Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
war getan, und ich trat zurück. Robert rang mit dem Tod, eine Hand um die Kehle gekrallt. Seinem Freund ging es nicht viel besser. Zwei weitere Irre erledigt. Ich wischte mir den Mund ab und nahm mir einen Augenblick Zeit, um mich zu beruhigen. Als meine Reißzähne sich in den Kiefer zurückgezogen hatten, ging ich auf die Straße zu Iris und dem Mädchen, die um die Ecke auf mich warteten.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Die werden dir nie wieder etwas tun«, sagte ich. »Wie wäre es jetzt mit einem Namen?«
Sie blinzelte und sah mich verblüfft an. »Anna-Linda. AnnaLinda Thomas. Ich bin aus Oregon.«
Die Kleine glaubte vermutlich, das Leben hier oben wäre besser. Ich versuchte ihr Alter abzuschätzen. Sie sah aus wie sechzehn, war aber vermutlich eher zwölf. »Wie alt bist du? Und sag die Wahrheit.«
Sie zog den Kopf ein und starrte auf ihre Turnschuhe hinab. »Dreizehn.«
Iris mischte sich ein. »Wie wäre es, wenn wir sie für heute Nacht mit zu uns nehmen? Dann kann sie ordentlich essen und sich ausschlafen, und morgen kümmern wir uns um alles Weitere.«
Ich sah dem Mädchen ins Gesicht. Keine Verschlagenheit, nur pure, dumme Naivität. »Komm mit«, sagte ich. »Bei uns bist du sicher. Darauf gebe ich dir mein Ehrenwort.«
Iris’ Anwesenheit schien sie zu beruhigen, und sie folgte uns brav. Iris flüsterte so leise, dass ich sie hören konnte, das Mädchen aber nicht: »Alles okay?«
Ich nickte.
»Robert und sein Freund?«
»Im ewigen Schlaf«, sagte ich und ging auf das Parkhaus zu.
Iris holte zu mir auf und ließ Anna-Linda ein paar Schritte hinter uns zurück. »Sag mir nur eins.«
»Und das wäre?«
Wir blieben an der Ampel stehen und warteten auf Grün. Als wir die Straße überquert hatten und das Parkhaus schon in Sicht war, sagte Iris leise: »Camille hat einmal erwähnt, dass sie sich Sorgen macht, wenn du Dämonenblut trinkst. Dass es dich irgendwie verändern oder dir schaden könnte. Was ist mit dem Blut von Mördern, Vergewaltigern, prügelnden Ehemännern? Schmeckt es anders, oder hat es irgendwelche unangenehmen Wirkungen auf dich?«
Ich runzelte die Stirn. Wenn sie so davon sprach, verstand ich, wie Camille auf die Idee kam. »Wegen dem Dämonenblut mache ich mir selbst Sorgen. Sie sind eine ganz eigene Art von Wesen, genetisch völlig anders als wir. Ich habe keine Ahnung, was schon mit mir geschehen sein könnte, weil ich Dämonenblut getrunken habe. Aber bei Menschen? Blut ist Blut. Wenn sie körperliche Krankheiten haben, macht mir das nichts aus. Viren können in mir nicht überleben. Was alles andere angeht... Na ja, es ist ihre Seele, die verdorben ist, nicht das Blut. Blut ist rein. Es singt, aber nicht von ihren Sünden.«
Iris nickte, und wir betraten das Parkhaus. Kaum hatten wir Anna-Linda auf den Rücksitz meines schicken schwarzen Jaguar XJ gesetzt, da lehnte sie schon den Kopf ans Seitenfenster. Keine Minute später war sie eingeschlafen.
Ich glitt hinters Lenkrad.
Iris warf mir einen Seitenblick zu. »Danke.«
»Wofür?« Ich ließ den Motor an, fuhr vorsichtig hinaus auf die Straße und dann in Richtung Norden – unser Haus lag in der nordwestlichsten Ecke von Belles-Faire. Bis nach Hause würden wir etwa zwanzig Minuten brauchen.
»Dafür, dass du du bist. Dass dir so etwas nicht egal ist. Dass du etwas unternimmst.« Sie grinste und warf dann lachend den Kopf zurück.
»Ich danke dir «, sagte ich, und auf einmal war mir ganz leicht ums Herz. Manchmal verstand Iris mich besser, als meine Schwestern es taten. »Du bist auch nicht zu verachten, wenn’s drauf ankommt, weißt du das?«
»Allerdings weiß ich das.« Sie kicherte, und wir wechselten das Thema. Ich legte eine CD mit Holsts Die Planeten ein.
Als wir uns der Abzweigung zu unserem Haus näherten, fragte ich mich, was Delilah und Camille wohl zu Anna-Linda sagen würden. Und Anna-Linda über sie. Das konnte interessant werden.
Kapitel 3
Als wir zu Hause ankamen, war es schon fast halb drei, aber das Haus war hellerleuchtet. Wir wohnten in einer dreistöckigen viktorianischen Villa, voll unterkellert – der Keller war mein Reich. Das Haus war ein wunderbarer, furchtbar teurer alter Kasten, wie unsere Mutter immer liebevoll gesagt hatte. Mutter hatte uns eine Menge über die Gebräuche und Redensarten der Erdwelt beigebracht, und wir hatten ihr sehr genau zugehört. Im Gegensatz zu meinen Schwestern, die damit zufrieden gewesen waren, zu Hause in der Anderwelt zu leben, hatte
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