Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
in den Schlaf gelullt hatte.
Und nun, da er wieder wach war und sich etwas erfrischt fühlte, wenn auch etwas unterkühlt, atmete er noch immer gleichmäßig, flach und langsam – ohne Drang zum Luftschnappen – während die Zunge in Abständen hin- und herschnellte, um die kaum geöffneten Lippen zu befeuchten und eindringenden Schmutz hinauszustoßen. Nun, das war gut! Es zeigte, daß der ganze Vorgang nun soweit von selbst ablief, daß er sich ungefährdet Ruhepausen verschaffen konnte, die er möglicherweise sehr wohl brauchen würde, falls seine Gefangenschaft unter der Erde sich als besonders lang erwiese – was, wie er zugeben mußte, durchaus der Fall sein mochte.
Nun bemerkte er, daß seine Arme zwar weiterhin dicht am Körper anlagen, während seines zweiten Abrutschern aber – jeder am Ellbogen angewinkelt und die Hände durch das sandige Erdreich, das er durchglitten hatte, nach oben gedrückt – bis zur Hüfte hochgeschoben worden waren, so daß die Finger seiner Rechten nun an der Scheide seines Dolches Katzenklaue ruhten, eine Berührung, die er beruhigend fand. Entschlossen arbeitete er sich mit den Fingern die Scheide entlang nach oben, wobei er Verschnaufpausen einlegte, sobald sein Atem auch nur im geringsten angestrengt wurde. Als seine Finger schließlich am Ziel angelangt waren, bemerkte er zu seiner Überraschung, daß er nicht Griff und Parierstange des Dolchs berührte, sondern einen Abschnitt der schmalen scharfen Schneide nahe der Spitze. Der den Mausling umschließende Sandboden, an dem entlang er nach unten gerutscht war, hatte den Dolch beinahe gänzlich aus seiner Scheide herausgedrückt.
Er grübelte über diesen neuen Umstand nach und fragte sich, ob er versuchen solle, die Waffe in ihre Scheide zurückzuschieben, indem er die Schneide nach und nach mit Zeigefinger und Daumen nach unten zog, damit nicht ein weiteres Abwärtsrutschen seinerseits ihn, welch beunruhigender Gedanke, gänzlich von ihr trennte. Oder sollte er versuchen, sich mit der Hand noch weiter hochzuarbeiten und den Dolch am Heft zu packen, damit jener einsatzbereit war, falls eine unvorhergesehene Wende in des Mauslings Lage ihm seine Verwendung gestattete? Diese Vorgehensweise sprach ihn stärker an, wenn sie auch mit mehr Arbeit verbunden war.
Im Verlauf dieser Erörterungen rutschte ihm gedankenlos die Frage heraus: »Das eine oder das andere?« Und in Erwartung des schrecklichen Schmerzes zuckte er sofort zusammen. Doch er hatte recht leise gesprochen, und obgleich die Worte ein wenig in seinen Ohren dröhnten, stellten sich keine weiteren schmerzlichen Folgen ein. So machte er die ermutigende Feststellung, daß er sich unter der Erde eines Selbstgesprächs erfreuen konnte, wenn er sich auf ein Flüstern beschränkte, denn, um der Wahrheit die Ehre zu geben, er fühlte sich allmählich recht einsam. Nach zwei oder drei Versuchen nahm er jedoch wieder davon Abstand; jedes Mal, wenn er sprach, hatte er lächerlicherweise entsetzliche Angst, jemand könne ihn hören, womit sein Aufenthaltsort verraten wäre und man ihn überrumpeln könnte, wenn er auch nicht zu sagen wußte, was oder wen er im erdigen Schoß dieser dünn bevölkerten Insel wohl fürchtete. Doch gewiß keinen fleischfressenden kleshitischen Ghul? Eher schon die Götter, falls es solch schurkische Wesen wirklich gab, denn von ihnen hieß es, sie hörten das leiseste gesprochene Wort, selbst unser Flüstern.
Nach einer Weile beschloß er, das Problem Katzenklaue eine Weile ruhen zu lassen und mit den Augen noch einmal eine Untersuchung seiner Umgebung zu wagen. Denn der weiterhin anhaltende rötliche Schimmer hinter seinen Augenlidern ließ darauf schließen, daß er seine besondere persönliche Beleuchtung beim Abrutschen mitgenommen hatte. Aus zwei Gründen hatte er es bisher vermieden, die Augen zu öffnen. Zunächst einmal, weil es ihm klug erschien, sich neben dem Atmen nur einer Sache auf einmal zu widmen; mehr mochte zu einer Erschöpfung und Verwirrung führen, die schließlich vielleicht in eine Panik und den Verlust seiner mühsam errungenen Kontrolle münden würde. Und zweitens standen ihm unter diesen beengten Umständen so wenige Tätigkeiten offen, daß er gut daran tat, sparsam mit ihnen umzugehen und sie wie ein Geizkragen zu horten, damit er nicht das Opfer einer Langeweile wurde, die sehr wohl im wahrsten Sinne des Wortes zum Verrücktwerden sein mochte – eine selbstmörderische Untätigkeit.
Unter denselben
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