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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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den Schlüssel zurück, und dann will ich eine Antwort von dir, sonst … Sonst gehe ich in jedem Fall zu deiner Mutter«, setzte sie hinzu und drehte sich wieder zum Herd.
    Sie hörte, wie er den Schlüssel auf den Tisch legte.
    »Eigentlich solltest du mir dankbar sein. Ohne mich hätte nämlich unter Garantie einer von diesen Typen deinen Schlüssel, die den Hof neu machen. Aber ich hab ihn noch rechtzeitig aus deinem Versteck geholt.«
    »Du hast … was? Aber woher …«
    »Mann, das ist doch jetzt nicht so schwierig zu verstehen, oder? Ich hab zufällig gesehen, wie du irgendwas unter die Regentonne geschoben hast, mein Fenster ist genau obendrüber, aber du bist gar nicht auf die Idee gekommen, hochzugucken. War echt witzig, weil du dich erst noch die ganze Zeit umgesehen hast, ob dich jemand beobachtet. Aber hochgeguckt hast du nicht.«
    »Und dann bist du runter und hast …«
    »Nee, noch nicht gleich. Also, ich meine, natürlich bin ich hin und hab nachgesehen. Ich wollte ja wissen, was du daversteckt hast. Aber geholt hab ich den Schlüssel erst, als die Typen kamen und anfingen, alles auf den Laster zu schmeißen. Ich sag doch, eigentlich solltest du mir echt dankbar sein.«
    »Gehst du eigentlich nicht zur Schule oder was? Ich meine, wieso hängst du den ganzen Tag in der Wohnung rum, dass du alles mitkriegst, was hier passiert? Und heute Vormittag hättest du doch auch …«
    Er zuckte wieder mit den Schultern. Diesmal grinste er, als er antwortete.
    »Hab gerade keinen Bock auf Schule.«
    »Und was sagt deine Mutter dazu?«
    »Ich tue morgens einfach so, als ob ich da hingehe, und wenn sie zur Arbeit ist, komme ich zurück. War ein bisschen blöd am Freitag, weil ihr irgendwie schlecht geworden ist und sie dann plötzlich auch wieder zu Hause war. Aber ich hab behauptet, der Unterricht wäre ausgefallen. – Also, komm, was ist jetzt? Jetzt hab ich dir alles erzählt, du hast mich voll in der Hand.« Er kicherte und wurde gleichzeitig knallrot.
    »Ich sag dir, was jetzt ist«, erklärte Julia ganz ruhig. »Du verschwindest jetzt aus meiner Wohnung. Und wenn ich noch mal mitkriege, dass du versuchst, hinter mir herzuspionieren, dann …« Sie wusste nicht, wie sie den Satz zu Ende bringen sollte.
    »Wie heißt du überhaupt?«, fragte sie, als der Junge aufstand und sich an ihr vorbei zur Tür drücken wollte.
    »Vincent«, sagte er. »Aber meine Freunde nennen mich alle Vin, das ist der Typ aus The Fast and the Furious, Vin Diesel, kennst du vielleicht, geiler Film …«
    »Fein, Vincent«, unterbrach ihn Julia. »Und jetzt ziehLeine, bevor ich es mir noch anders überlege und dich anzeige. Nein, warte mal!« Sie hielt ihn am Arm fest. Ein vager Gedanke war in ihrem Hinterkopf aufgetaucht. »Hast du auch meinen Papierkorb durchsucht? Und vielleicht …«
    Bevor sie ihre Frage zu Ende bringen konnte, zuckte Vincent mit der Schulter und zog den Notizzettel aus der Hosentasche, um ihn ihr wortlos hinzustrecken.
    Julia war so verblüfft, dass sie nur stammelte: »Du bist doch echt nicht mehr ganz dicht! Und was sollte das jetzt? Wieso …«
    »Hab ich doch schon gesagt! Ich wollte ein bisschen mehr rauskriegen über dich. Vielleicht hätte ich die Nummer bei Gelegenheit noch mal angerufen, um zu hören, was das für ein komischer Typ ist, der dir solche Nachrichten schreibt.«
    »Hau ab«, sagte Julia leise.
    Als sie die Tür hinter ihm ins Schloss drückte, war sie so durcheinander, wie schon lange nicht mehr – und gleichzeitig so erleichtert, dass sie sich für einen Moment mit geschlossenen Augen gegen die Wand lehnte. Wenn sie nicht alles täuschte, dann war der kleine Möchtegern-Vin-Diesel auf dem besten Weg, mal eine echte Karriere als Stalker zu machen. Blöd war nur, dass er ihr tatsächlich Angst gemacht hatte und dass sie sich nicht mehr sicher fühlte in ihrer Wohnung, nachdem er da gewesen war. Er hatte eine Grenze überschritten. Und sie würde ihr Bett neu beziehen müssen!
    Außerdem brauchte sie eine Sicherheitskette für die Wohnungstür. Am Ende der Nygårdsgate gab es einen Baumarkt, da würde so ein Teil sicher zu kriegen sein. Und es anzubringen sollte ihr ohne Probleme gelingen, sie wardurch ihren Umzug in Übung, was Löcherbohren anging, und die Werkzeugkiste stand ohnehin noch auf dem Flur. Am besten machte sie sich gleich auf den Weg, dann hatte sie wenigstens etwas zu tun, was sie erst mal von allen anderen Gedanken ablenkte.
    Julia griff nach ihrer Tasche, als ihr wieder

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