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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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doch die wenigen Blicke, die ich auf sein Gesicht werfen konnte, zeigten mir seinen überheblichen, selbstzufriedenen Ausdruck. Die meisten anderen Männer dagegen wirkten gelangweilt, und nur einer, Pater Beocca, schien die Predigt des Bischofs zu missbilligen. Einmal fing er meinen Blick auf und brachte mich zum Lächeln, indem er ungehalten eine Augenbraue hochzog. Ich bin sicher, dass Beocca den Inhalt der Predigt nicht für falsch hielt, doch zweifellos war er der Ansicht, dass sie nicht in solcher Öffentlichkeit hätte abgehalten werden sollen. Und was Alfred anbetraf, so blickte er nur gleichmütig nach vorne auf den Altar, während der Bischof wütete. Doch seine Gleichmütigkeit verhüllte nur seine Beteiligung, denn diese beißende Predigt hätte ohne das Wissen und die Zustimmung des Königs niemals abgehalten werden können.
    »Gehorsam!«, schrie Erkenwald erneut, und dann starrte er zur Decke hinauf, als wäre dieses eine Wort die Lösung für alle Sorgen der Menschheit. Der König nickte beifällig, und mir wurde klar, dass Alfred Erkenwalds Sermon nicht nur billigte, sondern ihn sogar dazu aufgefordert haben musste. Glaubte er vielleicht, dass ein öffentlicher Tadel Æthelflaed davor schützen würde, hinter verschlossenen Türen geschlagen zu werden? Die Botschaft passte jedenfalls gut zu Alfreds Denkungsart, denn er war davon überzeugt, dass sich ein Königreich nur entfalten konnte, wenn Gesetze galten, wenn eine Regierung eingesetzt war und wenn dem Willen Gottes und des Königs gehorcht wurde. Dennoch konnte er seine Tochter ansehen, die Blutergüsse in ihrem Gesicht, und damit einverstanden sein? Er hatte seine Kinder immer geliebt. Ich hatte miterlebt, wie sie aufgewachsen waren, und ich hatte Alfred mit ihnen spielen sehen, und dennoch gestattete es ihm seine Religion, die Tochter zu demütigen, die er liebte? Manchmal, wenn ich zu meinen Göttern bete, danke ich ihnen innig dafür, dass sie mich vor Alfreds Gott gerettet haben. Schließlich gingen Erkenwald die Worte aus. Es wurde still und Alfred stand auf und wandte sich zu uns um. »Das Wort Gottes«, sagte er lächelnd. Die Priester leierten noch einige kurze Gebete herunter, und danach schüttelte Alfred den Kopf, als wolle er ihn von frommen Angelegenheiten reinigen. »Die Stadt Lundene ist nun im Besitz von Mercien«, sagte er, und anerkennendes Gemurmel lief durch den Raum. »Ich habe ihre Zivilverwaltung an Bischof Erkenwald übertragen.« Er drehte sich um und lächelte den Bischof an, der ein geziertes Lächeln zurückgab und sich verbeugte. »Der Herr Uhtred dagegen ist für die Verteidigung der Stadt verantwortlich«, fuhr Alfred fort und sah mich dabei an. Ich verbeugte mich nicht. Da drehte sich Æthelflaed um. Vermutlich hatte sie nicht gewusst, dass ich im Raum war, doch sie drehte sich um, als mein Name genannt wurde, und starrte mich an. Ich zwinkerte ihr zu, und da erhellte ein kleines Lächeln ihr blutunterlaufenes Gesicht. Æthelred bemerkte das Zwinkern nicht. Er achtete sorgfältig darauf, mich zu übersehen, wo es ging.
    »Die Stadt fällt natürlich«, sprach Alfred nun mit scharfer Stimme weiter, denn er hatte mein Zwinkern gesehen, »unter die Obrigkeit und das Gesetz meines geliebten Schwiegersohnes. Mit der Zeit wird sie einen wertvollen Teil seines Besitzes ausmachen, doch für den Augenblick hat er sich gnädig damit einverstanden erklärt, dass Lundene von Männern geführt werden muss, die Erfahrung in diesen Dingen haben.« In anderen Worten: Lundene mochte zu Mercien gehören, doch Alfred hatte nicht die Absicht, die Stadt aus dem Zugriff von Wessex zu entlassen. »Bischof Erkenwald ist befugt, Abgaben und Steuern festzusetzen«, erklärte Alfred, »und ein Drittel des Geldes wird für die Zivilverwaltung, ein Drittel für die Kirche und ein Drittel zur Verteidigung der Stadt aufgewendet werden. Und ich weiß, dass wir unter der Führung des Bischofs und mit der Hilfe des Allmächtigen eine Stadt erstehen lassen können, die Gott und seine Kirche verherrlicht.«
    Die meisten Männer im Saal kannte ich nicht, denn fast alle waren mercische Thegn, die zu dem Treffen mit Alfred nach Lundene bestellt worden waren. Unter ihnen befand sich auch Aldhelm, das Gesicht nach meinen Schlägen immer noch blutunterlaufen und verschwollen. Er hatte einmal zu mir hingesehen und sich hastig wieder abgewandt, als ich seinen Blick erwiderte. Der Ruf nach Lundene war unerwartet gekommen, und nur einige Thegn waren ihm

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