Schwester der Finsternis - 11
»Nicht, Cara!«
Einen verdrießlichen Ausdruck im Gesicht, nahm Cara ihren Strafer wieder vom Hals des jungen Mannes. Seine Augen waren, sowohl aus Angst als auch aus Empörung, weit aufgerissen.
»Diebe! Ihr seid Diebe! Das gehört Euch nicht! Legt das wieder hin!«
Kahlan stürzte auf den jungen Mann zu und bedeutete ihm, die Stimme zu senken.
»Lautet dein Name Kamil oder Nabbi?«
Überrascht kniff der junge Mann die Augen halb zu. Sich die Lippen benetzend, warf er einen Blick über die Schulter, hin zu der Frau, die ihn in Schach hielt.
»Ich bin Kamil. Wer seid Ihr? Woher kennt Ihr meinen Namen?«
»Ich bin ein Freund. Von Gadi weiß ich…«
»Dann seid Ihr kein Freund!«
Bevor er um Hilfe schreien konnte, hielt ihm Cara die Hand über den Mund.
Kahlan brachte ihn zum Schweigen. »Gadi hat einen Freund von uns getötet. Nachdem wir ihn gefangen genommen hatten, verriet er mir deinen Namen.«
Als sie sah, dass ihn die Nachricht überraschte, bedeutete Kahlan Cara, ihre Hand zu senken.
»Gadi hat jemanden umgebracht?«
»So ist es«, bestätigte Cara.
Er warf einen verstohlenen Blick über seine Schulter. »Was habt Ihr mit ihm gemacht? Mit diesem Gadi?«
»Wir haben ihn hingerichtet«, antwortete Kahlan, ohne ihm das genaue Strafmaß zu verraten.
Der junge Mann lächelte. »Dann seid Ihr wirklich Freunde. Gadi ist ein schlechter Mensch. Er hat meinen Freund verletzt. Ich hoffe, er hat gelitten.«
»Es hat lange gedauert, bis er starb«, bestätigte Cara.
Der junge Mann schluckte, als er ihr Grinsen hinter seiner Schulter bemerkte. Kahlan gab Cara ein Zeichen, ihn loszulassen.
»Und wer seid Ihr beide?«, fragte er.
»Mein Name ist Kahlan, und das hier ist Cara.«
»Und was tut Ihr hier?«
»Das ist ein wenig kompliziert, aber wir sind auf der Suche nach Richard.«
Sein Misstrauen kehrte zurück. »Ach ja?«
Kahlan lächelte. Er war tatsächlich ein Freund von Richard. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und schaute ihm in die Augen.
»Ich bin seine Gemahlin. Seine wirkliche Gemahlin.«
Kamil blinzelte sprachlos. »Aber, aber…«
Kahlans Stimme wurde härter. »Nicci ist nicht seine Ehefrau.«
Seine Augen füllten sich mit Tränen, während ein Lächeln über sein Gesicht huschte. »Ich wusste es. Ich wusste, dass er sie nicht liebt. Ich habe nie verstanden, wie Richard sie heiraten konnte.«
Plötzlich schlang Kamil seine Arme um Kahlan und drückte sie aus einem Gefühl überbordender Glückseligkeit für Richard an sich. Leise lachend strich Kahlan dem jungen Mann übers Haar. Cara packte ihn am Kragen und zog ihn zurück, aber wenigstens tat sie es behutsam.
»Und Ihr?«, fragte Kamil an Cara gewandt.
»Ich bin eine Mord…«
»Cara ist eine gute Freundin von Richard.« Daraufhin schlang Kamil unerwartet auch Cara die Arme um den Hals. Kahlan befürchtete schon, die Mord-Sith könnte ihm den Schädel einschlagen, doch sie ließ es höflich über sich ergehen, auch wenn ihr nicht ganz wohl dabei zumute war. Kahlan glaubte, Cara sogar lächeln gesehen zu haben.
Kamil wandte sich wieder an Kahlan. »Aber was hat Richard dann mit Nicci zu schaffen?«
Kahlan atmete tief durch. »Das ist eine lange Geschichte.« »Erzählt sie mir.«
Einen Augenblick lang sah Kahlan ihm abschätzend in seine dunklen Augen. Ihr gefiel, was sie dort sah. Trotzdem hielt sie es für das Beste, sich einfach auszudrücken.
»Nicci ist eine Hexenmeisterin. Sie hat Richard mit Hilfe von Magie gezwungen, sie zu begleiten.«
»Magie? Was für Magie?«, hakte er nach.
Kahlan atmete abermals tief durch. »Sie hätte ihre Magie dazu benutzen können, mich zu verletzen oder gar zu töten, wenn Richard nicht einverstanden gewesen wäre, sie zu begleiten.«
Den Blick gen Himmel gerichtet, dachte Kamil darüber nach; schließlich nickte er. »Klingt logisch. Das entspricht ganz Richards Art – er würde alles tun, um die Frau zu retten, die er liebt. Ich weiß, dass er Nicci nie geliebt hat.«
»Und woher weißt du das?«
Kamil deutete auf die beiden Nachtlager. »Er hat nicht bei ihr geschlafen. Ich wette, bei Euch hat er geschlafen, wenn Ihr zusammen wart.«
Kahlan spürte, wie seine Offenheit sie erröten ließ. »Woher weißt du das?«
»Ich weiß es nicht.« Er kratzte sich am Kopf. »Ihr seht einfach so aus, als würdet Ihr zu ihm gehören. Wenn Ihr seinen Namen aussprecht, spüre ich, wie viel Zuneigung Ihr für ihn empfindet.«
Kahlan konnte sich trotz ihrer Müdigkeit eines Lächelns
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