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Schwester Lise

Schwester Lise

Titel: Schwester Lise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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verdiente er zwar, was er brauchte, aber Eirin mußte sehr bald erfahren, daß eine Kreisarztfrau in einem großen, öden Kreis weit oben im Norden in anderen Verhältnissen lebte als etwa die Frau eines gesuchten Spezialisten in Oslo, für die eigenes Auto, Persianer, eine Hütte in den Bergen und eine Villa in Oslos bester Gegend wahrscheinlich selbstverständliche Dinge waren.
    Bis in den späten Abend hinein saß Eirin und verfertigte Baumschmuck und Tischdekorationen. Außerdem half sie Tante Bertha beim Backen. Eine der Sprechstundenschürzen wurde zur Backschürze ernannt. Auf dem Tisch neben dem Herd türmten sich die Schürzkuchen auf den Flachbroten - goldgelb, fettig und knusprig.
    Halfdan bekam frischgebackene Kuchen zum Nachmittagskaffee. Tante Bertha machte Sülze und Rollwurst. Sie hatte schon die besten Beziehungen angeknüpft zu allen, die Fleisch, Eier und Sahne liefern konnten. Viele merkwürdige Töpfe und Pakete wanderten durch die Küchentür ins Haus. Viele bedächtige Männer, schüchterne Kinder und dickvermummte Frauen wurden auf der Küchenbank abgefüttert. Tante Bertha unterhielt sich mit allen großartig.
    Die „Schwiegertante“ des Doktors war in Frostviken rasch populär geworden. Sie war so vertrauenerweckend und zuverlässig, daß alle zu ihr kamen mit ihren Freuden und Leiden, vor allem aber auch mit ihren Körben voll Eier. Sie erhielten gute Bezahlung und als Zugabe gute Ratschläge und allerlei Lebensweisheiten.
    Es war bitter kalt. Tante Bertha weinte ihrem elektrischen Ofen, den sie in ihrem Schlafzimmer in Oslo zurückgelassen hatte, manche Träne nach. In einem eisigen Zimmer aufzustehen, die Füße auf den Fußboden zu setzen, der so kalt war, daß die Zehen sich vor Schrecken krümmten, sich bibbernd anzuziehen, um sich dann vor dem altertümlichen Ofen mit Spänen und Holz, Papier und Zündhölzern herumzuschlagen, war schon ein zweifelhaftes Vergnügen. Dann ging’s in die große, eiskalte Küche hinunter, deren Fenster bis oben hin zugefroren waren. Aber Tante Bertha klagte nie. Sie war glücklich und guter Dinge bei all ihrer Mühsal. Schließlich arbeitete sie ja nur für Eirin. Und da es den Anschein hatte, als habe Eirin sich mit dem einsamen und arbeitsreichen Dasein ausgesöhnt, war sie zufrieden. Halfdan hatte doch gut daran getan, ihr diese Probezeit aufzuerlegen! Und wie recht hatte sie selbst gehabt, diesem Vorschlag zugestimmt zu haben! Wenn Halfdan und Eirin bald heirateten, brauchte sie keine Furcht mehr vor der Zukunft zu haben. Eirin wußte jetzt, was ihr bevorstand.
    Halfdan hatte um diese Zeit seinen Spaß mit ihr. Sie rannte im Hause herum und tat heimlich. Kam er unversehens ins Wohnzimmer, dann fuhr Eirin mit einem Schrei in die Höhe und versteckte ihr Strickzeug unter einem Sofakissen. Das Haus war von unten bis oben auf Hochglanz gebracht, es roch nach gutem Essen und Schmalz, und eines Tages zog würziger Tannenduft ins Haus. Mit dem Küstendampfer war eine kleine Weihnachtstanne gekommen. Eirin hatte sie selbst am Steg abgeholt. Mit dem gleichen Schiff kamen eine Kiste und ein paar Pakete für Tante Bertha und Halfdan, Dinge, die sofort vor Eirins Blicken verschwanden mit dem Bescheid, Fräulein Neugier solle sich bis zum Heiligabend gedulden.
    Eirin schwelgte in Vorfreude und Erwartung. Sie gab unumwunden zu, daß sie sich dabei benahm wie ein kleines Kind.
    „Hör zu, Halfdan“, sagte sie eines Abends kurz vor dem Zubettgehen, „ich habe mir schon ausgedacht, wie wir es machen wollen. So gegen eins essen wir erst unser zweites Frühstück. Dann waschen Tantchen und ich ab und decken den Kaffeetisch. Wir arbeiten alles auf, so daß wir’s uns für den Rest des Tages gemütlich machen können. Dann hören wir Gottesdienst im Radio, und um fünf Uhr trinken wir Kaffee mit einem Berg Kuchen dazu, Halfdan - du darfst so viele Vanillekringel essen, wie du nur kannst.“
    Halfdan sah schuldbewußt aus. Er war ein hemmungsloser Verbraucher von Tante Berthas goldgelben, appetitlichen Vanillekringeln, und so versessen war er darauf, daß Tante Bertha zuletzt die Büchse verstecken mußte.
    Eirin, ganz ernst bei der Sache, fuhr fort:
    „Dann zünden wir den Tannenbaum an. Und du spielst bitte alle Weihnachtslieder. Du bist der einzige von uns, der spielen kann. Und dann - “
    „Tanzen wir auch um den Baum herum?“ fragte Halfdan.
    „Das würden wir gut können, wenn wir nur noch ein paar mehr wären. Aber da müssen wir warten, bis die ersten

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