Schwestern der Dunkelheit
knorrig und schief, wie Türme aus Knetgummi, die ein Kind verformt hatte -, aber sie dienten dem gleichen Zweck.
Sie hatten diese Stelle ganz allein gefunden, und Thea war sehr stolz darauf.
»Das Feuer brennt immer noch«, sagte sie. »Das ist gut.«
Es hatte schon während der letzten drei Tage in dem Kreis gebrannt. Thea hatte gehofft, dass es Suzannes Interesse fesseln würde - dass es sie von den Leuten ablenken würde, die sich in der alten Turnhalle einfanden. Und es schien zu funktionieren.
Natürlich nicht nur das Feuer. Auch die drei Puppen, die, an Pfähle gefesselt, auf dem Boden lagen, sollten ihre Aufmerksamkeit erregt haben.
»Diese drei sehen alle gut aus«, sagte Erik. Er hob die kleinste Puppe hoch und staubte sie ab. Als er ihren Pfahl in ein Loch im Boden steckte, sah die Puppe ein wenig aus wie eine Vogelscheuche.
Eine Vogelscheuche, bekleidet mit einem schwarzen Hemd und gefesselt mit einem Isis-Knoten. Um den Hals der Puppe hing ein Schild mit der Aufschrift: LUCIENNE.
Auf dem Schild der anderen kleineren Puppe stand: CLEMENT. Und auf dem Schild der großen Puppe war zu lesen: SUZANNE.
»Okay«, sagte Thea, als sie das Holz ausgeladen hatten. Ihren Rucksack ließ sie im Jeep. »Denk dran, du tust gar nichts , bis ich zurück bin, klar? Überhaupt nichts.«
Erik nickte. »Und wenn ich einige Minuten zu spät komme, wartest du einfach.«
Er hörte auf zu nicken. »Die Halloween-Party beginnt um neun. Wenn du nicht um Punkt neun hier bist, könnte ich ...«
»Nein. Fass nichts an, tu nichts.«
»Thea, wir könnten sie verlieren. Was ist, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass hier nichts passiert und dass sie geradeso gut zu der Party gehen könnte ...«
»Ich werde mich nicht verspäten«, erklärte Thea energisch. Das schien die einzige Möglichkeit zu sein, die Meinungsverschiedenheit für sich zu entscheiden. »Aber verbrenn diese Puppen nicht, bevor ich hier bin, um den Kreis zu schließen. In Ordnung?«
»Viel Glück«, sagte er.
Er sah in seinen exotischen Kleidern attraktiv und geheimnisvoll aus. Nicht wie er selbst. Sie küssten sich unter dem halbvollen Mond.
»Pass auf dich auf«, flüsterte Thea und zwang sich, ihn loszulassen.
»Komm gesund zurück«, wisperte er. »Ich liebe dich.«
Sie fuhr mit dem Jeep zurück in die Stadt, zu dem Treffen der Jungfrauen des Zirkels des Zwielichts.
Das Treffen fand in diesem Jahr in einem Klub der Nachtwelt am südlichen Stadtrand statt. An der Tür war kein Schild angebracht, aber auf die Fußmatte war zwischen zwei Halloween-Kürbissen eine schwarze Dahlie gemalt worden.
Thea klopfte an, und die Tür wurde geöffnet.
»Dani! Du siehst toll aus.«
»Du auch«, sagte Dani. Sie war weiß gekleidet, in ein in Falten gelegtes, durchscheinendes Gewand, das ihr bis zu den Knöcheln fiel und ägyptisch aussah. Schwarze, von Silberspangen gehaltene Zöpfe fielen ihr aus einer Art Krone auf dem Kopf über die Schultern, den Rücken und die Arme. Sie gab eine schöne Königin Isis ab. »Du hast kein Kostüm«, sagte sie und ließ es wie eine Frage klingen.
»Blaise und ich gehen irgendwie als Maya und Hellewise«, erwiderte Thea. Die Wahrheit war, dass sie sich in ihren gewöhnlichen Zirkelkleidern am wohlsten fühlte und dass Blaise wusste, dass sie in ihren am besten aussah.
»Nun, komm mit nach unten. Du bist die Letzte«, bemerkte Dani und griff nach Theas Hand.
Sie gingen eine Treppenflucht zu einem unterirdischen Raum hinunter. Er hatte etwas Provisorisches, Zusammengewürfeltes, mit Kisten, auf denen man sitzen konnte und die kreisförmig angeordnet waren, und weißen Lichterketten, die zwischen Betonsäulen gespannt waren. Die Metallstühle hatte man an den Rand geschoben.
»Thea! He, hier! Sei mir gegrüßt!«, riefen einige Leute. Thea drehte sich immer wieder um, lächelte und ließ sich umarmen.
»Alles Gute zu Samhain«, sagte sie ein ums andere Mal. »Einigkeit.«
Während dieser wenigen Minuten vergaß sie, was in der Nacht noch geschehen würde. Es war so schön, sie alle wiederzusehen, all ihre Freunde aus den Sommerzirkeln.
Kishi Hirata, in Gold und Orange gekleidet, als Amaterasu, die japanische Sonnengöttin. Alaric Breedlove - aus dem zweiten Jahr auf der Lake-Mead-High - als Tammuz, der Hirte, Sohn der Muttergöttin Ishtar. Claire Blessingway als die Navaja-Göttin Sich-Wandelnde-Frau in einem Kleid, das mit roten Blütenblättern und Türkisen geschmückt
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