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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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rechte Spiegel an einem vorstehenden Felsen.
    Hinter einer leichten Biegung lag plötzlich ein Moped auf dem Weg. Merette drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch, der Camper bockte unwillig, als er das Hindernis überrollte, wieder splitterte Glas, Metall knirschte auf Metall.
    Gleich darauf hörte sie die Luft aus einem der Reifen zischen. Sie schaffte nur noch ein paar Meter, bis der Camper sich in einem Schlammloch festwühlte und zur Seite rutschte. Mit einem dumpfen Blubbern kam der Motorzum Stehen. Genauso unerwartet, wie der Regen begonnen hatte, hörte er auch wieder auf.
    Merette konnte die Hütte bereits sehen, sie sprang aus dem Wagen und hastete weiter bis zu der Wiese. Schon waren die Mücken wieder da und flogen in Schwärmen auf, als Merette durch das hohe Gras lief. Die Hütte lag so still und verlassen wie bei ihrem letzten Besuch. Außer ihrem keuchenden Atem und dem Summen der Mücken war kein Geräusch zu hören, nichts deutete darauf hin, dass sich irgendjemand hier aufhielt.
    Laut hallten Merettes Schritte auf den Holzstufen zur Veranda, sie griff nach der Klinke, die Tür war verschlossen. Merette hämmerte mit den Fäusten gegen das Holz, nichts rührte sich.
    Erst dann fiel ihr Blick auf den Schuppen. Und diesmal war sie richtig. Das Vorhängeschloss baumelte geöffnet an dem schweren Eisenriegel.
    Als Merette die Tür aufstieß, sah sie das Chaos in dem übel riechenden Raum, den umgestürzten Tisch, die Essensreste auf einem Plastikteller, eine verschmutzte Decke, eine Holzlatte, die Kette, die an der Wand befestigt war. An der Holzlatte konnte sie ganz deutlich Blutflecken erkennen und ein Büschel blonder Haare. Von Julia oder Marie gab es nicht die geringste Spur.
    Wie benommen trat Merette zurück vor die Tür, ihre Knie waren so weich, dass sie sich an der Wand abstützen musste.
    Das Ruderboot war verschwunden! Im Gras neben dem Anleger meinte sie, irgendein Kleidungsstück zu sehen. Als sie hinlief und sich bückte, war es ein blutverschmiertes Handtuch. Gleich daneben lag ein pinkfarbener Turnschuh.Julia hatte solche Turnschuhe, auch der Markenname stimmte …
    Merette schirmte die Hand gegen die Sonne ab, die wieder gleißend am Himmel hing, und blickte auf die Bucht hinaus. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich hinter den Steg ducken, das Ruderboot glitt bereits vom offenen Wasser ins Schilf.
    Aksel stand aufrecht vor der Ruderbank. Er hatte Merette noch nicht gesehen, sondern konzentrierte sich ausschließlich darauf, das Boot durch den Schilfgürtel zu staken.

X
    Er wusste nicht mehr, ob es richtig gewesen war, die kleine Schlampe zu erschlagen. Mit der Bongossi-Latte. Genauso wie sein Adoptivvater damals die hilflose Möwe umgebracht hatte. Doch, es war richtig gewesen! Sie war nicht Julia, sie passte nicht in seinen Plan, schon deshalb hatte sie es auch nicht verdient, einfach nur zu ertrinken.
    Trotzdem ging ihm der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass vielleicht alles anders gekommen wäre, wenn er sie wirklich hätte laufen lassen. Ihr die Augen verbunden und sie irgendwo am Stadtrand abgesetzt, gleich nachdem er seinen Fehler bemerkt hatte. Sie hätte ihm nicht gefährlich werden können, sie kannte ihn nicht, sie hatte keine Ahnung gehabt, worum es überhaupt ging. Und jetzt wurde er das dumme Gefühl nicht los, dass sie ihn irgendwie hereingelegt hatte. Als ob erst ihr Tod dazu geführt hätte, dass ihm die ganze Sache endgültig aus dem Ruder gelaufen war … Aber er hatte nur noch reagiert und sich dabei vorgemacht, dass er alles unter Kontrolle hatte.
    Obwohl er immer noch folgerichtig gehandelt hatte! Auch sein letzter Schritt war vollkommen logisch gewesen. Er hatte die kleine Schlampe mit dem Ruderboot quer über die Bucht zum Friedhof hinübergebracht und ihren leblosen Körper über die glatten Steine am Uferrand und die matschige Wiese geschleift. Das Kindergrab war mit einem Berg von Blumen und Kränzen bedeckt. Die offene Grube gleich daneben war nach wir vor unverändert gewesen. Er hatte die Schlampe über den Rand gestoßen. Mit einem dumpfen Geräusch war sie auf dem Grund aufgekommen. Ihre Gliedmaßen waren verdreht, ihr Kopf unnatürlich nach hinten gebogen. Er hatte gewartet, bis keine Erdklumpen mehr nachrutschten.
    Dann hatte er das Ruderboot ordentlich vertäut. Er konnte nicht riskieren, dass es von einer Welle aufs Meer getrieben wurde, er würde es später noch brauchen. Durch die schmale Felsrinne war er nach oben geklettert und keine zehn

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