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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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Dann hat sie die Polizei gerufen.»
    «In ihrer Aussage hat Hanna Stoppeck nicht erwähnt, dass Sie es waren, der die Tote gefunden hat.»
    Grothe hörte auf, mit dem Fuß zu wippen, und beugte sich vor. «Ich habe sie darum gebeten. Er ging mir nicht gut. Der Anblick – es war so grauenvoll, und mir war elend. Außerdem spürte ich, dass die Heilige Jungfrau sich mir mitteilen wollte. Ich musste an einen ruhigen Ort, wo ich ihre Botschaft empfangen konnte. Deshalb bat ich Hanna, so zu tun, als hätte sie die Tote gefunden. Ihr war das ganz recht so. Sie hat die Aufmerksamkeit genossen. Es stand sogar etwas in der Zeitung über sie, das hat ihr gefallen.» Er schüttelte den Kopf. «Wie dumm!
Alles Irdische ist eitel.
»
    Liz versuchte, Grothe dazu zu bewegen, mehr über sein Weltbild zu offenbaren, doch sein Anwalt ging immer wieder dazwischen. Anscheinend befürchtete er, dass sein Mandant sich mit seinen religiösen Wahnvorstellungen erneut verdächtig machte. Schließlich beendete Stadler die Befragung.
    Wenig später saßen Liz und er wieder in seinem Büro. Jonathan Grothe hatte in Begleitung seines Anwalts das Präsidium verlassen.
    «Was halten Sie von ihm?», fragte Stadler.
    Liz strich sich nachdenklich eine Locke hinter das Ohr. «Er hat definitiv ein massives Persönlichkeitsproblem. Starke Minderwertigkeitsgefühle, die er mit religiösem Fanatismus zu kompensieren versucht. Und er hat gelogen. Ich glaube nicht, dass er von der Tür aus sehen konnte, dass die Tote keine Gebärmutter hatte. Ich glaube, er war im Kreißsaal und hat sich alles ganz genau angesehen. Der Tatort hat irgendetwas in ihm ausgelöst. Vermutlich bewundert er den Täter, hält ihn für seelenverwandt. Es könnte sogar sein, dass Grothe ihn gesehen hat und deckt.»
    «Das glauben Sie?» Stadler runzelte die Stirn.
    «Es ist eine Möglichkeit von vielen», antwortete Liz vorsichtig. «Ich spiele lediglich Erklärungen dafür durch, dass Grothe sich mit der Tat so sehr identifiziert.»
    «Wenn ihn das Szenario so fasziniert, warum könnte er es dann nicht selbst arrangiert haben?»
    «Dazu ist er in meinen Augen viel zu gehemmt. Der Mörder ist selbstbewusst, arrogant, er hält sich für unbesiegbar. Grothe ist das genaue Gegenteil. Er hat längst verloren, und das weiß er auch. Er ist ein armes Würstchen, kein eiskalter Killer.»
    «Und das Bekennerschreiben?»
    Liz lächelte. «Sein kleines Stück vom Ruhm eines anderen.»
    «Leider deckt sich Ihre Einschätzung voll und ganz mit meiner eigenen.» Stadler fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. «Dann also wieder alles auf null. Manchmal hasse ich diesen Job.»

Mittwoch, 30. Oktober, 19:16 Uhr
    Birgit Clarenberg zog die Wagentür zu und gähnte. «Wie viele noch?»
    Stadler steckte den Schlüssel ins Zündschloss. «Keine Ahnung, du hast die Liste.»
    Die Liste.
Vor zwei Stunden war Jürgen von der KTU bei ihnen im Büro aufgetaucht und hatte mit einem Blatt Papier gewedelt. «Wahrscheinlich habt ihr im Augenblick kaum Zeit für den armen Studenten», hatte er gesagt. «Alles dreht sich nur noch um den ‹Ripper›. Trotzdem habe ich mir mal angesehen, womit Linda sich beschäftigt hat, bevor sie abgetaucht ist. Könnte schließlich wichtig sein. Diese Liste hier hat sie zusammengestellt. Offenbar hatte der Unfallwagen nicht nur eine ungewöhnliche Bereifung, sondern auch eine seltene Mattlackierung. Beides zusammen gibt es nur bei einem Modell, dem Porsche Cayenne Turbo S in einer Sonderedition, von dem in ganz NRW knapp hundert und im Großraum Düsseldorf ganze neunzehn zugelassen sind. Linda hat die Halter hier aufgelistet.»
    «Sie hat die Halter ermittelt?», hatte Birgit erstaunt gefragt. «Das fällt ja wohl nicht in ihren Aufgabenbereich.»
    «Nimm’s ihr nicht krumm», hatte Jürgen erwidert. «Vielleicht wollte sie euch entlasten.»
    Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube hatte Stadler die Liste entgegengenommen. «Hat sie sich inzwischen gemeldet?»
    Jürgen hatte den Kopf geschüttelt, ihnen viel Glück gewünscht und sich verdrückt.
    Stadler und Birgit hatten daraufhin beschlossen, die Adressen auf der Liste noch am gleichen Abend abzuklappern. Obwohl sie nicht darüber gesprochen hatten, stand die Frage im Raum, ob Linda nicht nur die Halter ermittelt, sondern diese auch im Alleingang überprüft hatte. Was Stadler nicht hoffte. Lieber übernahm er die Verantwortung dafür, dass Linda sich aus Liebeskummer irgendwo verkrochen hatte, als sich

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