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Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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geschützter Wiesen, Gebüsch und Wald auf dem Magnolia Bluff. Zu dem Naturschutzgebiet gehörten auch drei Kilometer Küstenlinie.
    Camille und ich kamen oft hierher, um spazieren zu gehen und nachzudenken. Die Schreie der Möwen hallten über den Strand, und irgendwie fiel uns das Atmen leichter, wenn wir von hier aus über die Bucht auf die Olympic Mountains blickten. Ich blieb lieber oben im Wald, während Camille gern direkt an der Küste spazieren ging. Für uns war der Park ein einziger großer Spielplatz.
    Ich suchte mir meinen Weg durch die gewundenen Straßen um den Park herum und hielt schließlich vor einem zweistöckigen Gebäude. Das große, alte Haus war in vier Wohnungen aufgeteilt worden. Weit weg von den Türmen aus Glas und Chrom, die überall in der Innenstadt gebaut wurden, hatte Siobhans Haus sich den Charme einer längst vergangenen Ära erhalten. Es machte einen heimeligen Eindruck, beinahe wie eine gemütliche Pension.
    Ich sprang aus dem Jeep und ging zur Treppe an der rechten Seite des Gebäudes. Auf jedem Stockwerk befanden sich zwei Wohnungen, und Treppen zu beiden Seiten führten in die beiden oberen Apartments.
    Das Haus brauchte dringend einen neuen Anstrich, so viel stand fest. Von Wind und Regen verwittert, blätterte überall die Farbe ab, doch insgesamt wirkte das Gebäude eher müde als verkommen. Große Büsche standen direkt am Haus, und Efeu kletterte die Wände hoch. Der Garten hintenraus war nur eine große Rasenfläche, mit Blick auf die Bucht.
    Ich rannte die Treppe hinauf und klopfte an der verwitterten weißen Tür mit der goldenen Aufschrift B-2. Einen Augenblick später ging die Tür auf. Siobhan stand vor mir, groß und dünn, mit langem schwarzem Haar und blasser Haut, die so typisch für einen bestimmten Schlag von Iren war. In ihrem hellgrauen Leinenrock mit passendem Rollkragenpulli erinnerte sie mich an einen Strahl Mondlicht, der in einer kühlen Herbstnacht durchs Fenster hereinfällt.
    »Hallo, komm rein«, sagte sie und schloss die Tür hinter mir. Siobhan bewegte sich wie ein Schatten; in einer Sekunde war sie noch da, in der nächsten stand sie am anderen Ende des Raumes.
    Ihre Wohnung spiegelte ganz ihre Natur. Gemälde mit Meeresszenen und wilden, schäumenden Wellen schmückten die Wände. Sofa und Sessel waren mit leicht silbrigem Veloursleder bezogen, das Holz der Möbel grau wie Treibholz. Sogar die Blumen spiegelten die Farben des Ozeans – viel Weiß und blasses Violett mit einem rosafarbenen Tupfer hier und da zwischen den hellen Rosen und Orchideen.
    »Möchtest du einen Happen essen?«, fragte sie und hielt mir ein Tablett mit Räucherlachs auf Crackern hin. Mein Magen knurrte, und ich nahm mir begierig eines der Häppchen, biss hinein und wischte mir den Mund mit einer Papierserviette ab. Als wir im Wohnzimmer Platz nahmen, von dem aus man die Bucht sehen konnte, fragte ich mich, wie lange sie wohl schon in dieser Stadt lebte. Erdgebundene Feen waren ebenso langlebig wie die der Anderwelt. Siobhan hätte hundert Jahre alt sein können oder auch fünfhundert.
    »Wann bist du eigentlich nach Seattle gekommen?«, fragte ich und sah zu, wie der Wind auffrischte und die Wellen aufpeitschte, die weiße Schaumkronen bekamen.
    Sie lächelte schief. »Ich bin vor langer Zeit über Ellis Island eingewandert. Damals war ich kaum mehr als ein junges Mädchen, aber mir wurde befohlen, meine Heimat zu verlassen und hier ganz neu anzufangen.«
    Ich sah sie fragend an. »Warum denn?«
    »Unsere Blutlinie war, und ist, vom Aussterben bedroht. Inzucht hat bereits Probleme verursacht, deshalb haben die Ältesten meiner Kolonie fünfzig von uns, alles jüngere Mitglieder, dazu ausgewählt, in die Neue Welt auszuwandern. Sie wollten, dass wir uns hier ein neues Leben schaffen, unsere Blutlinien über den Ozean bringen und sie mit dem Blut der Selkies des nordamerikanischen Pazifik auffrischen. Hier gibt es die größten Kolonien der Welt, wusstest du das?«
    Ich nickte. Ich wusste, dass fast alle Werarten in der Erdwelt Probleme mit dem schrumpfenden Genpool hatten. Während die menschliche Bevölkerung zunahm, schrumpften ihre Populationen zusammen. Wenn man dann noch bedachte, wie schwierig es geworden war, geeignete Territorien zu finden, wunderte es mich nicht, dass einige bereits auszusterben drohten.
    »Es ist schwer, ein Erdwelt-Werwesen zu sein, nicht wahr?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Wir haben nicht so viele Möglichkeiten. Im Gegensatz zu anderen Feen

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