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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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schuldig, von ehrlichen Arbeitern Geld erschwindelt zu haben. Er war ein Wucherer!
    In diesem Augenblick tat ihr nicht im Geringsten Leid, was man ihm im Gefängnis antat. Er hatte das alles verdient, und noch weit mehr. Er war ein Verbrecher, der arme, hart arbeitende Menschen um ihr Gold betrogen hatte. Die Demütigung, das Wissen, dass er sie getäuscht hatte, brannte heiß in ihrem Körper.
    Nicci hatte die Baustelle des Palastes bereits gesehen, allerdings nur aus der Ferne, als sie in der Stadt zu tun gehabt hatte, doch so nah wie jetzt war sie noch nie gewesen. Der Palast würde genau so werden, wie Jagang ihn ihr geschildert hatte. Er erfüllte sie mit ehrfurchtsvollem Staunen. Die anspornenden Worte Bruder Narevs aus ihrer Jugendzeit erklangen aus den Tiefen ihrer Erinnerung wie ein heiliger Chor, als sie die imposante Kulisse betrachtete.
    Die Mauern reichten bereits bis über die Fensteröffnungen im ersten Stock. In einigen Abschnitten wurden gerade Deckenbalken zwischen den Innenwänden eingezogen, die das nächste Stockwerk stützen sollten. Aber es war das Äußere, das ihr den Atem raubte. Die steinernen Mauern waren mit einem Fries aus Schnitzereien versehen, in einem Maßstab, wie sie ihn sich niemals vorzustellen vermocht hätte. Genau wie Bruder Narev es angeordnet hatte, besaßen die Schnitzereien eine anspornende und überzeugende Wirkung. Nicci sah, wie Menschen diese Kunstwerke betrachteten und in Tränen ausbrachen ob der in Stein nacherzählten Geschehnisse, ob jenes jammervollen Geschöpfes, das der Mensch darstellte, und der unerreichbaren Herrlichkeit, die der Vollkommenheit des Schöpfers innewohnte. Angesichts dieser bewegenden Einblicke konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der Orden die einzige Chance der Menschheit auf Erlösung war. Genau wie Jagang es verheißen hatte, würde dieser Palast die Menschen zu überwältigenden Gefühlen rühren.
    »Warum stehen diese Pfähle dort?«, fragte sie Ishaq, während sie schnellen Schritts über den gepflasterten Fußweg gingen, auf dem die Menschen verweilten, um bei der Entstehung des Baus zuzusehen, während andere niederknieten, um vor verschiedenen grauenhaften an den Wänden dargestellten Szenen zu beten.
    »Das sind Bildhauer.« Ishaq nahm seine rote Mütze ab, während er den Anblick auf sich wirken ließ. »Sie waren angeblich an der Rebellion beteiligt.«
    Niccis Blick wanderte von einem verwesenden Leichnam an der Spitze der Pfähle zum nächsten. »Warum hätten sich ausgerechnet Bildhauer an der Rebellion beteiligen sollen? Sie haben doch Arbeit.« Mehr noch, sie durften an den Darstellungen zum Ruhme des Ordens arbeiten. Gerade sie hätten doch wissen müssen, dass allein das Leiden in diesem Leben ihnen Hoffnung auf eine Belohnung im nächsten bot.
    »Ich habe nicht gesagt, sie haben sich beteiligt. Ich sagte, sie hätten sich angeblich beteiligt.«
    Nicci unterließ es, den Mann zurechtzuweisen. Die Menschen waren korrupt. Es gab niemanden, den man nicht hätte hinrichten können, ohne dass dies gerechtfertigt gewesen wäre. Richard eingeschlossen.
    Viele der Steine unter den Schutzdächern, wo die Männer gearbeitet hatten, lagen jetzt unnütz herum. Rampen und Arbeitsgerüste wurden errichtet, damit die Steinmetze ihre Arbeit an den Palastmauern wieder aufnehmen konnten. Während diese ihre Steine einfügten, waren andere Männer – ausnahmslos Sklavenarbeiter – damit beschäftigt, gewaltige Quader über die Rampen zu ihnen hinaufzuhieven, körbeweise Mörtel oder Erde und Gestein herbeizuschleppen oder in Gräben an der Errichtung jener unterirdischen Zellen zu arbeiten, in denen der Orden die Welt von den übelsten Sündern säubern würde und wo Verbrecher auch in Zukunft ihre Vergehen gestehen sollten.
    Es war eine entsetzliche Angelegenheit, andererseits war es unmöglich, einen Garten anzulegen, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen.
    Die Werkstatt des Schmieds oben am Hang eines Hügels, der einen Ausblick über das gewaltige Bauvorhaben gewährte, war die größte, die sie je zu Gesicht bekommen hatte. Bei einem Vorhaben dieses Ausmaßes war das allerdings durchaus nachvollziehbar. Sie wartete draußen, während Ishaq flugs hineinging, um den Schmied für sie zu holen.
    Das Geräusch der auf Stahl erklingenden Hämmer, die Gerüche der Esse, des Rauches, der Öle und Säuren sowie der Salzlake, all das rief eine Flut von Erinnerungen an die Werkstatt ihres Vaters hervor. Einen winzigen Augenblick lang

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