Schwertgesang
hast mich aufgeweckt!« Pater Pyrlig hatte unter dem kleinen Bugpodest geschlafen, und dabei hatte ihn ein unglückseliger Mann gestört. Nun kroch der Waliser in das trübe Tageslicht und sah mich blinzelnd an. »Gütiger Gott«, sagte er voller Abscheu, »da haben wir ja den Herrn Uhtred.«
»Ich dachte, Ihr seid in Ostanglien«, rief ich ihm zu.
»Das war ich auch, aber König Æthelstan hat mich gesandt, um sicher zu sein, dass ihr unnützen Sachsen euch nicht in die Hosen pisst, wenn ihr ein paar Nordmänner auf den Wällen von Lundene entdeckt.« Ich brauchte einen Augenblick, um mir klarzumachen, dass Æthelstan der christliche Name von Guthrum war. Pyrlig kam zu uns herüber. Ein schmutziges Hemd bedeckte seinen Wanst, und darüber hing ein hölzernes Kreuz. »Guten Morgen, Herrin«, grüßte er Æthelflaed frohsinnig. »Es ist schon nach Mittag, Pater«, sagte Æthelflaed, und die Herzlichkeit in ihrer Stimme verriet mir, dass sie den walisischen Priester mochte. »Es ist Nachmittag? Gütiger Gott, ich habe wie ein Säugling geschlafen. Frau Gisela! Welche Freude.
Meiner Treu, hier sind wirklich alle Schönheiten versammelt!« Er strahlte die beiden Frauen an. »Wenn es nicht regnen würde, könnte ich mich im Himmel wähnen. Mein Herr«, die letzten beiden Worte waren an meinen Cousin gerichtet, und ihr Klang machte nur allzu klar, dass die beiden Männer sich nicht mochten. »Benötigt Ihr einen Rat, mein Herr?«, fragte Pyrlig. »Keineswegs«, gab mein Cousin unwirsch zurück. Pater Pyrlig grinste mich an. »Alfred hat mich gebeten, als Berater mitzukommen.« Er hielt inne, um sich an einem Flohbiss auf seinem Bauch zu kratzen. »Ich soll den Herrn Æthelred beraten.« »Wie ich auch«, sagte ich. »Und zweifellos lautet der Rat des Herrn Uhtred ebenso wie meiner«, fuhr Pyrlig fort, »nämlich, dass wir uns mit der Geschwindigkeit eines Sachsen bewegen sollten, der ein walisisches Schwert gesichtet hat.«
»Er will sagen, dass wir uns so schnell wie möglich weiterbewegen sollten«, erklärte ich Æthelred, der ganz genau verstanden hatte, was der Waliser gemeint hatte.
Mein Cousin achtete nicht auf mich. »Äußert Ihr Euch mit Vorsatz so unflätig?«, fragte er Pyrlig steif.
»Ja, Herr!« Pyrlig grinste. »Das tue ich!« »Ich habe schon ein Dutzend Waliser getötet«, sagte mein Cousin.
»Dann werdet Ihr mit den Dänen ja keine Schwierigkeiten haben, oder etwa doch?«, gab Pyrlig zurück, ohne auf die Herausforderung einzugehen. »Aber mein Rat gilt dennoch, Herr. Eilt Euch! Die Heiden wissen, dass wir kommen, und je mehr Zeit wir ihnen geben, desto schwerer wird ihre Verteidigung zu überwinden sein!« Wir hätten schnell sein können, wenn wir genügend Schiffe gehabt hätten, doch weil Sigefrid und Erik inzwischen wussten, dass wir kamen, hatten sie allen Schiffsverkehr auf der Temes zum Erliegen gebracht, und so verfugten wir, ohne die Heofonhlaf zu ählen, lediglich über sieben Schiffe, und das waren nicht annähernd genug, um unsere Männer aufzunehmen, sodass nur die Langsamsten und die Vorräte und Æthelreds Leute auf dem Wasserweg vorankamen. Die anderen mussten über Land ziehen, und deshalb benötigten wir vier Tage, und jeden Tag sahen wir Reiter nördlich von uns oder Schiffe flussabwärts vor uns, und ich wusste, das waren Sigefrids Kundschafter, die noch einmal unsere Stärke überprüften, während sich unsere dürftige Streitmacht schwerfällig in Richtung Lundene bewegte. Einen ganzen Tag vergeudeten wir, weil es ein Sonntag war und Æthelred darauf bestand, dass die Priester, die unser Heer begleiteten, eine Messe lasen. Ich hörte sie ihre Gebete herunterleiern, während ich die berittenen Späher des Feindes um uns herum beobachtete.
Haesten, das wusste ich, würde jetzt schon in Lundene sein, und seine Männer, wenigstens zweihundert oder dreihundert, wären bereit, die Verteidigung der Stadtmauer zu unterstützen. Æthelred fuhr an Bord der Heofonhlaf verließ das Schiff nur abends, um etwas zwischen den Wachposten auf und ab zu gehen, die ich aufgestellt hatte. Er machte es sich zur Aufgabe, diese Wachposten an andere Stellen zu schicken, als ob ich von meiner Pflicht nichts verstünde, und ich ließ ihn gewähren. Am letzten Abend, bevor wir Lundene erreichten, lagerten wir auf einer kleinen Halbinsel, deren schilfüberwachsenes Ufer von der Nordseite des Flusses aus nur über einen engen, schlammigen Pfad zu erreichen war, sodass Sigefrid Schwierigkeiten haben
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