Schwesterlein, komm stirb mit mir
in deine Wohnung.»
«So bequem ist dein Sofa nun auch nicht.»
«Ich meine es ernst! Die Wohnung in Benrath wird inzwischen überwacht, Hendricks ist dort noch nicht wiederaufgetaucht, aber ich möchte trotzdem nicht, dass du dich auch nur in die Nähe begibst. Verstanden?»
«Ich
wohne
in der Nähe.»
«Stimmt.» Stadler seufzte. «Was ist mit deiner Freundin? Dieser Deborah, die du erwähnt hast. Kannst du ein paar Tage bei ihr unterkommen?»
Unvermittelt brach Liz in Tränen aus. Es dauerte eine Weile, bis sich Stadler aus dem Gestammel am anderen Ende der Leitung einen Reim machen konnte. «Deine Freundin ist verschwunden? Seit wann?»
«Montag», antwortete Liz, die sich inzwischen ein wenig beruhigt hatte. «Sie wollte sich mit einem Mann zum Mittagessen treffen und dann nach München zurückreisen.»
«Bist du sicher, dass sie nicht in München ist?»
«Sie hat ihr Handy bei mir vergessen. Und auf Festnetz erreiche ich sie nicht.»
«Das muss aber noch nichts heißen.»
«Das dachte ich bisher auch. Deb ist nicht gerade zuverlässig.» Liz sprach so leise, dass Stadler sie kaum verstand. «Heute Morgen bin ich die Anrufe auf ihrem Handy durchgegangen. Es war eine unbekannte Nummer darunter. Ich habe angerufen, und ein Mann hat sich gemeldet.»
«Was hat er gesagt?»
«Du hast mich also endlich gefunden, Liz.»
«Verdammt, bist du sicher, dass du dich nicht verhört hast?»
«Ja. Obwohl es mir völlig unwirklich vorkommt, jetzt, wo ich es erzähle.»
«Ich kümmere mich darum. Ich bitte die Kollegen in München, bei deiner Freundin vorbeizuschauen, und ich lasse diese Telefonnummer überprüfen. Bitte mach dich nicht verrückt. Wo ist das Handy?»
«In meiner Wohnung.»
«Und die Nummer?»
«Weiß ich nicht auswendig.»
«Mist! Hat irgendwer einen Schlüssel zu deiner Wohnung?»
«Nein.» Sie schien zu überlegen. «Georg?»
Es war das erste Mal, dass sie seinen Vornamen sagte. «Ja?»
«Ich checke wieder aus. Ich komme zurück nach Düsseldorf. Mein Vater ist im Krankenhaus sicher. Er kommt ohne mich klar.» Sie stockte. «War das Angebot mit dem Sofa ernst gemeint?»
Stadler musste lächeln. Er blickte zum Fenster hinaus, hinter dem die Lichter der Stadt funkelten. «Ich stelle Bier kalt.»
Sonntag, 3. November, 7:14 Uhr
Es war noch dunkel, als Liz ihren Golf hinter Stadlers Mustang durch die menschenleere Innenstadt lenkte. Am Abend zuvor waren sie gemeinsam in Liz’ Wohnung gewesen, um die anonymen Briefe und Deborahs Handy zu holen. Sie hatten alles in Gefrierbeutel gepackt, um nicht noch mehr mögliche Spuren zu verwischen, dann hatte Stadler mit den Kollegen vom MEK gesprochen, die seit dem Vortag vor Jan Hendricks Wohnung Wache hielten. Ohne Ergebnis.
Sie hatten die Tüten zum Präsidium gebracht, damit die KTU sich gleich am folgenden Morgen darum kümmern konnte. Stadler hatte sogar extra einen Kollegen angerufen, um sicherzustellen, dass dieser nicht glaubte, er habe ein freies Wochenende.
«Ihr arbeitet wohl rund um die Uhr», hatte Liz mitfühlend bemerkt.
«Nur wenn zwei ungeklärte Mordserien zu bearbeiten sind», hatte Stadler erwidert. «Andererseits schlagen wir uns oft wochenlang nur mit Routinefällen herum, und dann kommen wir auch mal pünktlich nach Hause. Zum Abfeiern der Überstunden reicht es allerdings nie.»
Wieder in Stadlers Wohnung, hatten sie Pizza bestellt und noch einmal alles durchgesprochen. Widerwillig hatte Liz sich eingestehen müssen, dass sie sich in der Gegenwart des Polizisten wohl fühlte. Geborgen. So wie früher bei Hendrik. Sie hatte für sich beschlossen, Stadler als großen Bruder zu betrachten, als jemanden, der ihr in dieser Krise beistand, nicht als potenziellen Liebhaber.
Liz hatte sich früh auf dem Sofa schlafen gelegt, doch sie hatte Stadler noch eine Weile in der Küche rumoren hören, bevor es endlich still wurde. Um sechs waren sie wieder aufgestanden. Stadler hatte mit seiner Luxusmaschine Espresso zubereitet, während Liz duschte.
Beide hatten das heiße Getränk im Stehen heruntergestürzt, bevor sie aufbrachen. Nun waren sie auf dem Weg ins Präsidium. Liz staunte, als sie im zweiten Stock aus dem Paternoster stiegen. In vielen Büros des KK 11 brannte schon Licht. Und das am Sonntagmorgen. Birgit begrüßte sie lächelnd, als sie hinter Stadler ins Zimmer trat.
«Guten Morgen, Liz. Ich habe schon von den anonymen Briefen gehört. Dann wollen wir mal hoffen, dass die uns zu Schneider führen.»
«Wie war es in
Weitere Kostenlose Bücher