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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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zurück, als er weitersprach. »Wir alle hier sind Soldaten der Bruderschaft – der Bruderschaft des Ordens –, wie wir unsere kleine Gruppe nennen. Soldaten im Kampf für Gerechtigkeit.«
    Alle schienen zu eingeschüchtert, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Sie riskierten einen flüchtigen Blick, sahen fort, blickten wieder hin, so als sei sein Gesicht nicht dafür bestimmt, mit einem Mal erfasst zu werden, sondern nur in kleinen Zügen, wie eine siedend heiße, übel schmeckende Medizin.
    Die braunen Augen ihrer Mutter huschten nervös umher wie eine Kakerlake auf der Suche nach einer Ritze. »Aber gewiss doch, Bruder Narev. Das ist die einzig moralische Art, Soldat zu sein – als wohltätiger Mensch.« Sie drängte Nicci, aufzustehen, und scheuchte sie nach vorn. »Nicci, Bruder Narev hier ist ein bedeutender Mann. Er ist der Hohepriester der Bruderschaft des Ordens – einer uralten Sekte, die sich dem Willen des Schöpfers in dieser Welt verschrieben hat. Bruder Narev ist ein Hexenmeister.« Sie bedachte ihn mit einem Lächeln. »Bruder Narev, das ist meine Tochter Nicci.«
    Die Hände ihrer Mutter schoben sie zu dem Mann hin, als sei sie eine Opfergabe an den Schöpfer. Im Gegensatz zu allen anderen konnte Nicci den Blick nicht von seinen halb geöffneten Augen lassen. Sie hatte noch nie etwas Vergleichbares gesehen.
    In ihnen war nichts als dunkle, kalte Leere.
    Er reichte ihr eine Hand. »Freut mich, dich kennen zu lernen, Nicci.«
    »Mach einen Knicks und küsse ihm die Hand, Liebes«, soufflierte ihre Mutter.
    Nicci ging auf ein Knie. Sie küsste die Knöchel, damit ihre Lippen nicht mit dem Geflecht aus aufgedunsenen, dicken blauen Venen in Berührung kamen, das den haarigen, vor ihrem Gesicht schwebenden Handrücken überzog. Die weißlichen Knoten waren kalt, wenn auch nicht eisig, wie sie erwartet hatte.
    »Wir heißen dich in unserer Bewegung willkommen, Nicci«, sagte er mit der tiefen, rasselnden Stimme, die ihm eigen war. »Wenn deine Mutter dich mit fürsorglicher Hand großzieht, wirst du das Werk des Schöpfers tun, das weiß ich.«
    Nicci dachte, dass der Schöpfer diesem Mann sehr ähnlich sein musste.
    Von all den Dingen, die ihre Mutter ihr erzählt hatte, fürchtete Nicci am meisten den Zorn des Schöpfers. Sie war alt genug, um zu wissen, dass sie anfangen musste, all die guten Werke zu tun, von denen ihre Mutter unentwegt redete, wenn sie eine Chance haben wollte, ihr Seelenheil zu finden. Alle redeten davon, wie fürsorglich und tugendhaft ihre Mutter war. Nicci wollte ebenfalls ein guter Mensch werden.
    Doch Gutes zu tun schien so schwierig, so ernst – ganz anders als die Arbeit ihres Vaters, wo die Menschen lächelten und lachten und mit den Händen redeten.
    »Danke, Bruder Narev«, sagte Nicci. »Ich werde mein Bestes tun, um Gutes in der Welt zu tun.«
    »Eines Tages werden wir mit Hilfe so prächtiger junger Menschen wie dir die Welt verändern. Ich gebe mich keinen Illusionen hin; angesichts des Ausmaßes der Gleichgültigkeit unter den Menschen wird es eine Weile dauern, die Herzen wahrhaft Bekehrter zu gewinnen, aber wir in diesem Zimmer hier bilden gemeinsam mit den anderen Gleichgesinnten überall im Land den Grundstein der Hoffnung.«
    »Dann ist die Bruderschaft also geheim?«, fragte Nicci flüsternd.
    Alles lachte amüsiert in sich hinein. Bruder Narev lachte nicht, sein Mund lächelte wieder. »Nein, Kind, ganz im Gegenteil. Es ist unser inbrünstiger Wunsch und höchstes Ziel, die Wahrheit über die Verderbtheit der Menschen zu verbreiten. Der Schöpfer ist vollkommen, wir Sterbliche sind nichts weiter als bedauernswerte Kreaturen. Wir müssen die Verderbtheit unseres Wesens erkennen, wenn wir darauf hoffen wollen, seinem gerechten Zorn zu entgehen und in der nächsten Welt Erlösung zu erlangen. Selbstaufopferung für das Wohl aller ist der einzige Weg zum Seelenheil. Unsere Bruderschaft steht allen offen, die bereit sind, von sich zu geben und ein sittliches Leben zu führen. Die meisten Menschen nehmen uns nicht ernst. Eines Tages werden sie es.«
    In gespannter, stiller Aufmerksamkeit verfolgte man im ganzen Zimmer mit glänzenden Augen, wie seine tiefe, kräftige Stimme anschwoll, als spreche der Zorn des Schöpfers selbst aus ihr.
    »Einst wird der Tag kommen, da die glühenden Flammen der Veränderung über das Land hinwegfegen, um die Alten, die Absterbenden und die Verderbten zu verbrennen, damit aus den schwarzverkohlten Trümmern der Sünde eine neue

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