Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
zweiundzwanzigsten, in der Nacht nach der Sonnenwende, richtig?« So würden wir sogar Zeit haben, sowohl ihre Party als auch das Julfest zu genießen.
Menolly begrüßte Sassy mit einem Lächeln, doch noch während sie ein paar Worte mit ihr wechselte, suchte sie den Raum ab. Ich wusste, nach wem sie Ausschau hielt: Wade Stevens, der die Anonymen Bluttrinker auf die Beine gestellt hatte. Er und Menolly waren ein paarmal miteinander ausgegangen, seit sie sich hier kennengelernt hatten.
Ihre Miene hellte sich auf, und ich folgte ihrem Blick zum Podium. Da stand er, mit für immer stacheligem, für immer blondgebleichtem Haar. Wade war etwa eins fünfundsiebzig groß und kräftig, aber fit. Er trug eine Brille – die er natürlich gar nicht mehr brauchte – und saubere Jeans mit einem weißen T-Shirt und einem offenen Hawaii-Hemd darüber.
»O-oh«, sagte Menolly leise.
»Was ist denn?« Ich blickte mich um. Alle schienen sich gut zu benehmen. Ich sah nirgends ein Handgemenge, Fauchen oder ausgefahrene Reißzähne. Da dies der eine Abend im Monat war, an dem alle Angehörige und Freunde mitbringen sollten, benahmen sich sämtliche Vampire – sogar der MöchtegernVlad – vorbildlich.
»Schau mal da rüber. Neben Wade.« Sie starrte finster hinüber.
Ich folgte ihrem Blick. Neben Wade stand eine Frau, die offensichtlich ebenfalls ein Vampir war, aber so einen Vampir hatte ich noch nie gesehen. Ihr Haar war streng zu einem riesigen, aufgebauschten, kupferroten Dutt hochgesteckt. Sie war klein und stämmig und trug einen Polyester-Hosenanzug. Ihre Handtasche war groß genug, um einen Straßenräuber damit zur Strecke zu bringen. Und Wade hatte ihre Nase und ihre Augen.
»Ihr guten Götter, ist das seine Mutter?«, fragte ich und konnte den Blick nicht mehr von den beiden losreißen. »Bitte sag jetzt nicht, dass sie auch –«
»Ein Vampir ist? Ja, ist sie. Ich hatte sehr gehofft, sie nie kennenzulernen, aber offenbar hat sie beschlossen, dass es an der Zeit ist, sich mal anzusehen, was Wade hier so treibt.« Menolly runzelte die Stirn.
Wade sah auch etwas genervt aus. Seine übliche Fröhlichkeit wirkte bemüht, und er war noch blasser als sonst. Aber als er aufblickte und uns entdeckte, verschwand der düstere Ausdruck aus seinem Gesicht, und er winkte uns zu sich herüber. Menolly seufzte tief, während wir uns durch die Stuhlreihen nach vorn arbeiteten.
»Bringen wir es hinter uns«, sagte sie. »Dies könnte mein letzter Abend mit Wade sein.«
» Ich bin hier diejenige, die befürchten muss, dass seine Mutter beißen könnte. Was hast du denn?«, zog ich sie auf.
»Du verstehst das nicht«, sagte sie. »Du hast noch nie gehört, wie Wade über seine Mutter spricht. Nicht zu fassen, dass jemand sie tatsächlich in einen Vampir verwandelt hat. Dem Vollidioten, der das getan hat, würde ich am liebsten die Eier abreißen.«
Ich erstickte an meinem unterdrückten Lachen, und Menolly klopfte mir kräftig auf den Rücken, aber es war schon zu spät. Wades Mutter hatte mich husten gehört und drehte sich nach uns um. Binnen Sekunden war sie bei uns und wühlte in dieser gigantischen Handtasche herum. Schließlich fand sie, was sie gesucht hatte – ein Hustenbonbon – und hielt es mir ungeduldig hin.
»Hier, meine Liebe, Sie hören sich an, als hätten Sie sich erkältet. Nehmen Sie das – na los, nehmen Sie schon!«, beharrte sie, als ich den Kopf schüttelte. »Ich habe reichlich davon, und Sie – Sie weilen noch unter den Lebenden. Wenn Sie das nicht nehmen, bekommen Sie am Ende noch eine Lungenentzündung, und eines sage ich Ihnen, ein hübsches Mädchen wie Sie will doch bestimmt nicht krank werden. Sie besitzen schließlich nicht unseren natürlichen Schutz gegen Krankheiten, wissen Sie? Nun nehmen Sie schon, das wird Ihren Husten beruhigen. Nehmen Sie es!«
Sie drückte mir das Hustenbonbon in die Hand, wandte sich Wade zu und klopfte ihm strafend auf den Arm. »Nun steh doch nicht einfach da herum. Stell mir die Damen endlich vor!«
Wade schloss kurz die Augen, als versuchte er es mit dieser alten Ich schlafe nur, und wenn ich die Augen wieder aufmache, ist alles vorbei -Nummer. Als er blinzelte und sah, dass sie immer noch da war, lächelte er gezwungen.
»Mutter, das ist Delilah D’Artigo. Und das ist ihre Schwester Menolly. Ich habe dir von Menolly erzählt, weißt du noch? Mädels, das ist meine Mutter, Mrs. Belinda Stevens.«
Wades Mutter musterte uns von oben bis unten, als wären wir
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