Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
keine Drachen. Sie können Ihnen gern erzählen, was sie sind, falls sie das möchten, aber das liegt ganz bei unseren Gästen. Georgio hat wieder eine seiner dissoziativen Episoden, fürchte ich. Würden Sie ihn auf sein Zimmer bringen und sich um ihn kümmern?«
Mit einem zustimmenden Brummen nahm sie Georgio am Arm und führte ihn sanft hinaus.
Smoky sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren. »Ihr seid pünktlich. Sehr schön.«
»Moment mal«, sagte ich. »Nicht so schnell. Wer ist Estelle, und warum wohnt Georgio hier draußen?«
Smoky warf mir einen langen, kühlen Blick zu. »Du betrachtest das als deine Angelegenheit, ja?«
Mir gefror fast das Blut in den Adern, und ein lebhaftes Bild stand mir vor Augen: Das kleine Kätzchen schlägt mit der Pfote nach der gewaltigen Bestie und merkt rasch, dass das keine so gute Idee war.
Einen Augenblick später sagte er: »Wenn du es unbedingt wissen willst – Estelle hat für Georgios Großmutter gearbeitet und sich seit Jahren auch um ihn gekümmert. Als ich ihn vor ein paar Wochen vor dem Haus gefunden habe – er hat geweint, weil seine Großmutter gestorben war –, da bin ich in die Stadt gefahren und habe mich mal mit Miss Dugan unterhalten. Sie hat sich bereit erklärt, hier herauszukommen und sich um ihn zu kümmern. Seine Großmutter hat ihm nichts hinterlassen, und er hat keine weiteren Angehörigen mehr. Da Georgio nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, habe ich ihm dieses Haus zum Wohnen angeboten, einen gewissen monatlichen Betrag für Essen und Kleidung und ein Gehalt für Estelle, das ihr gestattet, etwas fürs Alter zurückzulegen – nun, was von ihrem Alter eben noch übrig ist.« Er wies zur Tür. »Gehen wir. Die Schleier müssen während des Nachmittags geteilt werden.« Er gesellte sich zu Camille und sagte über die Schulter hinweg zu mir: »Und ehe du fragst, ja, die Frau weiß, dass ich ein Drache bin. Und nein, das beunruhigt sie nicht weiter.« Besitzergreifend schlang er einen Arm um Camilles Schultern und führte uns hinaus. Und mehr gab es zu dem Thema nicht zu sagen. Ich war nicht dumm – ich wusste, wann ich aufhören musste nachzubohren.
Wir folgten Smoky durchs Gebüsch.
»Bist du sicher, dass du das wirklich tun willst?«, fragte Zachary, der sich neben mir einreihte, als wir den Wald betraten.
»Nun sind wir schon so weit gekommen. Verdammt will ich sein, wenn ich jetzt umkehre.« Ich ließ mir noch einen Moment Zeit und sprach dann zögerlich etwas an, das nur ein unangenehmes Thema werden konnte. »Zach, ich muss dich das fragen, bitte sei nicht beleidigt. Wie gut kennst du die anderen in deinem Clan? Ist jemand neu zum Rudel dazugekommen? Würdest du jedem von ihnen dein Leben anvertrauen?«
Er blinzelte. »Warum? Hegt ihr den Verdacht, dass einer von uns nicht ganz aufrichtig ist?«
»Ich muss das nur wissen. Vertrau mir bitte – es ist wichtig.« Ich wollte ihm von der Werpuma-Energie auf unserer Veranda erzählen, aber Camille hatte mich ja gewarnt, das nicht zu tun.
Zachary starrte zu Boden; er wirkte erschöpft und verwirrt. »Um ganz ehrlich zu sein – ich weiß es nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Wir haben tatsächlich ein paar neue Mitglieder, entfernte Verwandte, die in den vergangenen Monaten aus anderen Clans zu uns gekommen sind. Selbstverständlich nehmen wir unsere Verwandten auf. Ich wünschte nur, ich wüsste, was da vorgeht. Wenn ich mehr wüsste, könnte ich deine Frage vielleicht besser beantworten.«
Ich dachte an unsere eigenen familiären Probleme, zu Hause in der Anderwelt, und sagte: »Manchmal wirst du niemandem als dir selbst vertrauen können. Manchmal steht die Welt plötzlich kopf, und du kannst nichts weiter tun, als dich gut festzuhalten und zu hoffen, dass du heil wieder da herauskommst.«
Zach warf mir einen fragenden Blick zu. »Ich nehme an, du hast selbst Probleme?« Er trat mit einem großen Schritt über eine Brombeerranke hinweg, die mitten aus dem Pfad spross.
»Glaube mir, wir stecken alle bis zum Hals in der Scheiße.« Ich blickte mich um. Der Pfad war förmlich zugewuchert, seit wir zum ersten Mal hier draußen gewesen waren. Vielleicht war Titania weitergezogen, und das Land verwilderte. Vielleicht ermunterte Smoky auch den Wald, die Pfade zurückzuerobern.
Ich schüttelte den Kopf. »Mach dir unseretwegen keine Gedanken. In unserem Leben läuft immer irgendetwas schief. Konzentrieren wir uns lieber auf deine Situation. Du sagst, ihr hättet ein
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