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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gezogen waren und erschöpft sein mussten.
    »Je früher wir es machen«, sagte ich zu niemand Besonderem, »desto besser.«
    »Also jetzt?«, schlug Pyrlig vor.
    »Wir gehen einfach zum Tor!«, rief ich meinen Männern zu. »Kein Laufschritt! Tut, als würdet ihr hierhergehören?«
    Und so machten wir es.
    Damit, mit einem friedlichen Gang über eine Straße von Lundene, begann dieser erbitterte Kampf. Kaum dreißig Männer waren bei Ludd's Gate zurückgeblieben. Einige waren Späher und zur Bewachung des Torbogens abgestellt worden, doch die meisten standen müßig auf der Wallmauer, um Sigefrids Ausfall zu beobachten. Ein großer, einbeiniger Mann stieg die unregelmäßigen Stufen mit seinen Krücken hinauf. Auf halbem Weg blieb er stehen, um uns herankommen zu sehen. »Wenn Ihr Euch beeilt, Herr«, rief er mir zu, »könnt Ihr sie noch erreichen!«
    Er nannte mich Herr, weil er einen Herrn vor sich sah. Er sah einen Kriegsherrn. Nur wenige Männer konnten in den Kampf ziehen, wie ich es tat. Es waren Anführer, Grafen, Könige und Herren. Die Männer, die genügend andere Männer getötet hatten, um das Vermögen anzuhäufen, das notwendig war, um Kettenrüstungen, Helme und Waffen zu kaufen. Und auch nicht irgendeine Kettenrüstung. Mein Kettenhemd war im Frankenreich gefertigt worden und kostete einen Mann mehr als den Preis eines Kriegsschiffs. Sihtric hatte das Metall mit Sand gescheuert, sodass es wie Silber glänzte. Der Saum des Hemdes reichte bis an meine Knie, und daran hingen achtunddreißig Thorshämmer. Einige waren aus Knochen, einige aus Elfenbein und einige aus Silber, aber alle hatten einst von den Hälsen tapferer Feinde herabgehangen, die ich im Kampf getötet hatte, und ich trug ihre Amulette, damit mich ihre früheren Besitzer erkennen würden, wenn ich einst in die Totenhalle käme, und sie mich grüßen würden und Bier mit mir trinken. Über dem Kettenhemd trug ich einen schwarz gefärbten wollenen Umhang, auf dessen Rücken Gisela einen weißen Blitz gestickt hatte, der von meinem Nacken bis zu meinen Fersen reichte. Der Umhang konnte in der Schlacht hinderlich sein, doch nun trug ich ihn, weil er mich größer aussehen ließ, und ich war ohnehin schon höher gewachsen als die meisten Männer. Thors Hammer hing von meinem Hals herab und war das einzige armselige Ding, das ich an mir trug. Ein wahrhaft jämmerliches Amulett aus einem Ochsenknochen, das sich ständig verfärbte und an dessen Rändern von all dem Abkratzen und Reinigen kleine Stückchen herausgebrochen waren, doch ich hatte diesen kleinen Knochenhammer mit meinen Fäustchen gepackt, als ich ein kleiner Junge war, und ich liebte ihn. Ich trage ihn bis heute. Mein Helm dagegen war überaus prachtvoll. Er war so glänzend poliert, dass er die Augen blendete, mit Einlegemustern aus Silber und bekrönt mit einem silbernen Wolfskopf. Die Gesichtsplatten zierten silberne Spiralen. Schon dieser Helm allein zeigte dem Feind, dass ich ein vermögender Mann war. Wenn mich ein Gegner tötete und diesen Helm nähme, wäre er augenblicklich reich, aber meine Feinde hätten eher meine Armringe genommen, die ich, nach Art der Dänen, über den Ärmeln meines Kettenhemdes trug. Meine Armringe waren aus Silber und Gold, und es waren so viele, dass ich einige oberhalb der Ellbogen tragen musste. Sie erzählten von Männern, die ich getötet, und Reichtümern, die ich gehortet hatte. Meine Stiefel waren aus dickem Leder und rundum mit eisernen Platten besetzt, damit die Speerstöße daran abglitten, die unterhalb des Schildrandes gegen mich geführt wurden. Der Schild selbst besaß einen Eisenrand und war mit einem Wolfskopf bemalt, meinem Zeichen, und an meiner Linken hing Schlangenhauch und an meiner Rechten Wespenstachel, und als ich auf das Tor zuschritt, hatte ich die aufgehende Sonne im Rücken, sodass mein Schatten lang auf die mit Unrat übersäte Straße geworfen wurde. Ich war ein Kriegsherr in all seiner Pracht, ich war gekommen, um zu töten, und niemand am Tor ahnte es.
    Sie sahen uns kommen, doch sie hielten uns für Dänen. Die meisten Feinde standen oben auf dem Schutzwall, nur fünf von ihnen waren unten bei dem offenen Tor geblieben, und alle sahen Sigefrids Streitmacht nach, die den kurzen, steilen Abhang zum Fleot hinunterzog. Die sächsische Ansiedlung befand sich kurz dahinter, und ich hoffte, dass Æthelred dort war. »Steapa«, rief ich, immer noch so weit vom Tor entfernt, dass mich von dort aus niemand Englisch sprechen

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