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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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ganz so locker wie die Niccis.
    Die Tatsache, dass ihr Mietzins längst überfällig war, schien sie nicht weiter zu beschäftigen. Wenigstens waren Grundnahrungsmittel verhältnismäßig billig – vorausgesetzt, sie waren überhaupt erhältlich. Es hieß, man habe es allein dem Wohlwollen des Schöpfers und der Weisheit des Ordens zu verdanken, dass man sich überhaupt etwas zu essen kaufen konnte. In Ishaqs Betrieb hatte Richard Gerüchte aufgeschnappt, denen zufolge es durchaus möglich war, die vielfältigsten Lebensmittel in beliebiger Menge zu erstehen, allerdings um einen Preis. Einen Preis, den Richard nicht bezahlen konnte.
    Auf seiner Fahrt mit Jori zur Gießerei und dem Schmied hatte Richard etwas abseits stehende Häuser gesehen, die dem Anschein nach recht eindrucksvoll waren. Gut gekleidete Menschen ergingen sich in diesen Straßen, gelegentlich sah er sie sogar in Kutschen sitzen. Es waren Menschen, die weder ihre Hände noch ihre Moral mit Dingen des Geschäftslebens beschmutzten. Es waren Menschen mit Prinzipien. Es waren die Beamten des Ordens, die dafür Sorge trugen, dass, wer immer die Möglichkeit dazu hatte, Opfer für die Ziele des Ordens brachte.
    »Selbstaufopferung ist die moralische Pflicht aller«, verkündete Nicci als Kampfansage an seine fest zusammengebissenen Zähne.
    Richard brachte es nicht über sich, den Mund zu halten. »Selbstaufopferung ist der widerliche und sinnlose Selbstmord von Sklaven.«
    Nicci starrte ihn offenen Mundes an. Es war, als hätte er soeben behauptet, die Milch einer Mutter sei Gift für ihr Neugeborenes.
    »Ich glaube, das ist wirklich das Grausamste, was ich je aus deinem Mund gehört habe, Richard.«
    »Ist es etwa grausam, wenn ich sage, dass ich nicht bereit bin, mich frohen Herzens für diesen brutalen Burschen, Gadi, aufzuopfern? Oder für irgendwelche anderen Rohlinge, die ich nicht mal kenne? Ist es etwa grausam, das, was mir gehört, nicht bereitwillig jedem habgierigen Schurken in den Rachen zu werfen, den es selbst um den Preis des Blutes seiner Opfer danach gelüstet, Kriegsbeute und anderes, nicht durch seiner Hände Arbeit verdientes Gut zu besitzen?
    Selbstaufopferung ist nur dann sinnvoll und vertretbar, wenn es um Werte geht, die einem lieb und teuer sind; um das Leben eines geliebten Menschen, um die eigene Freiheit und die all derer, die man respektiert – so wie ich mich für Kahlans Leben opfere. Selbstaufgabe dagegen bedeutet, dass man sich zu einem Sklaven macht, der sein allerhöchstes Gut – sein Leben – jedem feixenden Dieb ausliefert, der gerade Anspruch darauf erhebt.
    Selbstmord durch Selbstaufopferung ist nichts weiter als die Forderung von Herren an ihre Sklaven. Da man mir ein Messer an die Kehle hält, ist es keineswegs zu meinem Vorteil, wenn man mir alles nimmt, was ich mir mit Händen und Verstand erarbeitet habe. Es ist nur zum Vorteil dessen, der das Messer hält, und derer, die allein kraft ihrer zahlenmäßigen – und nicht etwa vernunftmäßigen – Überlegenheit bestimmen, was für alle das Beste ist, und die einen noch antreiben, um jeden Tropfen Blut, den ihre Herren übersehen, auflecken zu können.
    Das Leben ist kostbar; deswegen ist es vernünftig, für die Freiheit Opfer zu bringen. Man setzt sich für das Leben selbst ein, und dafür, dass man es leben kann, denn ein Leben ohne Freiheit bedeutet den sicheren, schleichenden Tod durch Selbstaufopferung zum ›Wohl‹ der Menschheit – und das sind stets die anderen. Die Menschheit ist nichts weiter als eine Gemeinschaft von Einzelwesen. Warum sollte jedes andere Leben wichtiger, kostbarer und wertvoller sein als das eigene? Gedankenlose, erzwungene Selbstaufopferung ist unsinnig.«
    Sie starrte nicht etwa auf ihn, sondern auf die Flamme, die auf der Leinsamenöllache schwamm. »Das glaubst du doch nicht wirklich, Richard. Du bist nur müde und verärgert, weil du jetzt auch noch nachts arbeiten musst, um über die Runden zu kommen. Du solltest dir klarmachen, dass all die anderen, denen du hilfst, dazu da sind, die Gesellschaft zu unterstützen, und dazu gehörst auch du, falls du einmal derjenige bist, der in tiefe Not gerät.«
    Richard machte sich gar nicht erst die Mühe, ihr zu widersprechen, sondern sagte nur: »Du tust mir Leid, Nicci. Du kennst nicht mal den Wert deines eigenen Lebens. Es kann dir unmöglich etwas bedeuten, Opfer zu bringen.«
    »Das ist nicht wahr, Richard«, erwiderte sie leise. »Ich bringe dir zuliebe Opfer … was wir an

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