weiß und fahlblau gestreift, als sei der Boden hier mit Kreide und Schiefer vermischt. Und wieder entdeckte er, nur begleitet von seinen leise gemessenen Atemzügen, daß er bei längerem Hinsehen durch irgendeine geheimnisvolle Sichtkraft immer tiefer in die Wand hineinschauen konnte.
    Eine Zeitlang waren diesmal keine genau umrissenen Objekte wie der Wurm und die Kieselsteine zu sehen, doch gab es ein flüchtiges Glimmen und winzige wandernde Bewegungen, wie das Auge sie sieht, wenn Licht fehlt, so daß er kaum sagen konnte, ob das Gesehene sich nur innerhalb seiner Augen abspielte, oder doch draußen im Bereich der kalten Erde.
    Schließlich ordneten sich in einer Entfernung von schätzungsweise acht oder zehn Fuß die blauschattigen weißen Streifen zu einer schlanken weiblichen Gestalt, die ihm ebenso aufrecht wie er selbst gegenüber stand, blaß wie der Tod, Augen und Lippen heiter geschlossen, als schliefe sie. Ein eigentümlicher Zug an dieser blauschattigen Weiße kam ihm bekannt vor, was ihn erschreckte, wenn er auch nicht sagen konnte, wo und wann er etwas Derartigem schon einmal begegnet war.
    Sein vertraulicher und doch recht verwunderter Blick auf die stille Gestalt erschien durch die feste Erde dazwischen weniger behindert als vielmehr etwas weicher und verschwommener, so als betrachte er sie durch mehrere Schichten denkbar feinster Schleier hindurch, wie sie das Zimmer einer Himmelsprinzessin schmücken mochten, und nicht diese grausamen Friedhofswälle.
    Zuerst dachte er, er bilde sich das Ganze nur ein, und rief sich in Erinnerung, wie sehr das menschliche Auge dazu neigt, in Rauch, wucherndem Dickicht, alten Tapeten, köchelndem Eintopf, ruhigen Flammen und ähnlichem die genauen Umrisse von Dingen zu erkennen – und wie sehr es insbesondere dazu neigt, unbestimmt bleiche Formen als menschliche Körper zu sehen. Je länger er aber darauf blickte, desto deutlicher wurde die Gestalt. Auch ein Weg- und wieder Hinblicken verbannte sie nicht, und ebensowenig sein Versuch, sie gezielt als etwas anderes wahrzunehmen.
    Die ganze Zeit verharrte die Gestalt in derselben Haltung mit gelassenem Gesicht, ohne sich im geringsten zu verändern, wie man es von einem Ergebnis der Phantasie hätte erwarten können. So sagte er sich schließlich, es müsse sich um eine Statue handeln, die durch irgendeinen merkwürdigen Zufall gerade hier begraben lag, wenn ihm auch der Stil nicht im geringsten dem der Reifinsel zu entsprechen schien. Und doch kam ihm ihre schimmernde Weiße noch immer unangenehm bekannt vor. Wo? Wann? Er zermarterte sich das Hirn.
    Dann kam ein Schauer dieser kleinen, glimmend wandernden Punkte, deren genauer Ort sich so schlecht festmachen ließ. Sie entpuppten sich als mehrere perlenkettenartige weiße Linien, die an gewissen Stellen der stillen, nackten weiblichen Gestalt zusammenliefen: Augen, Ohren, Nasenlöcher, Mund und Scham. Als er sie weiter betrachtete, wurden sie deutlicher, und er erkannte, daß die einzelnen Perlen in etwa der Hälfte der Linien eine hinter der anderen auf die Gestalt zukrochen, und in den anderen Linien von ihr weg. Das Wort ›Maden‹ kam ihm in den Sinn und ließ sich nicht mehr verbannen. Und die fein aufgefädelten, eifrigen Linien wurden immer wirklicher, wie nachdrücklich er sich auch versicherte, sie seien reine Auswüchse seiner Phantasie.
    Doch dann kam ihm der Gedanke, daß die Gestalt, falls er wirklich Maden beim Verzehr einer Leiche beobachtete, nach und nach unansehnlicher und schließlich zerfallen erscheinen müßte, während die schlanke, blauschattige weibliche Figur nun eher noch anziehender wirkte als auf den ersten Blick, insbesondere die kleinen, prallen, festen Brüste, vollendet schöne Knospen, deren große, azurblaue Brustwarzen um Küsse zu flehen schienen. In einer anderen Lage hätte er trotz der ausgesprochen unromantischen und sehr beengenden Umstände zweifellos Begehren empfunden. Kühl stellte er sich vor, wie er ihre zierlichen Titten mit der Hand packte, sie qualvoll zu äußerster Prallheit reizte, gierig beleckte – Ihr Götter! Konnte nichts ihn auch nur einen Augenblick lang von dem Wissen ablenken, daß er in einer schrecklichen, mauslingförmigen Gußform eingeschlossen war? (Aber jetzt denke mal ans Wesentliche, du verstandesbesessener

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