Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
Portal traten, blickte ich sofort zum Himmel auf. In nicht einmal einer Stunde würde die Sonne aufgehen. Trotz der Wolken und des dichten Schneefalls würde ihr Licht mich zu Asche verbrennen. Der schwere Sog des Morgengrauens war die Hölle – ich konnte kaum mehr die Augen offen halten, während wir zu Morios Jeep eilten.
Camille musterte unseren verhüllten Gast. »Wer seid Ihr?«
»Das ist jetzt egal«, warf ich ein. »Ich muss nach Hause.«
»Sie hat recht«, sagte Morio. »Keine Sorge, ihr werdet seinen Namen bald genug erfahren.«
Camille neigte den Kopf zur Seite und sah Morio neugierig an. »Du kennst ihn?«
Morio zuckte mit den Schultern. »Jareth und ich haben uns lange unterhalten, während du Menolly geholfen hast.« Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen, ganz egal, wie sehr wir uns bemühten. Schließlich stiegen wir ins Auto. Unser Gast starrte den Jeep einen Moment lang an, ehe er uns in den Wagen folgte. Wer auch immer er sein mochte, ich hatte das Gefühl, dass er noch nie in der Erdwelt gewesen war.
Zu Hause erwarteten uns Delilah, Chase, Iris und Nerissa. Sofort, nachdem ich die Haustür geschlossen hatte, wirbelte ich zu unserem neuen Freund herum. »Okay, ich habe nicht mehr viel Zeit, bis ich schlafen muss, und ich werde nicht bis heute Abend warten, um endlich zu erfahren, wer du bist. Runter mit dem Umhang.«
Der Mann hob langsam die Hand und zog seine Kapuze zurück. Camille schnappte nach Luft, und Delilah schrie laut auf.
»Also, wer ist er?«, fragte Chase ungeduldig.
»Shamas! Das ist unser Cousin Shamas!«, stammelte Camille. »Ich dachte, du wärst für immer verloren!« Sie stürzte sich auf den großen Mann, der ebenso blasse Haut, rabenschwarzes Haar und violette Augen hatte wie sie, und schlang die Arme um ihn.
Shamas, der für Tanaquar gegen die Opiumfresserin gekämpft hatte, war in Gefangenschaft geraten und vor einem Monat von Lethesanar zum Tode verurteilt worden. Er hatte es geschafft zu entkommen, als Tanaquar eine Triade von Mönchen ausgeschickt hatte, um ihn töten zu lassen, ehe er in der Folterkammer landete. So wäre er zumindest rasch und beinahe schmerzlos gestorben. Aber irgendwie hatte Shamas es geschafft, die Energie der Meuchelmönche anzuzapfen und für seine eigenen Zwecke einzusetzen – nämlich, um sich schleunigst zu verdünnisieren. Er war verschwunden, und niemand hatte seither etwas von ihm – oder über ihn – gehört.
»Shamas! Wie bist du... warum... wie kann das sein?« Ich wollte meinen Augen nicht trauen. »Als du Königin Lethesanar entkommen bist, dachten wir alle, du wärst implodiert oder so.«
Unser Cousin lachte, aber seine Stimme war heiser und klang sehr müde. »Camille, Delilah, Menolly... es tut so gut, eure Gesichter zu sehen. Ich wusste nicht, ob ich noch irgendjemanden aus meiner Familie wiedersehen würde, ehe ich zu unseren Ahnen gehe.« Er schlüpfte aus dem Umhang und enthüllte einen viel zu dünnen Körper mit blass schimmernden Narben an den Armen. Lethesanar hatte also doch schon mit der Folter begonnen, ehe die Triade der Mönche eingeschritten war.
»Lasst den Mann sich doch erst mal hinsetzen«, sagte ich. »Seht ihr nicht, dass er völlig erschöpft ist? Hast du Hunger, Shamas? Möchtest du etwas essen?«
Er rieb sich mit zusammengekniffenen Augen die Stirn. »Ich bin nur überwältigt, das ist alles. In den letzten paar Wochen ist so viel geschehen.« Als wir ihn ins Wohnzimmer führten, fügte er hinzu: »Aber ich hätte sehr gern eine Tasse Tee oder etwas Brühe.«
Iris nahm die Sache sofort in die Hand. »Suppe sollst du haben, und Tee, und frisches, heißes Brot. Du bist viel zu dünn. Und du siehst ja so müde aus. Mädels, holt ihm eine Decke und ein Kissen, damit er es sich im Liegesessel bequem machen kann. Ich nehme an, deine Wunden sind bereits verheilt und müssen nicht behandelt werden?« Iris nahm wie üblich kein Blatt vor den Mund.
Shamas nickte. »Die Mönche von Dayinye haben mir das Leben gerettet. Ich war so gut wie tot, als ich durch ihre Schilde brach und in ihrem Tempel landete.«
»Du hast die Schilde von Aladril durchbrochen?« Morio starrte ihn an. »Dann musst du ein sehr mächtiger Magier sein.«
»Ich wette zehn zu eins, dass Königin Asteria wusste, wo er ist«, sagte ich zu Camille. »Ich habe keine Ahnung, woher sie das wissen konnte, aber sie scheint höchstpersönlich an ein paar Strippen des Schicksals zu ziehen.«
Shamas sah Morio an. »Offenbar bin ich
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