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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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anzurichten. Danach würde ich in meinem eigenen Haus leben können, dem Haus meines Vaters, für immer. Ich könnte in der Nähe Ragnars leben und wäre weit weg von Wessex. Doch meine Kundschafter, von denen ich ein Dutzend in Northumbrien beschäftigte, hatten mir berichtet, was mein Onkel mit meiner Festung gemacht hatte. Er hatte die Tore zur Landseite hin geschlossen. Er hatte sie ganz abgerissen, und an ihrer Stelle standen nun Befestigungswälle, neu gebaut und mit Stein verstärkt, und wenn ein Mann jetzt in die Festung hineinwollte, musste er einem Pfad folgen, der ans nördliche Ende des Kliffs führte, auf dem die Festung lag. Und jeder Schritt auf diesem Pfad würde unter diesen hohen Befestigungswällen getan werden müssen, unter dauernden Angriffen, und dann, am nördlichen Ende angekommen, wo sich die Wellen brachen und saugend zurückzogen, stand man vor einem kleinen Tor. Hinter diesem Tor führte ein steiler Pfad zu einem weiteren Befestigungswall und einem weiteren Tor. Bebbanburg war eingesiegelt worden, und um es zu erobern, würde eine Streitmacht benötigt, die ich mir selbst mit all meinem gehorteten Silber nicht beschaffen konnte. »Ich wünsche Euch Glück!« Dieser Ruf einer Frau riss mich aus meinen Gedanken. Die Leute aus der alten Stadt sahen uns vorbeiziehen und hielten uns für Dänen, weil ich meinen Männern befohlen hatte, ihre Kreuze zu verstecken. »Tötet die sächsischen Bastarde!«, erklang eine andere Stimme.
    Unsere Schritte hallten von den Häusern wider, die alle wenigstens drei Stockwerke hoch waren. Einige waren mit wundervollen Steinmetzarbeiten geschmückt, und ich dachte daran, dass früher überall solche Häuser gestanden hatten. Ich erinnere mich, wie ich das erste Mal eine römische Treppe hinaufstieg und was für ein seltsames Gefühl das war, und ich wusste, dass den Menschen in vergangenen Zeiten solche Bauwerke selbstverständlich gewesen waren. Jetzt bestand die Welt aus Dung und Stroh und Holz, das sich mit Feuchtigkeit vollgesogen hatte. Wir hatten natürlich auch Steinmetze, aber es ging schneller, mit Holz zu bauen, und das Holz verrottete, aber das schien niemanden zu kümmern. Die ganze Welt verrottete, während wir vom Licht in die Dunkelheit glitten und dabei immer näher an die dunkle Verwirrung herankamen, in der diese Mittelerde enden wird, in der die Götter miteinander kämpfen und in der alle Liebe, alles Licht und Lachen verschlungen werden. »Dreißig Jahre«, sagte ich laut. »Ist das Euer Alter?«, fragte Pater Pyrlig. »So lange bleibt bei uns ein Palas stehen«, sagte ich, »wenn man ihn nicht immer wieder instand setzt. Unsere Welt löst sich auf, Pater.« »Gütiger Gott, seid Ihr unter die Schwarzseher gegangen?«, sagte Pyrlig belustigt. »Und ich sehe mir an, was Alfred tut«, fuhr ich fort. »Wie er versucht, Ordnung in unserer Welt zu schaffen. Listen! Listen und Pergamente! Er ist wie ein Mann, der versucht, mit einer Hürde eine Überschwemmung aufzuhalten.« »Eine gut aufgestellte Hürde«, Steapa hatte uns zugehört und mischte sich nun ein, »kann einen Fluss umlenken.«
    »Und es ist besser, eine Überschwemmung zu bekämpfen, als in ihr zu ertrinken«, bemerkte Pyrlig.
    » Seht Euch das an!«, sagte ich und deutete auf den Kopf eines Untiers, das aus Stein gemeißelt und an einer Ziegelsteinwand festgemauert worden war. Solch ein Tier hatte ich noch nie gesehen. Es war eine große Katze mit zottigem Fell, und ihr offenes Maul hing über einem angeschlagenen steinernen Becken, sodass man sich vorstellen konnte, dass früher Wasser von dem Maul in das Becken geflossen war. »Könnten wir so etwas machen?«, fragte ich verbittert.
    »Wir haben Handwerker, die solche Dinge machen können«, sagte Pyrlig.
    »Und wo sind die?«, forderte ich wütend eine Antwort. Ich dachte dabei, dass all diese Dinge, die Steinmetzarbeiten, die Ziegel und der Marmor, vor Pyrligs Religion auf die Insel gekommen waren. Lag darin der Grund für den Verfall der Welt? Bestraften uns die wahren Götter, weil inzwischen so viele Männer den angenagelten Gott verehrten? Ich sagte Pyrlig nichts von diesem Gedanken, sondern zog es vor zu schweigen. Die Häuser ragten über uns auf, nur an manchen Stellen war eines davon in einen Trümmerhaufen zusammengefallen. Ein Hund strich an einer Mauer entlang, blieb stehen, hob das Bein und drehte sich dann zähnefletschend nach uns um. In einem Haus weinte ein Säugling. Unsere Schritte dröhnten durch die

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