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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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angeliefert. Andere Karren, mit Geleitschutz, transportierten fertige Waren zu weit entfernten Kunden. Es gab Arbeiter, die Metall schmiedeten, Arbeiter, die Metall gossen, Arbeiter, die es in Form hämmerten, und wieder andere, die aus glühendem Metall Waffen formten. Einige der Klingen wurden aus kostbarem ›Giftstahl‹ hergestellt, der angeblich selbst bei kleinsten Verletzungen tödliche Wunden hinterließ. Es gab andere Arbeiter, die Klingen schliffen, Arbeiter, die Rüstungen polierten, und solche, die Schilde, Rüstungen und Klingen mit wunderschönen Gravuren und kunstvollen Illustrationen versahen. Es gab sogar Frauen, die für Niccis Vater arbeiteten und die bei der Herstellung von Kettenpanzern halfen. Nicci schaute ihnen zu, wie sie auf Bänken an langen Holztischen saßen, manchmal die Köpfe zusammensteckten und über irgendwelche Geschichten kicherten, während sie mit ihren Pinzetten winzige Häkchen am abgeflachten Ende Tausender kleiner Stahlringe zurechtbogen, aus denen schließlich eine komplette Kettenpanzerrüstung entstand. Nicci fand es erstaunlich, dass der Erfindungsgeist des Menschen etwas so Hartes wie Metall in ein Kleidungsstück verwandeln konnte.
    Aus dem gesamten Umland und auch von weit her kamen Männer, um die Waffen und Rüstungen ihres Vaters zu kaufen. Ihr Vater behauptete, es seien die besten, die hergestellt wurden. Seine Augen, von der Farbe des Himmels an einem wolkenlosen Sommertag, begannen eigenartig zu leuchten, wenn er von seinen Waffen und Rüstungen erzählte. Vieles davon war so prachtvoll, dass Könige von weit her angereist kamen, um eine Rüstung zu bestellen und anpassen zu lassen. Manches war so kunstvoll gemacht, dass erfahrene Arbeiter viele Monate über die Werkbänke gebeugt daran zu arbeiten hatten.
    Hufschmiede, Balgentreter, Hämmerer, Mühlenarbeiter, Stanzer, Waffenschmiede, Polierer, Lederarbeiter, Nietschläger, Modellschlosser, Silberschmiede, Kunstgraveure, ja sogar Näherinnen für die Herstellung gesteppten und wattierten Leinens, und natürlich auch Lehrlinge – alle kamen von weit her, in der Hoffnung, für ihren Vater arbeiten zu können. Viele der gelernten Handwerker brachten Proben ihrer besten Werkstücke mit, um sie ihm zu zeigen. Niccis Vater wies jedoch weit mehr von ihnen ab, als er einstellte.
    Niccis Vater war eine beeindruckende Erscheinung, aufrecht, kantig und voller Ausstrahlung. Nicci hatte stets den Eindruck, dass seine Augen bei der Arbeit mehr sahen als jeder andere, so als spräche das Metall zu ihm, wenn er mit den Fingern darüber strich. Er schien sich gerade nur soviel wie eben nötig zu bewegen, nicht mehr. Für Nicci war er das Sinnbild von Kraft, Stärke und Zielstrebigkeit.
    Offiziere, Beamte und Adlige schauten ebenso wie Lieferanten und seine Arbeiter vorbei, um sich mit ihm zu unterhalten. Wenn Nicci den Betrieb ihres Vaters aufsuchte, war sie stets erstaunt, ihn in so viele Gespräche verwickelt zu sehen. Ihre Mutter sagte, das läge daran, dass er arrogant sei und seine armen Arbeiter zwinge, um ihn herumzuscharwenzeln.
    Es gefiel Nicci, das komplizierte Zusammenspiel arbeitender Menschen zu beobachten. Gewöhnlich hielten die Arbeiter kurz inne, um ihr zuzulächeln, ihre Fragen zu beantworten und sie manchmal mit einem Hammer auf Metall schlagen zu lassen. Dem Anschein nach genoss es auch ihr Vater, sich mit all diesen Leuten zu unterhalten. Zu Hause war es Mutter, die redete, Vater sprach wenig, und sein Gesicht nahm die Farbe geschmiedeten Stahls an.
    Wenn er zu Hause einmal etwas sagte, dann betraf es fast ausschließlich seine Arbeit. Nicci, die alles über ihn und sein Geschäft lernen wollte, nahm jedes Wort begierig auf. Ihre Mutter teilte ihr im Vertrauen mit, sein verruchtes Wesen zerfresse die unsichtbare Seele tief in seinem Innern. Nicci hoffte stets, seine Seele eines Tages erlösen und sie ebenso gesund machen zu können, wie er selbst nach außen hin wirkte.
    Er liebte Nicci von ganzem Herzen, schien aber zu glauben, die Aufgabe, sie großzuziehen, sei eine zu weihevolle Aufgabe für seine derben Hände, weshalb er dies ihrer Mutter überließ. Selbst wenn er mit etwas nicht einverstanden war, beugte er sich ihren Wünschen und sagte, sie kenne sich am besten in solchen Familienangelegenheiten aus.
    Seine Arbeit ließ ihm kaum Zeit für etwas anderes. Niccis Mutter behauptete, es sei ein Beweis für seine leere Seele, dass er so viel Zeit darauf verwendete, seinen Reichtum zu mehren – andere

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