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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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einem Hotel  Restaurant verschleudert.< Was für ein Blödsinn! Jedes Kind weiß, daß Hotel-Restaurants um diese Zeit geschlossen sind. Typisch, diese Angeberei! Als ob der sich ein Steak leisten würde — er ist doch zu geizig, um ein Stück Klopapier zu verschenken! «
    »Das muß ja ein Kunde sein, der ihm zehntausend Yen reinschiebt! Ich wünschte, so einer würd' mir auch mal über den Weg laufen! «
    »Na ja, er hat nur dieses eine Mal angerufen. Nobu hofft immer noch drauf, daß er sich wieder meldet, aber das wird er nicht. Denken Sie an meine Worte. Ein Mal mit dieser dummen Ziege reicht! Er hat einfach kein Pflichtgefühl, der Knabe, deshalb lassen ihn seine Kunden schließlich immer fallen.«
    Akiko, auch unter dem verniedlichten Namen >Attchan< bekannt, machte seinen Rivalen also hinter dessen Rücken schlecht. Shinji hatte den Eindruck, als hätte Nobu ihm einen Kunden abspenstig gemacht. Er saß da und lauschte in den nächsten dreißig Minuten diesem und ähnlichem Geschwätz, durchsetzt von gelegentlichem anzüglichen Geplänkel zwischen Attchan und dem molligen, rosigen Bargast zu seiner Rechten. Aber es war immer noch keine Spur von Nobu zu sehen. Vielleicht sollte er lieber später noch mal anrufen. Er bezahlte seine Rechnung, stolze 350 Yen für das Bier und ein paar Leckereien, und ging.
    Am Fuß der Treppe stellte er allerdings fest, daß es regnete. Ein regelrechter Wolkenbruch prasselte auf die Straße hernieder, und er beschloß, sich unterzustellen, bis das Unwetter vorbeigezogen war. Das Wasser lief auf dem Asphalt zu tiefen Pfützen zusammen, in denen sich das rote Neonschild der Bar spiegelte. Er zündete sich eine Zigarette an und sah dem sintflutartigen Regenguß zu. Weit und breit war keine Menschenseele in Sicht.
    Da hielt am Ende des Sträßchens ein Taxi, ein Mann stieg aus und kam mit über den Kopf gestülptem Jackett auf Shinjis Unterstand zugerannt. Unter dem Dachvorsprung blieb er stehen und zog das Jackett wieder an; darunter trug er ein gestreiftes Hemd, das ihn als Kellner der Bar B auswies. Er warf Shinji einen Blick zu und lächelte verschmitzt. Sein Gesicht hatte sehr weibliche Züge und wies immer noch eine gewisse kindliche Rundheit auf. Und auf seiner Krawatte thronte ein unübersehbares »N«.
    »Sie sind vermutlich Nobu«, begann Shinji. »Ich habe auf Sie gewartet. «
    »Tut mir leid, daß das hier im Regen stattfinden mußte. Wollen Sie nicht mit raufkommen?«
    »Nein danke — ich hab' schon eine ganze Weile dort verbracht und muß mich wieder auf den Weg machen. Aber vorher hätte ich noch eine oder zwei Fragen.« Mit diesen Worten entnahm er seiner Brieftasche einen 1000-Yen-Schein, faltete ihn bedächtig zusammen und steckte ihn in Nobus Brusttasche.
    »Ich bin Anwalt«, fuhr er fort, »und habe momentan mit einem Fall zu tun, bei dem es um Blutspenden geht. Haben Sie in jüngster Zeit gespendet?«
    »Nein. «
    »Sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher. Ich leide neuerdings an Blutarmut. Sie brauchen wohl AB rh-negativ. Für was für eine Operation soll es denn sein?«
    Shinji schüttelte den Kopf. Auch seine letzte Karte hatte sich als nutzlos entpuppt; höchste Zeit, die Zelte abzubrechen.
    »Übrigens«, sprach der junge Mann weiter, »hab' ich an meinem letzten Geburtstag beschlossen, nie wieder Blut zu spenden. Ich fasse jedes Jahr an meinem Geburtstag einen wichtigen Entschluß. Wer weiß, vielleicht beschließ' ich nächstes Jahr, aus Schwulenbars zu verduften! «
    »Und wann haben Sie Geburtstag?«
    »Am 15. Januar.«
    Am 15. Januar... der Tag, an dem Mitsuko Kosugi ermordet worden war. Und der Junge hatte gesagt...
    »Sagten Sie nicht gerade, an Ihrem letzten Geburtstag sei Ihnen was Interessantes passiert? Was denn?«
    »Kein Wort hab' ich davon gesagt.«
    »Oh, tut mir leid. Dann war's Attchan.«
    »Ach so. Das Ganze war wirklich nicht besonders schön, verstehen Sie? Attchan ist einfach eifersüchtig, sonst nichts. Stimmt, ich hab' viel Geld verdient, aber puh, war das ein seltsamer Typ! Er wollte mir unbedingt beim Baden zusehen, hat selbst allerdings kein einziges Kleidungsstück ausgezogen — behielt sogar die ganze Zeit Handschuhe an! War ein kleiner Kerl mit irgendwie gepreßter Stimme. Und er ließ nur ein kleines Lämpchen neben dem Bett brennen, so daß es fast stockfinster war. Ich find's nicht besonders romantisch im Dunkeln, Sie vielleicht?«
    »Und dafür hat er Ihnen zehntausend Yen gegeben?«
    »Stimmt genau.«
    Der Regen hatte

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