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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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Fuß, wie ich noch feststellen sollte.
    Ich wollte ihr die Steine zeigen, aber sie hielt das Café nicht für den geeigneten Ort. Sie schlug mir vor, irgendwohin zu gehen, wo wir allein wären; mir wurde langsam immer gleichgültiger, ob sie mich um meine Klunker bringen würde, wenn sie als Gegenleistung nur ein bißchen nett zu mir wäre. Wie gesagt, sie war wunderschön. Jedenfalls — wir fuhren per Taxi zu einem Gasthaus in Sendagaya. Es war noch nicht Mittag, als wir dort ankamen, trotzdem waren schon einige andere Pärchen da. In solchen Läden läuft das Geschäft offenbar vierundzwanzig Stunden am Tag. Da macht man sich einfach so seine Gedanken, hab' ich recht?«
    Er unterbrach sich wieder, diesmal, um zwei Sushis hinunterzuschlingen; der Mund dieses Mannes war ständig in Bewegung, entweder zum Essen oder zum Reden, schoß es Shinji durch den Kopf.
    »Wir gingen in ein Schlafzimmer, und sie wollte die Steine sehen; ihr gefielen beide. Sie fragte mich nach dem Preis, und weil ich ein bißchen verwirrt war, nannte ich ihr einen ziemlich hohen Preis — sie kaufte sie vom Fleck weg. .. und bezahlte auch noch bar.« Er lachte gekünstelt. »Schön, wir hatten das Zimmer für zwei Stunden gemietet, und es kam uns wie pure Verschwendung vor, es nicht zu benutzen — wenn Sie verstehen, was ich meine —, außerdem schien sie nicht abgeneigt zu sein. Wir tranken ein bißchen Bier, zogen uns aus und dann...«
    »Ja?«
    »Nichts. Ich wurde wach und lag mutterseelenallein im Bett. Ich rief sofort beim Empfang an, wo es hieß, die Dame sei vor eineinhalb Stunden gegangen. Das machte mir natürlich Dampf unterm Hintern, und ich sah erst mal nach, ob nichts fehlte. Es war noch alles da, sogar die achtzigtausend Yen, die sie mir für die Edelsteine gegeben hatte. Als ob mich eine Fee oder ein Geist heimgesucht hätte. Mein Kopf war seltsam schwer und mein Hals trocken, also bin ich nach Hause gefahren, um meinen Rausch auszuschlafen. Bier haut mich normalerweise nicht so um; wenn Sie mich fragen, hat sie mich mit irgendwas betäubt. Jedenfalls — die Geschichte ist nämlich noch nicht zu Ende — erfuhr ich am nächsten Tag, als ich meinem Freund die übrigen Steine zurückbrachte, daß der Diamant eine Fälschung war. Sehen Sie, das Ganze ist wirklich nur eine Nebenbeschäftigung für mich, ich bin kein Experte. Ich versichere Ihnen, ich hatte nicht die geringste Absicht, sie hinters Licht zu führen. Bitte glauben Sie mir das.« Er hielt inne, um etwas zu trinken.
    »Das Geld, das sie mir gegeben hat, ist übrigens immer noch vollständig. Ich bewahre es in einem Umschlag auf, damit ich es ihr wiedergeben kann. Ich habe versucht, sie aufzuspüren, leider ohne Erfolg.« Jetzt war die Geschichte tatsächlich zu Ende, und er rundete sie mit einem offensichtlich einstudierten Lachen ab.
    Sagte er die Wahrheit? Vielleicht hatte er ja gedacht, er hätte eine kleine Affäre mit einer verheirateten Frau, und das Geld ohne jeden Skrupel entgegengenommen. Andererseits war aber auch durchaus möglich, daß er sie absichtlich betrogen hatte und sich mit dieser Geschichte reinzuwaschen versuchte. Doch in beiden Fällen — in welchem Zusammenhang konnte dieses bizarre Märchen mit dem Honda-Fall stehen?
    »Wann ist das alles passiert?«
    »Warten Sie... das kann ich Ihnen ganz genau sagen.« Sada zog einen Taschenkalender aus seiner Brusttasche und warf einen Blick hinein. »Am 14. Januar.«
    Dem Tag vor Mitsuko Kosugis Tod.. . worin bestand hier der Zusammenhang? Wahrscheinlich gab es gar keinen. Enttäuscht goß Shinji sich einen Becher grünen Tee ein, um den Sushi­ Geschmack aus seinem Mund zu spülen. Er wollte schon aufbrechen, da begann der Vertreter von neuem zu reden.
    »Wie gesagt, ich werde ihr das Geld zurückgeben und noch dazu einen Topf von der neuentwickelten Creme, die Sommersprossen, Pickel und sogar Muttermale abdeckt. Sie wird aus Frankreich importiert und ist recht teuer, aber sie bekommt sie gratis. «
    Shinji lauschte fassungslos.
    »Sie hatte doch dieses gewaltige Muttermal an der Nase.«
    Shinji sammelte einen winzigen Kieselstein von der Theke auf und schnipste ihn achtlos in den Raum. Er prallte mit dumpfem Klicken irgendwo auf.
    »Ja, wissen Sie, sie wollte es hinter ihrem Taschentuch verstecken, aber dadurch fiel es natürlich noch mehr auf, als wenn sie es offen zur Schau getragen hätte. Ein Muttermal ist kein so schlimmer Schandfleck, daß man es verbergen muß; wenn man dazu steht, hat es sogar

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