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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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von Stein auf Stein.
    Richard ließ den Arm sinken, mit dem er den Hammer hielt, und sah auf. Mit seiner Linken, in der er noch immer den gespleißten Meißel hatte, wischte er sich den staubigen Schweiß von der Stirn.
    »Aber ja, Bruder Narev. Damals habe ich beim Eisentransport gearbeitet. Eines Tages brachte ich dem Schmied eine Fuhre, und da hatte ich die Ehre, Eure Bekanntschaft zu machen.«
    Bruder Narev runzelte misstrauisch die Stirn. Richard gestattete sich nicht den geringsten Riss in seiner Fassade unbekümmerter Gelassenheit.
    »Erst einfacher Arbeiter und jetzt Bildhauer?«
    »Ich besitze Fähigkeiten, die ich mit Freude in den Dienst meiner Mitmenschen stelle. Ich bin überaus dankbar, dass mir der Orden die Gelegenheit gibt, mir durch dieses Opfer meinen Lohn im Leben nach dem Tode zu verdienen.«
    »Mit Freude.« Neal, der Schatten des Geistes, trat vor. »Es erfüllt dich mit Freude, als Bildhauer zu arbeiten, ja?«
    »Ganz recht, Bruder Neal.«
    Dass Kahlan lebte, erfüllte ihn mit Freude; alles andere kümmerte ihn nicht. Er war ein Gefangener, und was er tun musste, um Kahlans Leben zu erhalten, würde er tun, mehr nicht. Richards unterwürfige Haltung veranlasste Bruder Neal zu einem überlegenen Feixen. Der Mann erschien des Öfteren, um den Bildhauern Vorträge zu halten, und Richard hatte den Mann nur zu gut kennen gelernt. Da die Arbeit der Bildhauer das überaus einflussreiche Gesicht war, das der Palast den Menschen präsentieren würde, war sie für die Bruderschaft des Ordens von entscheidender Bedeutung. Richard war schon häufiger zum Ziel der leidenschaftlichen Ansprachen Neals geworden. Neal, ein Zauberer und kein Hexenmeister wie Bruder Narev, schien das stete Bedürfnis zu verspüren, in Richards Nähe seine moralische Autorität unter Beweis zu stellen. Richard bot ihm keinen Angriffspunkt, trotzdem fuhr Neal unbeirrt damit fort, mit allen Mitteln danach zu suchen.
    Bruder Narev war bis zur Verbohrtheit von seinen Worten überzeugt: die Menschheit war schlecht; nur wer seinen Mitmenschen selbstlos Opfer brachte, konnte je auf Erlösung nach dem Tode hoffen. Dieser Glaube hatte nichts Freudiges, sondern unbarmherzige Pflichterfüllung zum Inhalt.
    Neal dagegen schäumte geradezu über vor Empfindsamkeit. Er glaubte mit einem Gefühl leidenschaftlichen, glühenden, fast schon arroganten Stolzes an die Lehren des Ordens und war von der freudigen Überzeugung erfüllt, die Welt bedürfe einer eisenharten Führung, zu der nur Intellektuelle seines Schlages fähig waren – selbstverständlich in widerwilliger Hochachtung vor Bruder Narev.
    Mehr als einmal hatte Richard mitgehört, wie Neal im Brustton der Überzeugung verkündete, wenn er Befehl geben müsste, einer Million Unschuldiger die Zunge herauszuschneiden, so sei dies allemal besser, als einem Einzigen zu erlauben, wider die selbstverständliche Redlichkeit der Methoden des Ordens zu lästern.
    Bruder Neal, ein junger Mann mit jugendlich unverbrauchtem Gesicht – was aber in Anbetracht von Niccis Bemerkung, er habe früher im Palast der Propheten gelebt, zweifellos eine Täuschung war – begleitete Bruder Narev oft und sonnte sich in der Gunst seines Mentors. Neal war Bruder Narevs Erster Stellvertreter. Sein Gesicht mochte jugendlich und unverbraucht sein, seine Gedanken waren es nicht. Tyrannei gab es schon seit Menschengedenken, auch wenn Neal der Selbsttäuschung erlegen war, darin, vorausgesetzt, er und seine Kumpane bedienten sich ihrer, die strahlend neue Errettung der Menschheit zu sehen. Seine Vorstellungen waren wie eine Geliebte, der er sich mit grenzenloser, blinder Leidenschaft in die Arme warf – eine Wahrheit, die sich einzig der Lust des Liebenden offenbarte.
    Nichts erregte schneller seinen Zorn als der leiseste Anflug von Diskussion und Widerspruch, ganz gleich wie wohl begründet. In der Hitze seiner Leidenschaft war Neal absolut bereit, jeden Widerspruch im Keim zu ersticken, jeden Widerstand auszumerzen und jede beliebige Zahl von Menschen umzubringen, die es versäumten, das Haupt vor dem Podest zu neigen, auf das er seine unwiderlegbaren, großmütigen Ideale gehoben hatte.
    Kein Elend, kein Versagen, kein noch so großes Ausmaß an Wehklagen, Seelenpein und Tod vermochte seine glühende Überzeugung abzuschwächen, die Methoden des Ordens seien für die Menschheit der einzig richtige Weg.
    Die übrigen Jünger, die wie Neal sämtlich braune Kapuzengewänder trugen, waren ein bunt zusammengewürfelter

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