Schwesterlein, komm stirb mit mir
Dinge gesprochen, die nicht direkt etwas mit der Arbeit zu tun hatten.»
«Aber?» Stadler beugte sich vor.
«Aber es gibt da etwas, das Sie wissen sollten.» Liz’ Gedanken rasten. Wie viel durfte sie Stadler sagen? Wie viel
musste
sie ihm sagen?
«Und was?»
Ihr kam die rettende Idee. «Ich hatte Ruben um einen Gefallen gebeten.» Sie stockte. «O, Gott, wenn er deshalb getötet wurde!» Sie musste ihr Entsetzen nicht vortäuschen, erst in diesem Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie womöglich für Rubens Tod verantwortlich war.
Georg Stadler beugte sich noch weiter vor und griff nach ihrer Hand. Die Geste hatte nichts Aufdringliches, deshalb ließ sie es geschehen. «Worum haben Sie ihn gebeten?»
«Ich plane ein neues Buch. Dafür brauche ich Informationen über einen Mann, der vermutlich vor kurzem aus der Haft entlassen wurde. Jan Schneider.»
«Jan Schneider? Ich glaube, da klingelt etwas bei mir, aber ich erinnere mich nicht.»
«Jan Schneider ist der Mann, der vor ungefähr sechzehn Jahren das Feuer in der Jugendstrafanstalt Siegburg legte, bei dem drei Menschen zu Tode kamen.»
«Verdammt, ja!» Stadler ließ ihre Hand los und schlug sich gegen die Stirn. «Und der ist wieder auf freiem Fuß?»
Liz nahm ihren Kugelschreiber, drehte ihn in den Fingern und legte ihn dann ruhig beiseite. «Genau das hatte ich herausfinden wollen. Mich interessiert, ob er schon wieder draußen ist und ob bekannt ist, wo er sich aufhält.»
Stadler kratzte sich am Kinn und musterte sie aufmerksam. «Und deshalb ist Ruben Keller ermordet worden? Weil er sich nach Schneiders Entlassungstermin erkundigt hat?» Er schüttelte ungläubig den Kopf. «Das ergibt keinen Sinn. Es sei denn, Sie verschweigen mir etwas.»
Liz senkte den Blick. «Ruben hat mir eine Mail geschickt. Am vergangenen Wochenende. Samstag, glaube ich. Er sei auf etwas gestoßen und würde sich wieder melden.»
«Sie glauben also, dass Ruben Keller bei seiner Recherche etwas über Jan Schneider herausgefunden hat.» Stadler nickte nachdenklich. «Wie sind Sie überhaupt auf Jan Schneider gekommen? Was wissen Sie über ihn?»
«Eigentlich nichts», gab Liz zu. «Ich glaube, er hat eine Haftstrafe wegen Raubes abgesessen, bevor er damals das Feuer legte.»
Wieder sah Stadler sie argwöhnisch an. «Sie wissen also so gut wie nichts über diesen Jan Schneider. Warum interessiert Sie der Fall dann? Er ist kein Serienmörder, er fällt nicht in Ihr Fachgebiet.»
Liz reckte das Kinn. «Was in mein Fachgebiet fällt, kann ich vermutlich besser beurteilen als Sie. Ich interessiere mich für die Brandstiftung, sie passt nämlich gar nicht in sein Profil. Warum legt jemand wenige Wochen vor seiner Entlassung Feuer? Das ist doch völlig unsinnig. Ich dachte, dass Schneider vielleicht bereit wäre, mit mir darüber zu reden.»
Stadler erwiderte nichts.
«Sie glauben mir nicht?»
Er deutete ein Achselzucken an.
Liz holte tief Luft. «Sagen Sie, was Sie denken! Sprechen Sie es ruhig aus. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich nicht noch einmal ausrasten werde.»
«Ich denke», antwortete Stadler, «dass Sie sich für Jan Schneider interessieren, weil Hendrik Vermeeren einer der drei Menschen war, die bei dem Feuer umkamen.»
Donnerstag, 24. Oktober, 17:41 Uhr
«Ich will, dass jede Ecke unter die Lupe genommen wird», befahl Stadler. «Jeder Winkel, jeder Schrank, jeder Karton, einfach alles. Verstanden?»
Die uniformierten Kollegen, die Stadler für die Durchsuchung der Kellerräume zur Verfügung gestellt worden waren, nickten und schwärmten aus. Der Hausmeister, ein hagerer Mann im grauen Kittel, öffnete die Türen von Fahrradkeller, Waschküche und privaten Abstellräumen. Stadler presste die Lippen zusammen, während er den langen, spärlich beleuchteten Gang entlangschaute. Wenn die Beamten nichts fanden, durfte er sich auf ein paar dämliche Witze auf seine Kosten gefasst machen. Aber das würde er aushalten. Viel schlimmer wäre es, eine Hypothese nicht zu überprüfen, die sich am Ende, wenn es zu spät war, als korrekt erwies. Aus diesem Grund hatte er angeordnet, das Kellergeschoss des Hauses zu durchsuchen, in dem Tanja Matzurka lebte. Wenn Liz Montario es für möglich hielt, dass der Täter die Frau vielleicht gar nicht aus dem Gebäude geschafft hatte, dann wollte er dieser Möglichkeit nachgehen – egal, wie unwahrscheinlich sie ihm erschien.
Birgit trat neben ihn. «Du hängst dich weit aus dem Fenster für diese Montario.»
«Nicht
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