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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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geben!
    Julia öffnete ihren Laptop und gab die Stichworte »Bergen« und »Musikstudio« in die Suchmaschine ein. Fast unmittelbar flimmerten zwei Adressen über den Monitor, die erste war ein Tonstudio, das sich auf Kirchenchöre und Gesangsvereine spezialisiert hatte, »Tinnitus Recording« in der Sydneskleiven erschien ihr passender.
    Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer. Die männliche Stimme, die sich meldete, hatte einen deutlich amerikanischen Akzent.
    »Ich habe nur eine Frage«, sagte Julia, ohne ihren Namen zu nennen, »gibt es bei euch einen Mikke?«
    »Wen?«
    »Mikke oder Mikael, er ist Tontechniker oder so was. Kann das sein?«
    »Wieso? Hat er wieder seine Alimente nicht bezahlt?« Und ein Lachen, als wäre das gerade der Witz des Jahrhunderts gewesen. Dann: »Okay, sorry, sei nicht böse, aber die Frage war doch gut, oder?«
    »Geht so. Also, arbeitet er jetzt bei euch oder nicht? Er kann noch nicht lange da sein, er kommt aus Kirkenes, soweit ich weiß, und ist erst seit ein paar Wochen hier.«
    »Schon klar, Mikke. Aber Tontechniker würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, er macht eher den Gaffaboy hier. Warte, ich frage mal, wo er gerade ist!«
    Julia hörte, wie der Spaßvogel am anderen Ende mit dem Telefon den Raum verließ. Stimmengewirr drang durch den Hörer, untermalt von dem Stakkato-Beat eines Schlagzeugs.
    »Hat einer von euch den Finnen heute schon gesehen?«
    Dann wurde die Sprechmuschel abgedeckt, ihr Gesprächspartner meldete sich erst eine ganze Weile später wieder.
    »Ist nicht so ganz klar, eigentlich sollte er unterwegs sein, Razika hat heute einen Promo-Gig für die neue CD, in irgendeinem Club in Nesttun, Mikke ist für den Bühnenaufbau eingeteilt. Allerdings scheint es so, als wäre er heute Morgen noch nicht hier gewesen, vielleicht ist er direkt dahin. Hoffe ich jedenfalls für ihn! Hilft dir das weiter?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Julia wahrheitsgemäß.
    »O Mann, jetzt sag bloß nicht, du bist aufgewacht und er war weg! Also, ich meine, falls du vielleicht gerade Gesellschaft brauchst, dann sag mir einfach, wo du wohnst, dann vertrete ich Mikke doch gerne. – Okay, vergiss es«, setzte er hinzu, als Julia keine Antwort gab. »Schon kapiert. Du stehst anscheinend nur auf ihn. Aber ich kann dir seine Handynummer geben, falls er das auch vergessen hat. Und richte ihm ruhig mal einen schönen Gruß von mir aus. Ich hab so das Gefühl, er sollte sich ein bisschen mehr Mühe geben bei dir …«
    »Gut, ich sag’s ihm«, unterbrach ihn Julia, bevor er sein Angebot erneuern konnte, Mikke bei nächster Gelegenheit zu vertreten.
    Sie notierte sich Mikkes Handynummer und bedankte sich.
    »Immer gerne. Wie gesagt, du brauchst nur nach Jonny zu fragen, wenn du … Jonny ohne h übrigens, aber dafür mit …«
    Julia unterbrach die Verbindung.
    Mikke war also wahrscheinlich mit Razika unterwegs. Mit der Band, von der er ihr Freitag Nacht vorgeschwärmt hatte. Und somit würde er wohl kaum heute Vormittag erst noch bei ihr gewesen sein! Allerdings war der Typ vom Tonstudio sich auch nicht sicher gewesen … Und Mikke hatte eindeutig gelogen, als er behauptet hatte, Tontechniker zu sein.
    Julia überlegte, ob sie ihn jetzt einfach anrufen sollte. Nicht nur, um zu hören, ob er überhaupt wirklich in Nestun war, sondern um ihn mit ein paar Fragen zu konfrontieren, die ihm ganz sicher nicht passen würden. Oder vielleicht vor allem, um seine Stimme wieder zu hören?
    Ärgerlich knallte sie das Handy auf den Schreibtisch, als es an der Tür klingelte.
    Julia zuckte unwillkürlich zusammen, machte aber keine Anstalten, in den Flur zu gehen und die Tür zu öffnen. Sie war wie gelähmt, ihre Gedanken rasten. Ihre Mutter hätte sofort ungeduldig ein zweites Mal geklingelt, das Klingeln eben war aber zögerlich gewesen, wie von jemandem, der jede Aufmerksamkeit vermeiden wollte. Oder der ohnehin nicht damit rechnete, dass sie zu Hause war …
    Gleich darauf wurde ein Schlüssel ins Schloss geschoben.
    Julia griff sich das Handy und war mit zwei Schritten am Fenster, dann schwang sie sich auf das Flachdach hinaus. Sie hastete zur Kante und griff nach dem Geländerder Feuerleiter. Erst als sie den Fuß schon auf der Eisenstufe hatte, zögerte sie. Der Blick nach unten ließ sie schwindeln, das Blut rauschte in ihren Ohren, sie spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Mit beiden Händen klammerte sie sich an das Geländer und blickte über die Schulter zurück.
    Die Sonne war so

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