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Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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meine Schuld, dass sie mitten in der Gosford’s Plaza einen Streichelzoo aufgebaut hatten. Und es war auch nicht meine Schuld, dass der ziemlich dicke Truthahn in diesem Gehege so lecker ausgesehen hatte.
    »Hör zu, ich rede mit dem Laden, ich bringe das wieder in Ordnung«, rief ich und eilte ihr nach. »Ich rufe sie an und erkläre ihnen, dass du nichts dafür konntest und dass sie dich nicht meinetwegen mit einem Hausverbot belegen dürfen. Okay?«
    »Das ist das Allerschlimmste! Gosford’s ist mein Lieblingsgeschäft. Dort hinausgeworfen zu werden – das kommt überhaupt nicht in Frage!« Iris schnaubte und legte ihre Einkäufe auf den Küchentresen. »Wie auch immer, es ist nur...  ach, nichts...  «
    Ich sah, wie ein Lächeln versuchte, sich durch ihre finstere Miene an die Oberfläche zu kämpfen. »Du musst schon zugeben«, sagte ich, »dass das saukomisch war.«
    »Nicht für den verdammten Vogel«, sagte sie und unterdrückte dann ein Kichern. »Ach, na schön. Es war komisch, aber nichts auf der Welt wäre so komisch, dass es meinen Rauswurf aus dem Shopping-Paradies wert sein könnte.«
    »He, du hast selbst gesagt, dass wir es geschafft haben, alles zu besorgen, was du wolltest. Und ich habe dafür bezahlt, also solltest du nicht so sauer auf mich sein«, nuschelte ich und durchforstete den Kühlschrank. Ich wollte Geflügel, und zwar auf der Stelle. In einem Tupper auf der obersten Ablage fand ich Reste einer Mahlzeit von KFC; lächelnd zog ich sie heraus und ließ es mir schmecken. »Willst du was?«, fragte ich und bot ihr eine Hähnchenkeule an.
    »Nein, ich möchte nichts, vielen Dank!«, erwiderte Iris verschnupft und machte sich daran, unsere Beute auszupacken. Aber zumindest lächelte sie wieder. Sie breitete die Dekorationen und Kerzen aus, faltete dann die Tüten zusammen und ging auf die hintere Veranda hinaus, um sie wegzuräumen. Plötzlich stieß sie einen schrillen Schrei aus. Ich ließ mein Hühnerbein fallen und rannte zur Hintertür.
    Iris stand da wie angewurzelt und starrte auf ein großes Netz, das quer vor der Tür gespannt war. Es war aus dicken, kräftigen Strängen gewoben – so ein Spinnennetz hatte ich noch nie gesehen. In der Mitte, gehalten von Fäden wie aus Stahl, hing ein brummiger alter Kater, der hier in den Wäldern herumstreifte. Mein Freund Cromwell. Er war staubtrocken, völlig ausgesaugt, und in einem Gummiband um seinen Hals steckte ein zusammengefalteter Zettel.
    Ich schauderte, trat vor und spürte, wie in meinem Herzen ein Feuer zu lodern begann. Stumm befreite ich den Kater aus dem Netz, trug ihn zu der Kommode, in der Iris ihre Gartengeräte aufbewahrte, und löste das Papier aus dem Gummiband. Ich wollte nur noch eins: denjenigen töten, der ihm das um den Hals gehängt hatte.
    Cromwell war ein Streuner, der in seinem Leben eine Menge Kämpfe ausgefochten hatte. Wir hatten uns ein paarmal unterhalten, wenn ich im Licht des Vollmonds umhergestreift war. Er war von Kindesbeinen an ganz auf sich allein gestellt gewesen, und er mochte Menschen nicht besonders, aber er machte seine Runde von Haus zu Haus. Die meisten Nachbarn stellten jeden Abend ein bisschen Futter für ihn raus. Manchmal waren die Waschbären vor ihm da – dann ging er eben weiter zum nächsten Haus und fraß dort.
    Er war alt, und er war krank, sterbenskrank vermutlich, aber er hatte sich stur ans Leben geklammert, angetrieben vom Willen zu überleben, allen Widrigkeiten zum Trotz.
    »Das hat er nicht verdient«, sagte ich und kämpfte mit den Tränen. Ich ballte die Fäuste; wer auch immer ihn ermordet hatte, ich wollte ihn fühlen lassen, wie es war, wenn einem das Leben mitsamt der Würde ausgesaugt wurde.
    Iris trat hinter mich und rieb mir sacht den Rücken, so hoch sie eben kam. »Es tut mir sehr leid. Ich habe ihn manchmal hier herumschleichen sehen. Er war ein Freund von dir, nicht wahr?«
    Ich blickte auf sie hinab und fragte mich, wie viel sie über mein Leben als Katze wusste. Ich nickte und griff nach einem Jutesack, um ihn zuzudecken, aber sie hielt mich mit einer Geste zurück und sagte: »Ich bin gleich wieder da. Halte Wache bei ihm.«
    Während ich wartete, faltete ich den Zettel auf. In schnörkeliger Schreibschrift – dünn und spinnenbeinig und sehr präzise geschrieben – stand da: Neugier ist der Katze Tod. Halte dich vom Rainier-Puma-Rudel fern, sonst ergeht es dir und deinen Schwestern wie deinem Freund hier.
    Iris erschien mit einer seidenen Kissenhülle,

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