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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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weißen Kittel mit Würde, eine Hand in der Tasche, die Knöpfe offen. >Arroganter Kerl<, dachte Shinji.
    Er stand auf, um ihn zu begrüßen. »Vielen Dank, daß Sie sich gestern mit mir getroffen haben.«
    »Keine Ursache. Aber wieso sind Sie schon wieder hier? Ich bin nämlich sehr beschäftigt.«
    »Ja, das ist mir klar, es wird auch nicht lange dauern. Sehen Sie, ich hab' Ihnen erzählt, ich wäre Reporter, aber das stimmt gar nicht. Ich bin Anwalt.« Mit diesen Worten präsentierte er ihm seine Originalkarte. Der Assistenzarzt besah sie interessiert.
    »Ich verteidige Ichiro Honda. Ist Ihnen seine Blutgruppe zufällig bekannt?«
    »Ja, es stand in der Zeitung. Er hat die gleiche wie ich.«
    »Wir sind von seiner Unschuld überzeugt. Wir glauben nicht, daß das Blut unter den Fingernägeln der Opfer seins war, und das gleiche gilt auch für den Samen.«
    »Wirklich? Wollen Sie damit andeuten, das Blut wäre meins?« »Das Blut nicht. Der Samen.«
    Yamazaki war einen Moment lang sprachlos; er gaffte Shinji an und brach schließlich in schrilles Gelächter aus. »Sehr interessant. Und wieso sind Sie sich da so sicher?«
    »Sie erzählten mit gestern, daß Sie von einer bekannten Zeitschrift zum Thema Samenspende interviewt worden seien. Das stimmt doch, oder? Sie haben auf dem Gebiet folglich einige Erfahrung?«
    »Also gut, ich bin hier einer unter mehreren Medizinstudenten, die Samen spenden. Gewöhnlich sind wir zu dritt, manchmal auch zu viert oder zu fünft. Die Namen werden aber immer vertraulich behandelt, und selbst wenn man spendet, erfährt man nie, ob der Samen verwendet wird. Aber was in aller Welt soll das mit der Ichiro-Honda-Sache zu tun haben?«
    »Ich habe guten Grund zu glauben, daß Sie am 5. November letzten Jahres gespendet haben.«
    »Haben Sie einen Moment Geduld.« Er schaute in seinen Terminkalender und schüttelte dann den Kopf. »Ich hab's mir nicht notiert, und meine Erinnerung an vergangenes Jahr ist nicht mehr besonders frisch. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich etwa im Oktober gespendet habe, aber sicher bin ich nicht.«
    »Wo soll das stattgefunden haben?«
    »Na, hier natürlich!«
    »Und wie wird der Samen normalerweise gesammelt?«
    Das dünne Lächeln verschwand von Yamazakis Gesicht. Er war spürbar beleidigt. »Ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb ich ins Detail gehen soll ... Ich weiß schließlich nicht, welche Auswirkungen — ... Na schön, vermutlich kann's nicht schaden, Ihnen davon zu erzählen. In einem Reagenzglas selbstverständlich.«
    »Dann geht also jemand herum und sammelt die Reagenzgläser ein? Eine Krankenschwester zum Beispiel?«
    »Nein, gewöhnlich geben wir sie dem Chefarzt persönlich.«
    Im Lauf der Unterhaltung hatten sie sich von der Menge entfernt; mittlerweile standen sie an einem Fenster in der Nähe der Schuhspinde. Für einen oberflächlichen Betrachter waren sie einfach zwei Männer, die ein belangloses Gespräch führten.
    »Hören Sie zu«, beschwor ihn Shinji eindringlich, »ein Menschenleben hängt davon ab. Sie müssen nicht vor Gericht aussagen, wenn Sie nicht wollen, aber bitte, sagen Sie mir die Wahrheit. Um den 5. November herum, haben Sie da nicht irgend jemand anderem als dem Chefarzt ein solches Reagenzglas gegeben? Einer unbekannten Krankenschwester vielleicht?«
    Eine kühle Brise strich durch das offene Fenster hinein. Kotaro Yamazaki hatte Shinji den Rücken gekehrt, und jener überlegte sich, inwieweit eine solche Geste Zurückweisung bedeutete. Nach einer Weile drehte Yamazaki sich wieder um und sah Shinji an.
    »Was glauben Sie wohl, wieviel mir das Krankenhaus zahlt?« Seine Stimme war leise und anklagend. Shinji gab keine Antwort.
    »Nichts, und keinen Yen mehr! Egal, wie lange man arbeitet — nichts! Man muß reich sein, um Arzt zu werden. Viele der anderen sind selbst Söhne von Ärzten, deshalb können Sie es sich leisten, für nichts wie ein Sklave zu schuften. Ich beschwer' mich ja gar nicht, so ist es nun mal. Ich sage nur, daß man es viel leichter hat, wenn man reich ist, wenn man ein Arztsöhnchen wie die ganzen anderen ist. Also denken Sie bitte auch mal über Leute wie mich nach, die es ganz allein schaffen müssen. Jawohl, ich habe am 5. November letzten Jahres für zehntausend Yen ein Reagenzglas mit Samen verkauft, wenn Sie's unbedingt wissen wollen!«
    »Zehntausend Yen! Das ist ein Haufen Geld! Was ist denn der normale Preis?«
    Yamazaki drehte ihm erneut den Rücken zu und brummte über die Schulter:

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