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Schwester der Toten

Schwester der Toten

Titel: Schwester der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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ich habe mich nicht gerade intelligent dabei angestellt, ihm entgegenzukommen.«
    Ken räusperte sich. »Nehmen wir einfach mal an, er wäre es. Es wäre der gleiche Mann, meine ich.« Er machte eine Pause, leerte sein Glas mit einem langen Zug, rülpste und sagte dann: »Was will er dir sagen?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Will er dich warnen?«
    »Ich befürchte ja.«
    »Mit Euromünzen?«
    »Ken!«
    »Ist schon gut. Wovor will er dich warnen?« Philip rieb sich nachdenklich das Kinn. Er hatte Ritz’ Mutter das Leben gerettet, damit ihr Sohn schließlich ihm das Leben retten konnte, so viel hatte er begriffen. Doch er hatte zugleich das ungute Gefühl, dass er nur die Spitze eines Eisbergs sah. Wer versuchte ihn zu warnen? Warum? Und wichtiger noch: wovor? Diesmal wird es niemand aufhalten können… »Vielleicht ist es dazu schon zu spät«, sagte er. Ken lächelte. »Die Hoffnung stirbt zuletzt.«
    »Oh Mann, du und deine Zitate.«
    »Aber sie passen immer«, lachte Ken. Dann wurde er übergangslos wieder ernst. »Wenn das wahr ist, was du mir erzählt hast…«
    »Ken, ich würde dich nicht anlügen. Was hätte ich davon?«
    »Ist ja gut«, sagte Ken. »Versteh mich nicht falsch.« Philip flüsterte: »Du glaubst mir nicht, oder?« Ken rieb sich die Augen. »Ich weiß nicht, ob ich dir glaube.«
    »Glaubst du mir oder glaubst du mir nicht?«
    »Philip«, bat Ken, »darum geht es nicht. Nicht darum, ob ich dir glaube. Es geht darum, dass ich akzeptiere, was du mir erzählt hast. Egal, ob es abgefahren klingt oder nicht.«
    »Das hatten wir heute Morgen schon einmal.«
    »Ich weiß, ich weiß. Und ich weiß auch, was ich heute Morgen darauf geantwortet habe.«
    »Und warum wolltest du es jetzt wissen?« Ken sah ihn an. »Warum scheißt der Papst nicht in den Wald? Was weiß ich? Ich akzeptiere es. So wie ich deine Geschichte akzeptierte. Also akzeptiere du es auch.«
    Philip blickte ihn an. »Also, angenommen, was ich dir erzählt habe, wäre wahr, was hieße das dann?«
    »Wenn das wahr ist, was du erzählt hast, dann stellt sich mir eine interessante Frage.«
    Philip ahnte, welche Frage das war. »Und die wäre?«
    »2018, diese Jahreszahl auf den Euromünzen.« Ken schnaufte. »Denkst du das Gleiche wie ich?«
    Philip nickte. »Es gibt da noch jemanden, der wie ich die Grenze zwischen Raum und Zeit überschreiten kann und Menschen rettet.«
    »Zum Beispiel vor dem Tod.«
    »Zum Beispiel mich.«
    Sie schwiegen. Ken sah auf sein leeres Glas. »Oh Mann, diese Geschichte ist wirklich absolut abgefahren.« Seine Augen bekamen einen trüben Glanz. »Glaubst du… du wirst herausfinden, warum dies alles geschieht?«
    »Ich hoffe es.«
    »Wenn ich nur wüsste, wie ich dir helfen kann.«
    Gerührt blickte Philip seinen Freund an. »Du hilfst mir schon genug. Allein, dass ich bei dir unterkommen darf, das ist mehr, als ich erwartet habe.«
    »Hey Mann, ich bin dein Freund.«
    »Bist du das? Auch noch nach dem, was ich dir erzählt habe? Oder wirst du morgen auf Bonnies Ranch anrufen und mich einliefern lassen?«
    »Piss die Wand an, du unverbesserliches Arschloch.« Er gähnte. »Entschuldige, ich bin müde, betrunken und ziemlich verwirrt im Kopf. Ich muss das erst einmal alles verdauen. Wärst du böse, wenn ich zurück ins Bett gehe?«
    »Nein, ich hau mich ebenfalls wieder aufs Ohr.«
    »Okay, möchtest du einen Schlafanzug?«
    Philip betrachtete Kens Jogginganzug. »Bist du mir böse, wenn ich drauf verzichte und mit meiner Unterwäsche vorlieb nehme?«
    Sein Kumpel nahm die affektierte Haltung eines altertümlichen Rezitatoren ein. »Wie sagte einst ein weiser Mensch: Böse ist nur der Tor, der das Gute nicht kennt.«
    Philip verdrehte die Augen. »Noch ein Zitat!«
    Ken schlurfte lächelnd aus dem Zimmer. Kurz bevor er im Schlafzimmer verschwunden war, rief ihm Philip hinterher: »Ken!«
    Ken blieb stehen. Langsam drehte er sich um. Es gab da noch eine Frage, die Philip auf der Seele brannte. Jetzt war der Zeitpunkt dafür. »Hast du noch was von Chris gehört?«
    Ken schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir Leid.«
    »War auch nur eine Frage.«
    Ken nickte, dann legte er sich schlafen. Philip startete die CD, bevor er sich der Kleider entledigte und unter die Decke kroch. Atmosphärische Flächen über treibenden Bässen, dazu der Alkohol, der durch seinen Körper floss, trugen ihn weg. Einfach weg. Irgendwohin. Irgendwo.
     
     
    Lindisfarne
     
    Die anderen Fahrgäste im Bus beobachteten Beatrice argwöhnisch.

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