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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Straßen. Die meisten meiner Männer schwiegen, voller Argwohn gegen die Geister, die ihrer Überzeugung nach in diesen Überbleibseln einer älteren Zeit hausten.
    Der Säugling schrie wieder, noch lauter. »In dem Haus ist bestimmt eine junge Mutter«, sagte Rypere gut gelaunt. Rypere war sein Spottname, es bedeutete »Dieb«, und er war ein dürrer Sachse aus dem Norden, schlau und durchtrieben, wenigstens er hatte etwas anderes im Kopf als Geister.
    »Ich würde mich weiter an die Ziegen halten, wenn ich du wäre«, sagte Clapa, »die haben nämlich nichts gegen deinen Gestank.« Clapa war Däne, einer, der mir einen Schwur geleistet hatte und mir treu diente. Er war ein ungeschlachter großer Junge, der auf einem Bauernhof aufgewachsen war, stark wie ein Ochse und immer guter Laune. Er und Rypere waren Freunde und hörten niemals auf, sich gegenseitig zu necken.
    »Still!«, sagte ich, bevor Rypere Gelegenheit zu einer Erwiderung hatte. Ich wusste, dass wir inzwischen nahe an die westliche Stadtmauer herangekommen waren. An der Stelle, an der wir ans Ufer gegangen waren, stieg die Stadt den weiten, gestuften Hügel bis hinauf zum Palas an. Doch nun wurde der Hügel flacher, und das bedeutete, dass wir uns dem Tal des Fleot näherten. Hinter uns wurde der Himmel immer heller, und ich wusste, dass Æthelred annehmen würde, ich hätte meinen Scheinangriff kurz vor der Dämmerung nicht durchgeführt, und diese Annahme, so befürchtete ich, hatte ihn vielleicht dazu gebracht, seinen eigenen Angriff aufzugeben. Führte er seine Männer schon wieder zurück auf die Insel? Dann wären wir allein, nur von Feinden umgeben, und dem Tod geweiht.
    »Gott steh uns bei«, sagte Pyrlig unvermittelt. Ich hob eine Hand, um meine Männer zum Stehenbleiben zu bringen, denn vor uns, auf dem letzten Stück der Straße, bevor sie unter den Torbogen von Ludd's Gate führte, drängten sich Männer. Bewaffnete Männer. Männer, in deren Helmen, Axtschneiden und Speerspitzen sich der matte Schein der aufgehenden Sonne brach. »Gott steh uns bei«, sagte Pyrlig erneut und bekreuzigte sich. »Das müssen zweihundert sein.« »Mehr«, sagte ich. Sie waren so zahlreich, dass sie nicht alle auf der Straße Platz hatten und einige in den Gassen zu beiden Seiten stehen mussten. Alle Männer, die wir sehen konnten, hatten sich dem Tor zugewandt, und deshalb verstand ich, was der Feind tat, und sofort wurde mein Verstand klar, als habe sich ein Nebelschleier gehoben. Zu meiner Rechten war ein Hof, und ich deutete in Richtung des offenen Eingangstors. »Dort rein«, befahl ich. Ich erinnere mich an einen Priester, ein schlauer Geselle, der mich besuchte, um mich nach meinen Erlebnissen mit Alfred zu fragen, die er in ein Buch schreiben wollte. Er hat es nie getan, denn er starb am Blutfluss, kurz nachdem er bei mir gewesen war. Aber er war ein kluger Mann und nachsichtiger als die meisten Priester, und ich erinnere mich an seine Bitte, ihm die Freuden der Schlacht zu beschreiben. »Das können Euch die Sänger meiner Frau erzählen«, sagte ich. »Die Sänger Eurer Frau haben niemals selbst gekämpft«, betonte er darauf, »sie nehmen einfach nur Lieder über andere Helden und tauschen die Namen aus.« »Das tun sie?«
    »Natürlich tun sie das«, hatte er gesagt, »würdet Ihr es nicht ebenso machen, Herr?« Ich mochte diesen Priester, und deshalb redete ich mit ihm, und die Antwort, die ich ihm schließlich auf die Frage nach der Freude der Schlacht gab, lautete, dass es das Vergnügen war, die andere Seite zu überlisten. Zu wissen, was die Feinde tun werden, bevor sie es tun, und den Gegenschlag vorbereitet zu haben, sodass sie, wenn sie den Ausfall machen, der dich töten soll, stattdessen selber sterben. Und in diesem Moment, in der feuchten Düsternis dieser Straße von Lundene wusste ich, was Sigefrid vorhatte, und ich wusste auch, obwohl er es nicht wusste, dass er mir Ludd's Gate damit auslieferte. Der Hof gehörte einem Steinhändler. Seine Steinbrüche waren die römischen Gebäude von Lundene, und an den Wänden entlang des Hofes waren behauene Steine aufgeschichtet, die er ins Frankenreich verschiffen würde. Noch mehr Steine blockierten in einem großen Haufen das Tor, das durch die Flussmauer zu den Landeplätzen führte. Sigefrid, dachte ich, musste einen Angriff von der Flussseite aus befürchtet haben, aber er hätte sich niemals träumen lassen, dass jemand durch die Brücke fahren würde, um auf die unbewachte östliche Seite

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