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Schwester der Toten

Schwester der Toten

Titel: Schwester der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Wunder glitt sie sanft und leise ins Schloss.
    »Du Arsch!«, pflaumte Carlos und verpasste Philip einen schmerzhaften Stoß gegen die Schulter. »Schau, was du durch deine Trantütigkeit erreicht hast. Wir wären längst draußen!«
    »Sorry«, meinte Philip, obwohl er sich gar nicht entschuldigen wollte. Wofür denn auch? »Du willst ausbrechen?«
    »Wer redet denn hier von ausbrechen?« Carlos wieherte, während er sich auf seine Pritsche niederließ. »Wir werden freigelassen.«
    »Das glaub ich nicht.«
    »Dann lass es bleiben.«
    »Wieso?«, hakte Philip nach.
    »Wieso was?«
    »Wieso er dich rauslässt.«
    »Sagen wir, er ist mir einen Gefallen schuldig.«
    »Du erpresst ihn?«
    »Wenn du es so nennen willst.«
    »Mit was?«
    »Geht dich einen Scheißdreck an. Sei froh, dass ich dich überhaupt mitnehme.«
    »Wer sagt, dass ich mitkomme?«
    Carlos blies die Luft mit einem höhnischen Prusten aus. »Und ob du mitkommen willst. Irgendwas hast du auf der Pfanne, das seh ich auf den ersten Blick.«
    Philip überlegte. Eine Flucht würde die Angelegenheit nur noch verzwickter für ihn machen. Jemand, der flüchtete, gestand der nicht auch irgendwie seine Schuld ein? Ja genau, das war der Vorwurf von Kommissar Berger während der Vernehmung gewesen. Wer also kein schlechtes Gewissen besaß, brauchte nicht abhauen. Doch Philip hatte seine berechtigten Zweifel, dass Berger dieser Logik folgen und ihn freilassen würde, wenn er – anders als Carlos – am nächsten Morgen noch in der Zelle saß. Erschwerend kam hinzu: Er war bereits einmal geflohen, hatte sich in einer wilden Verfolgungsjagd über die Dächer Berlins seiner Festnahme entzogen – machte es da noch einen Unterschied, ein zweites Mal abzuhauen?
    Viel wichtiger war, wenn er jetzt hier raus kam, hatte er die Chance, seine Großmutter zu sehen – und zu sprechen. Solange sie noch lebte.
    Carlos hatte Recht. Er konnte gar nicht anders. Er musste raus hier.
    »Und jetzt?«, fragte er. »Ist Rotschopf verschwunden?«
    »Wer?«
    »Na, dein Freund…«
    »Blödsinn, er ist nicht mein Freund.«
    »Was auch immer…«
    Carlos kicherte. »Wie nennst du ihn?«
    »Rotschopf.«
    Er lachte. »Das ist gut.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Kommt er zurück?«
    »Klar kommt er gleich wieder.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es einfach. Frag nicht so viel.«
    Schweigend saßen sie in der finsteren Zelle, jeder auf seiner ausgefransten Matratze. Die Kälte haftete nach wie vor an Philips Körper, fraß sich in seine Glieder, und seine Zähne schlugen klappernd aufeinander. Er sah zu dem kleinen Fenster hinauf. Es war dicht. In der Zelle wurde einfach nicht geheizt.
    Schritte näherten sich. »Endlich«, meinte Carlos.
    Doch wer immer durch den Gang jenseits der Zelle lief, hatte nicht die Absicht, sie freizulassen. Die Schritte verklangen, und die Minuten verstrichen ereignislos. Dann klackerte es an der Tür, sie ging auf. Gedämpftes Neonlicht fiel in den Raum und auf eine untersetzte Gestalt.
    »Na endlich«, sagte Carlos.
    »Halt bloß die Fresse!«, herrschte der Polizist ihn an. »Ich dürfte gar nicht hier sein. Wenn das rauskommt, kostet es mich meinen Arsch…« Seine Stimme verlor sich in einem verworrenen Murmeln. Carlos war zur Tür gelaufen und baute sich auf, die Faust nur Millimeter vor dem Gesicht des Polizisten.
    »Ich sag dir jetzt was, Bulle: Halt du besser deine Fresse. Dann halte ich meine.« Er deutete einen Reißverschluss an, mit dem er seine Lippen versiegelte. »Und jetzt führ uns raus hier, Rotschopf.«
    Der Beamte riss die Augen auf. »Wie hast du mich genannt?«
    »So nennt dich mein Bruder.«
    »‘nen tollen Bruder hast du.« Der Blick, den er Philip zuwarf, drückte pure Verachtung aus. Dann blickte er in beide Richtungen des Flurs und wies sie mit einer hastigen Handbewegung an, ihm zu folgen. Philip griff nach dem Pullover. Auch wenn er gotterbärmlich stank, es war Winter draußen, und mit seinem T-Shirt würde er sich innerhalb von Minuten eine Lungenentzündung holen. Er eilte den beiden Männern im Laufschritt hinterher. Die Bewegung vertrieb die Kälte erst einmal aus seinen Gliedern.
    Der Polizist führte sie einen schmalen Gang entlang, der vom Hauptflur mit den Gewahrsamszellen abzweigte. Hinter einer Stahltür stiegen sie Stufen hinab, durchschritten einen Keller, der voller murmelnder Heizkörper war, surrend wie die Lüfter von Scheinwerfern. Er beeilte sich, mit den beiden Männern Schritt zu halten.
    Stufen

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