Schwertgesang
paar Hütten, von deren Herdfeuern Rauch aufstieg. Das war Wessex. Vor mir, wo sich Sigefrids Männer nicht vor und nicht zurück bewegten, lag Mercien, während hinter mir, nördlich des Flusses, Ostanglien begann. »Schließen wir das Tor?«, fragte Pyrlig. »Nein«, sagte ich. »Ich habe Steapa gesagt, er soll es offen lassen.« »Wirklich?«
»Sigefrid soll uns angreifen«, sagte ich, und ich dachte, dass ich, wenn Æthelred uns im Stich gelassen hatte, unter dem Tor sterben würde, an dem drei Königreiche aneinandergrenzten. Noch immer war von Æthelreds Streitmacht nichts zu sehen, und dennoch verließ ich mich darauf, dass uns die Männer meines Cousins zum Sieg verhelfen würden. Wenn ich Sigefrid und seine Krieger zurück zum Tor locken und sie dort halten konnte, hätte Æthelred die Möglichkeit, sie von hinten anzugreifen. Deshalb wollte ich, dass das Tor offen blieb. Es sollte auf Sigefrid wie eine Einladung wirken. Wenn ich es geschlossen hätte, dann wäre er vermutlich durch ein anderes Tor in die römische Stadt gekommen, und Æthelred hätte sie nicht angreifen können.
Zuerst aber mussten wir uns um die Dänen kümmern, die in der Stadt geblieben waren und die sich langsam von ihrer Überraschung erholten. Einige von ihnen waren auf den Straßen, während andere zu beiden Seiten der Stadtmauer bei Ludd's Gate Gruppen gebildet hatten. Die Stadtmauer war niedriger als die Tortürme, was bedeutete, dass jeder Angriff auf uns über die engen Steintreppen stattfinden musste, die von der Mauer und von der Straße auf die Türme und den Umgang führten. Jede der Treppen, die von der Stadtmauer aus nach oben führten, musste mit wenigstens fünf Männern verteidigt werden, ebenso wie die beiden Treppen, die von der Straße kamen. Ich überlegte, ob ich die Tortürme unbesetzt lassen sollte, doch wenn der Kampf unten im Durchgang des Tores ungünstig verlief, dann hatten wir von oben aus die besten Verteidigungsmöglichkeiten. »Ihr habt zwanzig Männer«, erklärte ich Pyrlig, »um diesen Turm zu verteidigen. Und den hier könnt Ihr ebenfalls haben.« Ich nickte in Osferths Richtung. Ich wollte Alfreds krüppeltötenden Sohn nicht unten beim Torbogen haben, wo der Kampf am heftigsten geführt werden würde. Dort unten würden wir zwei Schildwälle aufstellen, einer auf die Stadt und der andere auf den Fleot ausgerichtet, und dort würden die Schildwälle aufeinandertreffen, und dort, so glaubte ich, würden wir sterben, denn noch immer sah ich nichts von Æthelreds Heer.
Ich war in Versuchung, mit meinen Männern abzuziehen. Es wäre einfach gewesen, wenn wir uns auf demselben Weg, auf dem wir gekommen waren, wieder zurückgezogen hätten. Wir hätten es nur mit den paar Männern auf den Straßen zu tun gehabt. Wir hätten Sigefrids Boot nehmen können, den Wellenbändiger, mit ihm ans westsächsische Ufer hinüberfahren können. Aber ich war Uhtred von Bebbanburg, und ich platzte fast vor Kriegerstolz, und ich hatte geschworen, Lundene einzunehmen. Wir blieben. Fünfzig von uns stiegen die Treppen hinunter und stellten sich unter dem Tor auf. Zwanzig richteten sich nach der Stadt aus, während die übrigen in Sigefrids Richtung blickten. Unter dem Torbogen war gerade genügend Platz für acht Männer, um mit ihren Schilden nebeneinander zu stehen. Im Schatten des Torbogens bildeten wir unseren Doppelschildwall. Steapa führte die zwanzig an, die in Richtung der Stadt kämpfen sollten, während ich in der ersten Reihe derjenigen stand, die vom Tor in Richtung Westen sahen.
Dann trat ich aus dem Schildwall und ging ein paar Schritte auf das Tal des Fleot zu. Der kleine Fluss, verschmutzt von den Gräben der Färber weiter stromauf, lief schmutzig und träge auf die Temes zu. Auf der anderen Seite des Fleot hatten Sigefrid, Haesten und Erik schließlich die Zugrichtung ihrer Streitkräfte umgekehrt, und wer in den letzten Reihen der Nordmänner aufgestellt gewesen war, zog nun als Erster über den seichten Fleot zurück, um meine kleine Truppe unschädlich zu machen.
Ich stand höher als sie und zeichnete mich gegen den Himmel ab. Die wolkenverhangene Sonne war hinter mir, doch ihr bleiches Licht spiegelte sich auf dem Silber meines Helmes und verlieh Schlangenhauchs Klinge einen matten Schein. Ich hatte mein Schwert wieder gezogen, und jetzt stand ich mit dem Schwert ausgestreckt in meiner rechten und dem Schild in der linken Hand. Ich stand über ihnen, ein Herr in voller Pracht, ein Mann in
Weitere Kostenlose Bücher