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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gefolgt. Diese Männer hörten sich nun zwar höflich an, was Alfred zu sagen hatte, doch sie waren fast alle Diener zweier Herren. Das nördliche Mercien stand unter dänischer Regierung, und nur der südliche Teil, der an Wessex grenzte, konnte als freies sächsisches Land bezeichnet werden, und sogar auf dieses Land griffen die Dänen ständig über. Ein mercischer Thegn, der noch eine Zeitlang am Leben bleiben, seine Tochter vor der Sklaverei bewahren und seine Herden vor Viehdieben schützen wollte, tat gut daran, sowohl den Dänen Abgaben zu zahlen als auch Steuern an Æthelred zu entrichten, denn er war durch seinen ererbten Grundbesitz, seine Heirat und seine Abstammung als vornehmster Thegn Merciens anerkannt. Er mochte sich König nennen, wenn er es wollte, und ich hatte keinen Zweifel daran, dass er es wollte, doch Alfred wollte es nicht, und ohne Alfred war Æthelred ein Nichts. »Es ist unser Vorsatz«, sagte Alfred, »Mercien von den heidnischen Eindringlingen zu befreien. Um das zu tun, müssen wir Lundene sichern, damit wir die Schiffe der Nordmänner daran hindern können, zu Plünderungen die Temes hinaufzufahren. Wir müssen Lundene halten. Und wie soll das geschehen?« Die Antwort lag klar auf der Hand, und dennoch verhinderte sie nicht, dass sich eine langwierige Auseinandersetzung darüber entwickelte, wie viele Truppen gebraucht würden, um die Stadtmauer zu verteidigen. Ich beteiligte mich nicht an dem Gespräch. Ich lehnte mich an die Rückwand des Saales und achtete darauf, welche der Thegn sich mit Leidenschaft äußerten und welche sich zurückhielten. Von Zeit zu Zeit sah Bischof Erkenwald zu mir herüber. Offenkundig fragte er sich, weshalb ich mein bescheidenes Körnchen Weisheit nicht beitrug, doch ich schwieg weiterhin. Æthelred hörte aufmerksam zu und fasste schließlich die Auseinandersetzung zusammen. »Die Stadt, Herr König, sagte er heiter, »braucht eine Streitmacht von zweitausend Männern.« »Mercischen Männern«, sagte Alfred. »Diese Männer müssen aus Mercien kommen.« »Natürlich«, erklärte sich Æthelred hastig einverstanden. Ich stellte fest, dass vielen der Thegn ein recht bedenklicher Ausdruck im Gesicht stand.
    Auch Alfred entging das nicht, und er sah mich an. »Das ist deine Verantwortung, Herr Uhtred. Hast du keine Meinung?«
    Ich unterdrückte ein Gähnen. »Ich habe etwas Besseres als eine Meinung, Herr König«, sagte ich, »ich kann Euch die Tatsachen nennen.« Alfred hob eine Augenbraue und es gelang ihm, zugleich fragend und missbilligend auszusehen. »Nun?«, fragte er gereizt, als ich zu lange mit dem Weitersprechen wartete.
    »Vier Männer für jede Rute«, sagte ich. Eine Rute waren etwa sechs Schritte, und die Berechnung von vier Mannern für eine Rute stammte nicht von mir, sondern von Alfred. Als er die Errichtung der Wehrburgen anordnete, hatte er auf seine Heinkrämerische Art berechnet, wie viele Männer er jeweils zur Verteidigung brauchte, und die Strecke um die Wälle herum bestimmte die Zahl. Cocchams Wälle waren eintausend und vierhundert Schritte lang, und daher müssten meine Haustruppen und der Fyrd eintausend Männer zu seiner Verteidigung bereitstellen. Doch Coccham war nur eine kleine Wehrburg, Lundene dagegen war eine Stadt. »Und wie lange ist die Stadtmauer von Lundene?«, fragte Alfred.
    Ich sah zu Æthelred hinüber, als erwartete ich, dass er antwortete, und Alfred, der meinen Blick bemerkt hatte, wandte sich ebenfalls seinem Schwiegersohn zu. Æthelred dachte einen kurzen Moment nach, und statt die Wahrheit zu sagen, die nämlich lautete, dass er es nicht wusste, gab er eine Mutmaßung zum Besten. »Achthundert Ruten, Herr König?«
    »Die landeinwärts gewandte Seite«, warf ich schroff ein, »ist sechshundertundzweiundneunzig Ruten lang. Auf der Flussseite sind es weitere dreihundertundachtundfünfzig. Die Wehranlagen, Herr König, erstrecken sich über eintausendundfünfzig Ruten.« »Viertausendundzweihundert Männer«, sagte Bischof Erkenwald sofort, und ich bekenne, dass ich beeindruckt war. Es hatte mich viel Zeit gekostet, diese Zahl zu ermitteln, und ich war nicht sicher gewesen, dass meine Berechnung richtig gewesen war, bis Gisela zum gleichen Ergebnis gekommen war.
    »Kein Feind, Herr König«, sagte ich, »kann überall zugleich angreifen, daher schätze ich, dass die Stadt mit einer Besatzung von dreitausendundvierhundert Männern verteidigt werden kann.« Einer der mercischen Thegn schnaubte vernehmlich,

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