Schwertgesang
jedem Ruderschlag stieg und fiel das weißschäumende Wasser an seinem Steven. Wir täuschten immer noch kopflose Angst vor. Unsere Ruder stießen aneinander, sodass wir kaum etwas anderes taten, als das Wasser rund um unser schwerfälliges Schiff aufzurühren. Zwei Möwen kreisten um den kurzen, dicken Mast, ihre Rufe stiegen traurig in den klaren Morgen. Weit im Westen, wo der Rauch aus den Herdfeuern von Lundene den Himmel verdunkelte, entdeckte ich einen kleinen schwarzen Streifen. Ich wusste, dass dies der Mast eines weiteren Schiffes sein musste. Es kam auf uns zu, und auch unsere Gegner mussten es gesehen haben und sich fragen, ob dort Freunde oder Feinde heranfuhren. Nicht, dass es darauf ankam, denn es würde die Nordmänner kaum fünf Minuten kosten, unser kleines, unterbesetztes Handelsschiff zu kapern, wogegen es nahezu eine Stunde dauern würde, bis die Ebbe und stetiges Rudern das Schiff vom Westen bis zu dem Ort gebracht hatten, an dem wir kämpften. Das Wikingerschiff kam nun schnell näher, die Männer auf seinen Ruderbänken arbeiteten in bewunderungswürdigem Gleichmaß, doch die Geschwindigkeit des Schiffes bedeutete auch, dass die Männer an den Rudern müde sein würden, wenn sie uns erreichten und sich einem überraschenden Angriff ausgesetzt sähen. Der Kopf des Untiers auf seinem hohen Vordersteven war der eines Adlers. Sein weit aufgerissener Schnabel war rot bemalt, so als hätte der Vogel gerade blutiges Fleisch aus einem Opfer gerissen. Unter dem geschnitzten Adlerkopf drängte sich ein Dutzend bewaffneter Männer auf der Plattform des Bugs. Dies waren die Männer, die auf unser Schiff springen und uns töten sollten. Zwanzig Ruder auf jeder Seite hieß vierzig Männer. Auf der Plattform waren es noch ein weiteres Dutzend, wenn es auch schwer war, die dicht gedrängten Männer zu zählen, und zwei Männer standen am Steuerruder. »Zwischen fünfzig und sechzig«, rief ich laut. Die feindlichen Ruderer trugen keine Kettenhemden. Sie rechneten nicht mit einem Kampf, und die meisten hatten wohl ihr Schwert zu ihren Füßen liegen und ihre Schilde im Kielraum aufgestapelt. »Rudern einstellen!«, rief ich. »Ruderer, aufstehen!«
Das adlerköpfige Schiff war dicht herangekommen. Ich konnte das Knarren hören, mit dem sich die Ruderschäfte in ihren Löchern drehten, das Klatschen, mit dem die Ruderblätter ins Wasser tauchten, und das Zischen, mit dem der Steven durchs Wasser schnitt. Ich sah Axtklingen aufblitzen und die behelmten Köpfe der Männer, die dachten, sie würden uns töten, und die Anstrengung im Gesicht des Steuermannes, als er sich bemühte, den Bug seines Schiffes ganz nahe an uns heranzubringen. Meine Ruderer liefen durcheinander und täuschten Verwirrung und Angst vor. Die Ruderleute des Wikingers gaben ihrem Schiff einen letzten Schub, dann hörte ich, wie ihr Schiffsführer ihnen befahl, das Rudern einzustellen und die Ruder einzuziehen. Das Schiff lief auf uns zu, Wasser schäumte über seinen Steven, sie waren jetzt ganz nahe, nahe genug, um sie zu riechen, und die Männer auf der Plattform im Bug packten ihre Schilde, während ihr Steuermann sein Schiff auf unsere Seite zu lenkte.
Ich wartete noch einige Augenblicke ab, wartete, bis der Feind uns nicht mehr ausweichen konnte, und dann ließ ich meine Männer aus dem Hinterhalt kommen. »Jetzt!«, rief ich. Das Segel wurde weggezogen, und mit einem Mal wimmelte es auf unserem kleinen Schiff von bewaffneten Männern. Ich warf meinen Umhang weg, und Sihtric gab mir Helm und Schild. Auf dem feindlichen Schiff wurde eine Warnung gerufen, und der Steuermann warf sein Gewicht gegen das lange Steuerruder, sodass sich das Schiff leicht drehte, aber es war zu spät, und mit einem berstenden Geräusch fuhr der Bug des Wikingerschiffs, durch unsere Ruder. »Jetzt!«, rief ich erneut.
Clapa stand in unserem Bug, und nun schleuderte er einen angeleinten Haken hinüber auf das andere Schiff, um den Feind in unsere Umarmung zu ziehen. Der Haken bohrte sich über den Seitenplanken ins Holz, Clapa zog, und durch seinen Schwung drehte sich das feindliche Schiff um die Leine und lief krachend gegen unsere Seite. Sofort schwärmten meine Männer hinüber. Es war meine Haustruppe, alle waren erfahrene Kämpfer, trugen Kettenrüstungen und waren aufs Töten aus. Sie stürzten sich auf die unbewaffneten, vollkommen unvorbereiteten Ruderleute. Die Männer des feindlichen Stoßtrupps, die einzigen, die bewaffnet und auf einen Kampf
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