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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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versuchten sie aufzuheitern, doch ihre Bemühungen wirkten lahm, sie verstanden einfach nicht, wie einem dabei zumute war. Ihre Beine magerten ab, bis sie zu knochigen Stöcken mit knotigen Knien wurden. Sie kam sich nicht nur hilflos, sondern hässlich vor. Richard schnitzte Tiere für sie: Habichte, Füchse, Ottern, Enten und sogar Backenhörnchen; für sie schienen sie nicht mehr zu sein als eine Kuriosität. An ihrem Tiefpunkt wünschte sich Kahlan beinahe, sie wäre zusammen mit ihrem Kind gestorben.
    Ihr Leben verkam zu einem Einerlei ohne jeglichen Reiz. Alles, was sie sah, Tag für Tag, Woche auf Woche, waren die vier Wände ihres Krankenzimmers. Die Schmerzen erschöpften sie, und die Eintönigkeit ließ sie abstumpfen. Sie begann, den bitteren Schafgarbentee, den sie ihr zu trinken gaben, ebenso zu verabscheuen wie die Breiumschläge aus Fingerkraut und Schafgarbe. Als sie sich nach einer Weile weigerte, Schafgarbentee zu trinken, wechselten sie manchmal zu Lindenholztee, der nicht ganz so bitter schmeckte, aber auch nicht so gut wirkte – allerdings half er ihr einzuschlafen. Schädeldach war oft bei Kopfschmerzen hilfreich, aber so adstringierend, dass sich ihr Mund noch lange Zeit danach zusammenzog. Manchmal wichen sie zur Linderung ihrer Schmerzen auch auf eine Tinktur aus Mutterkraut aus. Kahlan begann sich vor der Einnahme von Kräutern zu ekeln und behauptete oft unwahrheitsgemäß, sie habe keine Schmerzen, nur um irgendeinem widerlichen Absud zu entgehen.
    Richard hatte das Fenster im Schlafzimmer nicht übermäßig groß angelegt; in der sommerlichen Hitze wurde es im Zimmer oft drückend heiß. Draußen vor ihrem Fenster konnte Kahlan nur ein winziges Stück des Himmels, ein paar Baumwipfel und die schroffe blau-graue Silhouette eines Berges in der Ferne erkennen.
    Richard wollte sie nach draußen mitnehmen, doch Kahlan sträubte sich dagegen, da sie überzeugt war, es lohne die Schmerzen nicht. Es brauchte keine große Überzeugungskraft, ihm auszureden, ihr wehzutun. Die unterschiedlichsten Tage kamen und gingen, von strahlend sonnig bis hin zu grau und düster. In ihrem winzigen Zimmer liegend, während die Zeit verstrich und sie langsam gesund wurde, dachte Kahlan oft daran, dass dies ihr ›verlorener Sommer‹ war.
    Eines Tages war sie völlig ausgetrocknet, und Richard hatte vergessen, den Becher nachzufüllen und ihn dort abzustellen, wo sie ihn, auf dem einfachen Tisch neben dem Bett, erreichen konnte. Als sie um Wasser bat, kam Richard mit dem Becher und einem vollen Wasserschlauch herein, stellte beides auf dem Fensterbrett ab und rief Cara draußen etwas zu. Daraufhin eilte er, Kahlan im Gehen noch zurufend, sie müssten nach den Angelschnüren sehen und würden so schnell wie möglich zurück sein, aus dem Zimmer. Bevor Kahlan ihn bitten konnte, das Wasser näher zu rücken, war er auch schon verschwunden.
    Kahlan lag wütend in der Stille, sie konnte kaum glauben, dass Richard so gedankenlos war, das Wasser außerhalb ihrer Reichweite abzustellen. Für die spätsommerliche Jahreszeit war es ungewöhnlich warm. Ihre Zunge fühlte sich geschwollen an. Hilflos starrte sie hinüber zu dem hölzernen Becher auf dem Fensterbrett.
    Den Tränen nahe, stöhnte sie vor Selbstmitleid und schlug mit der Faust gegen das Bett. Sie wälzte ihren Kopf nach links, vom Fenster fort, schloss die Augen und beschloss ein wenig zu schlafen, um nicht an ihren Durst zu denken. Wenn sie aufwachte, würden Richard und Cara zurück sein und ihr Wasser geben; und Richard würde etwas zu hören bekommen.
    Der Schweiß rann ihr in den Nacken. Draußen rief unablässig irgendein Vogel, dessen sich ewig wiederholender Gesang sich wie ein kleines Mädchen anhörte, das mit hoher Stimme fragte: »Was, ich?« Wenn einer dieser Vögel erst einmal angefangen hatte, konnte sich seine Darbietung in die Länge ziehen. Kahlan hatte kaum noch einen anderen Gedanken als den Wunsch, etwas zu trinken.
    Sie konnte nicht einschlafen. Ein ums andere Mal wiederholte der lästige Vogel seine Frage, und mehr als ein Mal ertappte sie sich dabei, wie sie leise mit »Ja, du« antwortete. Richard verwünschend, schloss sie fest die Augen und versuchte, ihren Durst, die Hitze und den Vogel zu vergessen und endlich einzuschlafen. Ihre Augen gingen immer wieder auf.
    Kahlan löste das Nachthemd von ihrer Brust und bewegte es in Wellen auf und ab, um sich ein wenig Kühlung zu verschaffen. Sie merkte, dass sie das Wasser auf dem

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