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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gewöhnt und blieben zusammen, und es waren die Haustruppen, von denen die Nordmänner aus Lundene gejagt wurden. Ich blieb in der Straße bei der Flussmauer, der Straße, durch die wir in die Stadt gekommen waren, und wir trieben die Flüchtenden vor uns her, als wären sie Schafe und wir Wölfe. Pater Pyrlig hatte sein Banner mit dem Kreuz an einen dänischen Speer geknotet und schwenkte es über unseren Köpfen, um Æthelred zu zeigen, dass wir Freunde waren. Aus den höher gelegenen Straßen drang Schreien und Gebrüll bis zu uns. Mit einem großen Schritt trat ich über ein totes Kind hinweg. Die goldenen Locken des Mädchens waren mit dem Blut ihres Vaters verklebt, der neben ihr gestorben war. Als Letztes hatte er nach dem Arm des Kindes gegriffen, und seine tote Hand umfasste noch immer ihren Ellbogen. Ich dachte an meine Tochter, Stiorra. »Herr!«, rief Sihtric, »Herr!« Er deutete mit seinem Schwert nach vorn.
    Er hatte eine große Gruppe Nordmänner entdeckt. Vermutlich war ihnen der Weg abgeschnitten worden, als sie sich auf ihre Schiffe zurückziehen wollten, und nun hatten sie sich auf die eingestürzte Brücke geflüchtet. Das nördliche Ende der Brücke wurde von römischen Wehrtürmen bewacht, zwischen denen sich ein Rundbogen spannte, wenn auch das Tor, das diesen Rundbogen verschlossen hatte, längst verschwunden war. Stattdessen war der Durchgang auf den eingestürzten Balkendamm der Brücke von einem Schildwall versperrt. Jetzt waren die Nordmänner in derselben Lage, in der ich an Ludd's Gate gewesen war, als die Flanken meines Schildwalls von den hohen Steinmauern geschützt wurden. Die Schilde füllten den Bogen aus, und ich erkannte hinter der vordersten Linie mit überlappenden Schilden noch wenigstens sechs weitere Reihen kampfbereiter Männer.
    Steapa stieß einen knurrenden Laut aus und hob seine Axt. »Nein«, sagte ich und legte ihm eine Hand auf seinen muskulösen Schildarm.
    »Mach einen Eberzahn«, sagte er kampflustig, »töte die Bastarde. Töte sie alle.«
    »Nein«, wiederholte ich. Ein Eberzahn war ein Keil aus Männern, die wie eine menschliche Speerspitze in den Schildwall vorstießen, doch kein Eberzahn würde diesen Nordmännerschildwall durchbrechen. Sie standen zu dicht gedrängt unter dem Torbogen, und sie waren verzweifelt, und verzweifelte Männer kämpfen blindwütig ums Überleben. Am Schluss würden sie sterben, das stimmte, doch viele meiner Krieger würden mit ihnen sterben.
    »Bleibt hier«, sagte ich zu meinen Männern. Ich übergab Sihtric meinen ausgeborgten Schild und dann noch meinen Helm. Ich steckte Schlangenhauch in die Scheide. Pyrlig tat es mir nach und nahm seinen Helm ab. »Ihr müsst nicht mit mir kommen«, erklärte ich ihm.
    »Und warum sollte ich nicht?«, fragte er lächelnd.
    Er reichte Rypere seine notdürftige Flagge, legte seinen Schild auf die Erde, und weil ich um die Begleitung des Walisers froh war, gingen wir Seite an Seite auf das Brückentor zu.
    »Ich bin Uhtred von Bebbanburg«, verkündete ich den grimmigen Männern, die über die Ränder ihrer Schilde starrten, »und wenn ihr heute Abend in Odins Totenhalle feiern wollt, dann bin ich bereit, euch dorthin zu schicken.«
    Hinter mir schrie die Stadt, und dichter Rauch zog über den Himmel. Die neun Männer in der vordersten Reihe der Feinde starrten mich nur an, niemand sprach ein Wort.
    »Aber wenn ihr die Freuden dieser Welt noch länger genießen wollt«, fuhr ich fort, »dann sprecht mit mir.«
    »Wir dienen unserem Grafen«, sagte endlich einer der Männer. »Und der ist?«
    »Sigefrid Thurgilson«, sagte der Mann.
    »Er hat gut gekämpft«, sagte ich. Vor kaum zwei Stunden hatte ich Sigefrid noch Beleidigungen entgegengebrüllt, doch nun war die Zeit für sanftere Töne gekommen. Die Zeit, mit dem Feind über seine Ergebung zu sprechen und so das Leben meiner Männer zu schonen. »Ist Graf Sigefrid noch am Leben?«, fragte ich.
    »Er lebt«, sagte der Mann knapp und deutete mit einer Kopfbewegung an, dass Sigefrid irgendwo hinter ihm auf der Brücke war. »Dann sagt ihm, Uhtred von Bebbanburg wünscht ihn zu sprechen, um zu entscheiden, ob er weiterlebt oder ob er stirbt.« Es war nicht an mir, diese Wahl zu treffen. Die Parzen hatten es längst entschieden, und ich war nichts weiter als ihr Werkzeug. Der Mann, der mit mir gesprochen hatte, rief die Botschaft den Männern zu, die hinten auf der Brücke standen, und ich wartete. Pyrlig betete. Ob er allerdings um Gnade für das

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