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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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Irrtum sein.» Sie wandte sich ab und machte einige Schritte auf ihren Golf zu. «Ich fahre sofort ins Krankenhaus.»
    «Moment!» Notebüll holte sie ein und ergriff ihren Arm. «Es ist besser, wenn Sie sich jetzt nicht ans Steuer setzen. Ich fahre Sie.»
    Der Schwindel wurde immer heftiger. Liz krallte sich an Notebüll fest. «Tot? Aber warum?»
    Notebüll hob die Hand, so als wolle er ihr über das Haar streichen, zögerte, ließ sie wieder sinken. «Hier in Isernhagen gab es in letzter Zeit eine Einbruchserie, immer nach dem gleichen Muster», erklärte er. «Der Täter dringt in den frühen Morgenstunden in das Haus ein, meistens gegen drei oder vier, wenn die Bewohner fest schlafen. In fast allen Fällen hebelt er die Terrassentür auf, nimmt, was er auf die Schnelle findet – Schmuck, Computer, Bargeld – und verschwindet auf dem gleichen Weg wieder.» Notebüll seufzte. «Es sieht so aus, als hätten Ihre Eltern den Einbrecher gehört. Anstatt sich still zu verhalten, sind sie nach unten gegangen, wo der Mann sie angegriffen hat, bevor er floh. Wir fanden beide im Wohnzimmer, nur dürftig bekleidet. Sie hatten zahlreiche Stichwunden, vermutlich war der Täter mit einem Messer bewaffnet. Es war das erste Mal, dass der Einbrecher Gewalt angewendet hat. Keine Ahnung, warum er nicht einfach geflohen ist.»
    «Wie hat man sie …» Liz stockte. Der Schwindel hatte nachgelassen. Die ganze Situation fühlte sich surreal an. Vor einer Woche hatte sie an einem Tatort gestanden, schockiert, aber distanziert. Der Anblick war grauenvoll gewesen, hatte aber zugleich ihr professionelles Interesse entfacht. Und nun war sie mit einem Mal selbst betroffen. Es erschien ihr unwirklich, wie ein Albtraum. Bestimmt wachte sie gleich auf, nassgeschwitzt, aber heil und sicher in ihrem eigenen Bett.
    «Frau Montario, ist Ihnen nicht gut?»
    Liz riss sich zusammen. «Ich möchte ins Haus», sagte sie, bemüht um eine feste Stimme. «Sofort.»
    Notebüll verzog zweifelnd das Gesicht, und ihr wurde bewusst, dass sie sich noch immer mit beiden Händen an den Polizeibeamten klammerte. Abrupt ließ sie ihn los. «Ich muss sehen, was passiert ist.»
    Notebüll wirkte unschlüssig. «Da gibt es nicht viel zu sehen. Außerdem ist die Spurensicherung –»
    «Dann ziehe ich einen Schutzanzug an», entgegnete Liz mit scharfer Stimme. «Dies ist nicht mein erster Tatort. Ich arbeite als psychologische Beraterin für die Kripo Düsseldorf.»
    Notebüll öffnete den Mund.
    Doch Liz ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern lief zurück zum Haus. Sie musste den Tatort mit eigenen Augen sehen. Sonst würde sie nie begreifen, was geschehen war. Die Tür war nur angelehnt. Behutsam schob sie sie weiter auf. Im Inneren sah alles unverändert aus. Nur der Geruch nach Blut überdeckte den feinen Duft nach dem Parfüm ihrer Mutter, der sonst allgegenwärtig war.
    «Hallo?», rief Liz. Doch niemand antwortete. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um das Zittern zu unterdrücken. Keine Spurensicherung, also hatte Notebüll einfach nur verhindern wollen, dass sie ins Haus ging.
    Die Tür zum Wohnzimmer stand weit offen. Liz blieb auf der Schwelle stehen und atmete in kurzen, heftigen Stößen. Blut war das Erste, was sie sah. Es war überall. Auf dem Teppich, an den Wänden, auf dem Klavier. Einige Spritzer prangten sogar an der Fensterscheibe, hinter der sich die Rosenbeete ihrer Mutter erstreckten.
    Liz versuchte, den Raum als Tatort zu sehen, nicht als das Wohnzimmer ihrer Eltern. Auch wenn hier nicht alle Einrichtungsgegenstände weiß waren, war die Ähnlichkeit mit dem Tatort in Oberkassel frappierend. In beiden Fällen schien es so, als habe der Täter möglichst viel Blut vergießen wollen, um das Heim seines Opfers in eine Kammer des Schreckens zu verwandeln. Bei einem Serienmörder leuchtete das ein, doch welcher Einbrecher richtete ein solches Blutbad an?
    «Was machen Sie hier?», ertönte plötzlich eine barsche Stimme neben ihr.
    Erschrocken fuhr Liz zusammen und blickte zur Seite. Erst jetzt bemerkte sie, dass in dem Zimmer doch jemand stand. Der Mann trug einen weißen Schutzanzug, blaue Plastiküberzieher über den Schuhen und einen Mundschutz, den er zum Sprechen heruntergezogen hatte.
    «Schon in Ordnung», sagte eine zweite Stimme hinter Liz. Notebüll. «Sie ist die Tochter. Ich bringe sie wieder nach draußen.»
    Diesmal folgte Liz dem Kommissar ohne Protest. Sie hatte gesehen, was sie sehen wollte.
    Notebüll fuhr Liz mit ihrem Wagen

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