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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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auf den Zahn fühlen. Richard war sich bewusst, dass er sich eine günstige Gelegenheit entgehen lassen würde, wenn er sie fortschickte. Er war so müde, dass er nicht mehr klar denken konnte.
    Nicci steckte den Kopf zur Vordertür heraus. »Ich dachte, ich hätte deine Stimme gehört. Komm rein und iss zu Abend. Deine Suppe wartet schon.«
    »Hast du Tee?«
    Nicci warf einen verstohlenen Seitenblick auf die beiden in ihren Hemden. »Ich kann Tee aufsetzen. Komm rein, dann brühe ich ihn dir auf, während du deine Suppe isst.«
    »Bitte bring sie mir hinters Haus«, antwortete Richard. »Ich habe versprochen, die Treppe zu reparieren.«
    »Jetzt?«
    »Es ist noch ein paar Stunden hell. Ich kann essen, während ich arbeite.«
    Kamil und Nabbi stellten noch mehr Fragen als am Abend zuvor. Der dritte der jungen Burschen, Gadi, schaute ab und zu vorbei, als Richard und die beiden anderen arbeiteten. Gadi, noch immer ohne Hemd, ließ es sich nicht entgehen, Nicci von Kopf bis Fuß zu mustern, als sie Richard seine Suppe und seinen Tee brachte.
    Als Richard endlich fertig war, ging er aufs Zimmer, zog sein Hemd aus und spritzte sich Wasser aus der Waschschüssel ins Gesicht. Ihm dröhnte der Kopf.
    »Wasch dir die Haare«, sagte Nicci. »Du bist schmutzig. Ich will hier keine Läuse.«
    Statt zu protestieren, er habe keine Läuse, tauchte Richard sein Gesicht kurz unter Wasser und säuberte seinen Kopf gründlich mit einem Stück derber Seife. Das war einfacher, als es ihr auszureden, um endlich schlafen gehen zu können. Nicci konnte Läuse nicht ausstehen.
    Vermutlich, überlegte er, sollte er dankbar sein, dass sie in ihrem betrügerischen Arrangement wenigstens eine reinliche Ehefrau war. Sie sorgte dafür, dass Zimmer, Bettzeug und seine Kleider sauber waren, obwohl das Wasser erst mühsam vom die Straße hinunter gelegenen Brunnen herbeigeschleppt werden musste. Nie beklagte sie sich über irgendwelche Arbeiten, die nötig waren, um den Anschein eines Lebens von ganz normalen Leuten aufrecht zu erhalten. Offenbar war ihre unbestimmte Sehnsucht so groß, dass sie oft voll und ganz in ihrer Rolle aufging und, im Gegensatz zu ihm, gelegentlich sogar vergaß, dass sie eine Schwester der Finsternis war. Er tauchte seinen Kopf abermals unter, ließ Wasser über seinen Kopf laufen und spülte die Seife heraus.
    Ein Wasserrinnsal lief von seinem Kinn zurück in die Schüssel, als er fragte: »Wer ist eigentlich Bruder Narev?«
    Nicci, die mit einer Näharbeit beschäftigt auf ihrer Pritsche saß, hob den Kopf. Plötzlich wirkte ihre Näherei fehl am Platz, so als hätte ihre Parodie häuslichen Lebens für sie allen Glanz verloren.
    »Warum fragst du?«
    »Ich bin ihm gestern begegnet, draußen in der Werkstatt des Schmieds.«
    »Auf der großen Baustelle?«
    Richard nickte. »Ich musste Eisen dorthin liefern.«
    Sie widmete sich wieder ihrer Nadelarbeit. Im Schein der Leinsamenöllampe, die neben ihr stand, sah Richard zu, wie sie noch ein paar Stiche am Flicken auf den Knien einer seiner Hosen nähte. Schließlich hielt sie inne und ließ ihre Arme, einen davon in sein Hosenbein gehüllt, auf ihren Schoß sinken.
    »Bruder Narev ist der Hohepriester der Bruderschaft der Ordnung – einer sehr alten Sekte, die sich die Durchsetzung des Willens des Schöpfers in dieser Welt zum Ziel gesetzt hat. Er ist sozusagen Herz und Seele des Ordens – sein moralischer Führer. Seine Jünger und er führen die Mitglieder des Ordens in das ewige Licht des Schöpfers. Er ist ein Berater Kaiser Jagangs.«
    Richard war verblüfft. Er hatte nicht erwartet, dass sie mit dem Thema so vertraut war. Seine Vorsicht wuchs im gleichen Maße, wie sich seine Nackenhaare sträubten.
    »Was für ein Berater?«
    Sie nähte einen weiteren Stich und zog den langen Faden durch. »Bruder Narev war Jagangs Erzieher – sein Lehrer, Berater und Tutor. Bruder Narev hat das Feuer in Jagangs Bauch entflammt.«
    »Er ist ein Zauberer, nicht wahr?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
    Sie sah von ihrer Näharbeit auf. Er konnte ihren blauen Augen ansehen, dass sie abwog, ob sie es ihm erzählen sollte oder nicht, oder vielleicht auch, wie viel sie ihm zu verraten bereit war. Sein unnachgiebiger Blick sagte ihr, dass er die volle Wahrheit erwartete.
    »In der Sprache des gemeinen Volkes könnte man ihn so bezeichnen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Gewöhnliche Menschen, die nur sehr wenig von Magie verstehen, würden ihn einen Zauberer nennen. Genau

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