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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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nachsuchten, sie zu übernehmen. Einige Betriebe versuchten zu helfen, die meisten waren jedoch nicht in der Lage, zusätzliche Arbeiter einzustellen.
    Die Waffenschmiede war der größte Arbeitgeber der Region gewesen; andere Betriebe, darunter Handelsbetriebe, kleinere Zulieferer und Transportunternehmen, die von der Waffenschmiede abhängig gewesen waren, gingen aus Mangel an Aufträgen Pleite. Geschäfte in der Stadt, vom Bäcker bis hin zum Schlachter, verloren Kunden und waren gezwungen, Arbeiter zu entlassen.
    Niccis Mutter bat den Herzog, mit dem König zu sprechen. Der Herzog erwiderte, der König denke bereits über das Problem nach.
    Als die Menschen die Stadt verließen, um woanders in aufstrebenden Städten Arbeit zu finden, mussten neben der Waffenschmiede von Niccis Vater auch andere Gebäude aufgegeben werden. Auf Drängen der Bruderschaft übernahmen Hausbesetzer viele der leer stehenden Häuser. Die verlassenen Gebäude wurden zum Schauplatz von Raubüberfällen und sogar Morden, und manch eine Frau, die sich in die Nähe dieser Orte wagte, sollte dies bedauern. Niccis Mutter konnte die Waffen aus der geschlossenen Waffenschmiede nicht verkaufen, daher verteilte sie sie an die Bedürftigen, damit diese sich selbst schützen konnten. All ihren Bemühungen zum Trotz stieg die Kriminalität nur noch weiter an.
    Als Anerkennung für ihre guten Werke und die Dienste, die ihr Vater für die Regierung geleistet hatte, bewilligte der König Niccis Mutter eine Pension, die es ihr erlaubte, bei eingeschränktem Personal in ihrem Haus wohnen zu bleiben. Sie setzte ihre Arbeit für die Bruderschaft fort und versuchte all die Ungerechtigkeiten auszuräumen, die ihrer Ansicht nach für das Scheitern des Betriebs verantwortlich waren. Sie hoffte, das Geschäft eines Tages wieder zu eröffnen und Leute einzustellen. Der König belohnte sie für ihre rechtschaffene Arbeit mit einer silbernen Medaille. Niccis Mutter schrieb, der König habe öffentlich erklärt, noch nie einen Menschen gesehen zu haben, der einer Fleisch gewordenen Guten Seele so nahe gekommen sei; Nicci erhielt des Öfteren Nachricht von irgendwelchen Auszeichnungen, die ihre Mutter für ihr uneigennütziges Werk verliehen bekam.
    Als ihre Mutter achtzehn Jahre später starb, sah Nicci immer noch aus wie eine junge Frau von vielleicht siebzehn Jahren. Sie wünschte sich ein elegantes schwarzes Kleid, um es zu ihrer Beerdigung zu tragen – das eleganteste, das man bekommen konnte. Der Palast befand, eine solche Bitte stehe einer Novizin nicht gut zu Gesicht und komme nicht in Frage. Es hieß, man werde ihr nur schlichte, bescheidene Kleidung zur Verfügung stellen.
    Als Nicci zu Hause eintraf, suchte sie den Schneider des Königs auf und erklärte ihm, sie benötige für das Begräbnis ihrer Mutter das eleganteste schwarze Kleid, das er je angefertigt habe. Er nannte ihr den Preis. Sie teilte ihm mit, dass sie kein Geld besäße, das Kleid aber trotzdem brauche.
    Der Schneider, ein Mann mit Dreifachkinn, schmalzigem, aus den Ohren wucherndem Flaum, unnatürlich langen, gelblichen Fingernägeln und einem unmissverständlich lüsternen Feixen, erwiderte, auch er brauche gelegentlich gewisse Dinge. Er beugte sich zu ihr, ihren weichen Arm in seinen knotigen Fingern, und ließ durchblicken, er werde, wenn sie sich seiner Bedürfnisse annehme, bei ihr das Gleiche tun.
    Bei der Beerdigung ihrer Mutter trug Nicci das eleganteste schwarze Kleid, das jemals angefertigt worden war.
    Ihre Mutter hatte ihr ganzes Leben den Bedürfnissen anderer gewidmet. Nie wieder würde Nicci sich darauf freuen können, in ihre kakerlakenbraunen Augen zu blicken. Anders als bei der Beerdigung ihres Vaters verspürte Nicci keinen Schmerz, der sich in ihren Körper hineinbohrte, um jene unergründliche Stelle in ihrem Innern zu berühren. Nicci war sich im Klaren, dass sie ein fürchterlicher Mensch war.
    Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass es sie aus irgendeinem Grund nicht länger scherte.
    Von jenem Tag an trug Nicci keine andere Farbe mehr als Schwarz.
    Einhundertundzwanzig Jahre später sah Nicci – am Geländer stehend, das den großen Saal umrahmte – in ein Augenpaar, aus dem ihr ein Gespür für innere, lieb gewonnene Werte entgegenschaute, und war überwältigt. Doch was in den Augen ihres Vaters nur ein unsicheres Glimmen gewesen war, loderte in Richards Augen wie ein gewaltiges Feuer. Was es war, wusste sie noch immer nicht.
    Sie wusste nur, dass es den

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