Schwesterlein, komm tanz mit mir
von Pferden pro Kopf der Bevölkerung.»
«Na, allerhand!» Darcy lachte.
«Allerhand. Wer weiß? Mit meinem missionarischen Eifer kann ich Sie vielleicht bekehren.»
Mrs. Hughes war ein einziges, breites Lächeln. «Ach, Miss Scott, als der Doktor gesagt hat, daß Sie kommen, habe ich ein richtig schönes Abendessen geplant.»
«Wie lieb von Ihnen.»
«Das Gästezimmer oben am Treppenabsatz ist fertig.
Nach Ihrem Ritt können Sie sich dort erfrischen.»
«Wunderbar.»
Falls das möglich war, war der Tag noch vollkommener als der letzte Sonntag. Kühl. Sonnig. Ein Hauch von Frühling lag in der Luft. Es gelang Darcy, sich ganz der Freude des Galopps hinzugeben.
Als sie anhielten, um die Pferde ausruhen zu lassen, sagte Michael: «Ich brauche nicht zu fragen, ob Sie sich wohl fühlen. Man sieht’s.»
Am Spätnachmittag wurde es empfindlich kühl. In Michaels Arbeitszimmer war ein Feuer angezündet worden. Der Kamin zog kräftig und ließ die Flammen hochzüngeln.
Michael schenkte ihr Wein ein, mixte für sich einen Old-Fashioned, setzte sich neben sie auf das bequeme Ledersofa und legte die Füße auf den Couchtisch. Sein Arm lag auf der Rückenlehne des Sofas. «Wissen Sie», sagte er, «ich habe diese Woche weiter über das nachgedacht, was Sie mir erzählt haben. Es ist schrecklich, daß eine beiläufige Bemerkung ein Kind so verletzen kann. Aber Sie können sich doch täglich im Spiegel vom Gegenteil überzeugen, oder?»
«Nein, kann ich nicht.» Darcy zögerte. «Ich will um Gottes willen nicht den Anschein erwecken, als wollte ich eine Gratisberatung, aber ich mußte es Ihnen erzählen.
Nun, vergessen Sie’s.»
Seine Hand streifte ihr Haar. «Was ist? Schießen Sie los.
Spucken Sie’s aus.»
Sie sah ihn direkt an, konzentrierte sich auf die Freundlichkeit in seinen Augen. «Michael, ich habe den Eindruck, Sie verstehen, wie verheerend diese Bemerkung für mich war, aber anscheinend denken Sie – ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll –, ich hätte unbewußt die ganzen Jahre über meiner Mutter und meinem Vater die Schuld gegeben.»
Michael stieß einen Pfiff aus. «He, Sie machen mich arbeitslos. Die meisten Leute brauchen ein Jahr Therapie, ehe sie zu einer solchen Schlußfolgerung kommen.»
«Sie haben mir nicht geantwortet.»
Er küßte sie auf die Wange. «Das habe ich auch nicht vor. Kommen Sie, ich glaube, Mrs. Hughes hat das gemästete Kalb auf dem Tisch.»
Um zehn Uhr kamen sie zu ihrer Wohnung zurück. Er parkte den Wagen und begleitete sie zur Tür. «Diesmal gehe ich erst, wenn ich sicher bin, daß Sie unbehelligt im Haus sind. Ich wünschte, Sie würden mir erlauben, Sie morgen nach Wellesley zu fahren. Es ist eine ganz schön lange Strecke für einen Tag.»
«Das macht mir nichts aus. Und auf dem Rückweg habe ich noch einen Termin.»
«Noch eine Haushaltsauflösung?»
Sie wollte nicht über die Bilder von Nan Sheridan sprechen.
«So ungefähr. Eine Suchaktion.»
Er legte ihr die Hände auf die Schultern, hob ihr Gesicht an, drückte seine Lippen auf ihre. Sein Kuß war liebevoll, aber kurz. «Darcy, rufen Sie mich morgen abend an, wenn Sie nach Hause kommen. Ich will nur wissen, ob alles in Ordnung ist.»
«Mach ich. Danke.»
Sie stand innen hinter der Tür, bis der Wagen um die Ecke verschwunden war. Dann rannte sie summend die Treppe hinauf.
Hank sollte am frühen Samstag abend kommen. Wir haben so wenig Zeit füreinander, dachte Vince bedrückt, als er die Tür zu seiner Wohnung öffnete. Als sie noch verheiratet waren, hatten er und Alice in Great Neck gewohnt.
Nach der Trennung hätte Pendeln nicht viel Sinn gehabt; also verkauften sie das Haus, und er hatte sich diese Wohnung an der Second Avenue genommen. Die Gegend von Gramercy Park. Natürlich nicht Gramercy Park selbst.
Nicht bei seinem Gehalt.
Doch er mochte seine Wohnung. Sie lag im achten Stock, und die Fenster boten einen typischen Innenstadt-Ausblick. Rechts ein Zipfel vom Park mit seinen eleganten Ziegelhäusern, unten vor der Tür der mörderische Verkehr der Second Avenue, gegenüber eine Mischung aus Wohn- und Bürohäusern mit Restaurants, Delikatessengeschäften, koreanischen Lebensmittelläden und einem Videogeschäft.
Er hatte zwei Schlafzimmer, zwei Bäder, ein recht geräumiges Wohnzimmer, eine Eßnische und eine winzige Küche. Das zweite Schlafzimmer war für Hank, aber er hatte Bücherregale und einen Schreibtisch hineingestellt und benutzte es auch als
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