Schwertgesang
als ob eine solche Anzahl ein Ding der Unmöglichkeit sei. »Nur tausend Männer mehr als Eure Besatzung in Wintanceaster, Herr König«, betonte ich. Der Unterschied allerdings bestand darin, dass Wintanceaster in einer Grafschaft lag, die den Westsachsen treu ergeben war. Die Mäner dort waren daran gewöhnt, ihren Dienst im Fyrd zu leisten.
»Und woher nehmt Ihr diese Männer?«, fragte ein Mercier.
»Von euch«, sagte ich schroff. »Aber ...«, begann der Mann und verstummte dann. Er wollte darauf hinweisen, dass der mercische Fyrd zu nichts taugte, dass er geschwächt war, weil er niemals eingesetzt wurde, und dass jeder Versuch, den Fyrd aufzustellen, die gefährliche Aufmerksamkeit der dänischen Grafen erregen konnte, die im nördlichen Mercien herrschten. Daher hatten sich diese Männer angewöhnt, sich zu ducken und zu schweigen. Sie waren wie Hirschhunde, die sich zitternd ins Unterholz drücken, um keine Wölfe anzulocken. »... aber nichts«, sagte ich, lauter und noch abweisender. »Denn wenn ein Mann nichts zur Verteidigung seines Landes beiträgt, dann ist dieser Mann ein Verräter. Sein Besitz soll ihm aberkannt werden, er soll hingerichtet werden, und seine Familie soll in die Sklaverei gestoßen werden.« Ich glaubte, dass Alfred solchen Worten Einhalt gebieten würde, doch er schwieg. Nicht nur das, er nickte zustimmend. Ich war die Klinge in seiner Scheide, und er war offenkundig erfreut darüber, dass ich den Stahl für einen Augenblick hatte aufblitzen lassen. Die Mercier sagten nichts.
»Wir brauchen auch Männer für die Schiffe, Herr König«, fuhr ich fort. »Schiffe?«, fragte Alfred. » Schiffe?«, kam es wie ein Echo von Erkenwald. »Wir brauchen Schiffsmannschaften«, erklärte ich. Wir hatten bei der Eroberung von Lundene einundzwanzig Schiffe erbeutet, von denen siebzehn Kampfschiffe waren. Die anderen waren Handelsschiffe mit breiterem Rumpf, doch auch sie konnten uns nützlich sein. »Ich habe die Schiffe«, sprach ich weiter, »aber sie müssen bemannt werden, und diese Männer müssen gute Kämpfer sein.«
»Ihr wollt die Stadt mit Schiffen verteidigen?«, fragte Erkenwald herausfordernd. »Und woher soll Euer Geld kommen?«, fragte ich. »Von den Zollabgaben der Händler. Doch jetzt wagt es kein Kaufmann, hierher zu segeln, also muss ich die feindlichen Schiffe aus dem Mündungsgebiet der Temes vertreiben. Das heißt, die Piraten töten, und dazu brauche ich Schiffsmannschaften mit erfahrenen Kämpfern. Ich kann meine Haustruppen einsetzen, aber dann müssen sie in den Streitkräften der Stadt durch andere Männer ersetzt werden.« »Ich brauche Schiffe«, warf Æthelred unvermittelt ein.
Æthelred brauchte Schiffe? Ich war so erstaunt, dass mir nichts zu sagen einfiel. Die Aufgabe meines Cousins war es, das südliche Mercien zu verteidigen und die Dänen Richtung Norden aus dem übrigen Teil seines Landes zu drängen. Und jetzt brauchte er auf einmal Schiffe? Was hatte er vor? Uber das Weideland rudern? »Ich möchte vorschlagen, Herr König«, Æthelred lächelte beim Reden, und seine Stimme klang honigsüß und ehrerbietig, »dass alle Schiffe westlich der Brücke mir übergeben werden, um sie in Euren Diensten einzusetzen«, bei diesen Worten verneigte er sich in Alfreds Richtung, »und mein Cousin mag die Schiffe östlich der Brücke haben.« »Das ...«, fing ich an, doch Alfred schnitt mir das Wort ab.
»Das ist gerecht«, sagte der König nachdrücklich. Doch es war nicht gerecht, es war lachhaft. Östlich der Brücke lagen nur zwei Kampfschiffe, und fünfzehn lagen westlich davon. Diese fünfzehn Schiffe stromauf hinter dem gefährlichen Hindernis ließen vermuten, dass Sigefrid einen großen Plünderungszug auf Alfreds Gebiet geplant hatte, bevor er von uns besiegt worden war, und ich brauchte diese Schiffe, um das Mündungsgebiet von den Feinden zu säubern. Doch Alfred, darauf bedacht, alle sehen zu lassen, dass er seinen Schwiegersohn unterstützte, fegte meine Einwände beiseite. »Du benutzt, was du an Schiffen hast, Herr Uhtred«, beharrte er, »und ich werde zur Bemannung eines Schiffes siebzig Kämpfer aus meiner Haustruppe unter deinen Befehl stellen.« Also sollte ich die Vertreibung der Dänen aus der Temesmündung mit zwei Schiffen bewerkstelligen? Ich gab auf und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand, während die Auseinandersetzung dröhnend weitergeführt wurde. Es ging vor allem um die Höhe der Zollabgaben und darum, welche Steuern in den
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