Schwertgesang
zu kommen. Aber wir hatten es getan, und meine Männer waren in dem Hof vor den Blicken verborgen, während ich am Eingang stand und den Feind beobachtete, der sich an Ludd's Gate drängte.
»Wir verstecken uns?«, fragte Osferth. Seine Stimme hatte einen Jammerton an sich, so als ob er sich ständig über etwas beschweren würde. »Zwischen uns und dem Tor stehen Hunderte von Männern«, erklärte ich geduldig, »und wir sind zu wenige, um uns den Weg freizukämpfen.« »Also sind wir gescheitert«, sagte er.Es war keine Frage, sondern eine verdrießliche Feststellung. Ich wollte ihn schlagen, doch dann konnte ich mich gerade noch zügeln. »Erklärt ihm«, sagte ich zu Pyrlig, »was vor sich geht.« »Gott hat in seiner großen Weisheit«, begann der Waliser, »Sigefrid davon überzeugt, einen Angriff außerhalb der Stadt zu fuhren! Sie werden das Tor öffnen, mein Junge, und hinaus auf das Marschland ziehen, und auf die Reihen von Herrn Æthelreds Männern einhacken. Und weil viele von Herrn Æthelreds Männern aus dem Fyrd stammen und die meisten von Sigefrids Männern echte Krieger sind, wissen wir alle, was dabei herauskommen wird!« Pater Pyrlig berührte sein Kettenhemd an der Stelle, unter der sein hölzernes Kreuz verborgen war. »Dank sei Gott!«
Osferth starrte den Priester an. »Ihr meint«, sagte er einige Momente später, »dass Æthelreds Männer abgeschlachtet werden?«
»Einige von ihnen werden sterben!«, räumte Pyrlig voller Heiterkeit ein, »und ich hoffe bei Gott, dass sie in Würde sterben, Junge, denn sonst werden sie niemals die himmlischen Chöre vernehmen, oder?« »Ich hasse Chöre«, knurrte ich. »Nein, das tut Ihr nicht«, sagte Pyrlig. »Verstehst du, Junge«, er hatte sich wieder an Osferth gewandt, »wenn sie erst einmal aus dem Tor hinaus sind, wird es nur noch von einer Handvoll Männer bewacht werden. Und dann greifen wir an! Und unversehens wird sich Sigefrid mit einem Feind vor Augen und dem anderen im Rücken wiederfinden, und diese unangenehme Lage kann in einem Mann schon den Wunsch aufkommen lassen, am Morgen lieber im Bett geblieben zu sein.« An einem der hohen Fenster, die auf den Hof gingen, wurde ein Laden geöffnet. Eine junge Frau sah in den Morgenhimmel, dann streckte sie die Arme weit über den Kopf und gähnte herzhaft.
Durch ihre Bewegung spannte sich ihr Linnenhemd eng um ihre Brüste, dann bemerkte sie meine Männer unter sich im Hof und verschränkte unwillkürlich die Arme vor der Brust. Sie war bekleidet, doch sie musste sich gefühlt haben, als sei sie nackt. »Oh, ich danke meinem göttlichen Retter für eine weitere süße Gnade«, sagte Pyrlig und ließ sie nicht aus den Augen. »Aber wenn wir das Tor einnehmen«, sagte Osferth, der sich um die Schwierigkeiten sorgte, die er kommen sah, »dann werden uns die Männer angreifen, die in der Stadt geblieben sind.«
»Das werden sie«, stimmte ich zu.
»Und Sigefrid ...«, begann er.
»Wird vermutlich umkehren, um uns niederzumetzeln«, beendete ich den Satz an seiner Stelle.
»Also?«, sagte er und verstummte dann, weil er nichts als Blut und Tod auf sich zukommen sah. »Alles«, erklärte ich, »hängt von meinem Cousin ab. Wenn er zu unserer Unterstützung kommt, werden wir wohl siegen. Und wenn nicht?« Ich zuckte mit den Achseln, »dann halt dein Schwert gut fest.«
Da klang lautes Gebrüll von Ludd's Gate herüber, und ich wusste, dass das Tor geöffnet worden war und die Männer die Straße hinunterstürmten, die zum Fleot führte. Wenn Æthelred noch dabei war, seinen Angriff vorzubereiten, würde er sie kommen sehen und sich entscheiden müssen. Er konnte bleiben und in der neuen sächsischen Stadt kämpfen oder davonlaufen. Ich hoffte darauf, dass er blieb. Ich mochte ihn nicht, aber an Mut hatte es ihm nie gefehlt. Allerdings auch nicht an Dummheit, und das konnte bedeuten, dass er einen Kampf vermutlich sogar begrüßen würde. Es dauerte lange, bis sämtliche Männer Sigefrids durch das Tor waren. Ich beobachtete sie von dem dunklen Winkel des Hofeingangs aus und schätzte, dass wenigstens vierhundert Männer die Stadt verließen. Æthelred hatte mehr als dreihundert gute Kämpfer, die meisten stammten aus Alfreds Haustruppe, aber der Rest der Streitmacht kam aus dem Fyrd und hatte einem wütenden, schweren Angriff nichts entgegenzusetzen. Der Vorteil lag bei Sigefrid, dessen Männer nicht froren, ausgeruht waren und gegessen hatten, während Æthelreds Truppen die Nacht über Land
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