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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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durchaus seinen eigenen Reiz. Wie dem auch sei, dieses neue Make-up wird ihr Problem lösen.« Sada schwatzte munter weiter, doch Shinji spürte die tiefe Sorge wegen des Geldes und der Edelsteine hinter dem selbstsicheren Charme des Vertreters.
    »Was wird denn jetzt geschehen?«
    »Je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln, müssen Sie vielleicht vor Gericht aussagen. Aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß Sie Schwierigkeiten bekommen werden. Bis es soweit ist, lassen Sie die Finger von dem Geld.«
    »Gericht? Meinen Sie ein Scheidungs-Gericht?«
    »So was Ähnliches.« Shinji erhob sich und wollte zahlen, doch Sada hielt ihn zurück, indem er ihm eine fettige, verschwitzte Hand auf sein Handgelenk legte. Shinji überließ ihm das Bezahlen, bedankte sich und ging.
    Er ging zu Fuß zum Bahnhof von Asagaya. Was hatte das alles zu bedeuten? Wie konnte er dieses Durcheinander zu einem schlüssigen Bild ordnen? Nichts schien in Zusammenhang zu stehen. Die schwüle Abendhitze machte ihm das Denken schwer. Wenn Hatanaka jetzt nur zur Stelle wäre; der Alte würde die Teile dieses Puzzles blitzschnell zusammenfügen.
    Er war schließlich nichts anderes als ein Berichterstatter, der Fakten für seinen Herrn und Meister sammelte. Er sah den alten Anwalt mit den schweren Lidern fast vor sich, konnte den Duft seiner Zigarre beinahe riechen.
    Am Bahnhof löste er eine Fahrkarte nach Shinjuku. Nur noch ein Name war auf der Liste; es fehlte noch der Junge aus der Schwulenbar.
    Er wäre lieber nach Hause gegangen und hätte sich ins Bett gelegt, unterdrückte diese Regung jedoch — wie ein Spieler, der entschlossen ist, in dieser Nacht sein Glück zu machen.

6
    Es war ein recht langer Fußmarsch vom Bahnhof Shinjuku nach Hanozono-Cho, wo die Schwulenbar lag. Die meisten Leute, die Shinji begegneten, kamen ihm entgegen. Er prallte mit einem Mädchen zusammen, das offensichtlich den letzten Zug erwischen wollte; sie fluchte ihm mit heiserer Stimme hinterher.
    Endlich tat sich der Toden Boulevard vor ihm auf; er überquerte die breite Durchgangsstraße und gelangte auf dem Weg zum Hanazono-Schrein schließlich in ein Viertel, das hinter der heiligen Stätte lag; es war ein ehemaliges Prostitutionsviertel. An der zweiten Kreuzung bog er in eine enge Gasse ab und landete kurz darauf bei einer Ansammlung winziger Bars, deren Vorderfronten nicht breiter als höchstens zwei Meter und die alle mit ähnlichen Neonschildern ausstaffiert waren. Außerdem gab es jede Menge Papierlaternen und bemalte Tafeln; und welches unter diesen Lokalen war jetzt sein Ziel?
    Es war spät, die Straße wie ausgestorben. Kein Gesang drang an seine Ohren, keine aufgetakelte Frau versuchte ihn in einen dunklen Hauseingang zu ziehen, wie man es in einem solchen Viertel vielleicht erwartet hätte. Er steckte den Kopf in eine winzige Bar, in der eine mittelalte Frau mit Schürze saß und fragte sie nach dem Weg.
    »Ich hab' nicht die geringste Ahnung«, versicherte sie ihm. »Lassen Sie's doch sein und nehmen Sie bei mir erst mal einen zur Brust. Ich werd' Sie mit 'nem netten Mädchen bekannt machen.« Sie wärmte sich die Füße über einem Holzkohlenfeuer, das offenbar zugleich als Aschenbecher fungierte, denn es war voller Zigarettenkippen und abgebrochener Essstäbchen. Er lehnte ihr Angebot ab und floh ins Freie; nach einigen Schritten sah er sich um. Sie schien sich mit seiner Antwort abgefunden zu haben und nicht mehr besonders auf Geschäft aus zu sein.
    Nur in einem einzigen Lokal herrschte Leben, einem klitzekleinen Restaurant, das anscheinend vormals eine Bar gewesen war. Köstlicher Geruch nach gegrilltem Fisch und gegorener Bohnensuppe wallte auf die Straße hinaus. Shinji wurde plötzlich bewußt, daß er den ganzen Abend über kaum etwas gegessen hatte, das würde er nun ändern. Drei Leute hielten sich drinnen auf: ein Kellner außer Dienst — erkennbar an seiner Fliege — und zwei Strichmädchen. Sie hoben die Köpfe, als er hereinkam, schenkten ihm jedoch keine weitere Beachtung und widmeten sich wieder ihren Schüsseln und Essstäbchen.
    Hinter der Theke war ein Paar um die Fünfzig bei der Arbeit; wahrscheinlich waren sie Mann und Frau. Er warf einen Blick auf die Karte und bestellte eine Schale Reis mit in Tee getunktem Lachs. Während das Essen zubereitet wurde, rauchte er eine Zigarette und dachte nach. Die Gesichter der vier Männer, die er besucht hatte, tauchten vor seinen Augen auf. Der Assistenzarzt, der Tagelöhner, der

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