Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13

Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13

Titel: Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
Oder vielleicht hatte eine Frau vor kurzem ein Kind geboren? Schließlich gab ich das Ratespielchen auf und öffnete die Tür.
    Als ich den Raum betrat, fiel mir als Erstes ein nackter Mann auf, der auf einem erhöhten Podest saß. Er hatte die Beine im Lotussitz unter sich gezogen und hielt den Rücken sehr gerade. Etwas wie ein halbkreisförmiger Rahmen aus Bronze breitete sich von der Mitte seines Rückens aus. Die Arme hatte er seitlich ausgestreckt, parallel zum Boden, und er hielt den dünnen Metallstreifen fest, auf dem der Halbkreis ruhte.
    Nadelspitze Stäbe waren gleichmäßig über den Halbkreis verteilt, wie Speichen eines Fahrrads. Ganz unten bogen sie sich auf seinen Rücken zu und durchbohrten nicht den Metallrahmen, sondern gruben sich in sein Fleisch. Ich sah kein Blut, obwohl ich es irgendwo riechen konnte. Und seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er ausgesprochen lebendig und fühlte kaum Schmerzen. Er musste irgendwelche richtig guten Drogen genommen haben. Entweder das, oder er war in tiefer Trance.
    Er öffnete die Augen, starrte mich direkt an, machte aber keine Anstalten, sich zu bewegen. Langsam ging ich auf ihn zu, eher neugierig als um meine Sicherheit besorgt. Obwohl der Blutgeruch rein und stark war, hatte er keinerlei Wirkung auf mich. Fasziniert blieb ich einen knappen Meter vor dem Podest stehen, neigte den Kopf zur Seite und betrachtete ihn.
    Der Mann saß auf einem türkisfarbenen Kissen mit goldenen Quasten. Obwohl er mit untergeschlagenen Beinen dasaß, erkannte ich, dass er größer sein musste als jeder Mann, den ich je gesehen hatte. Er hatte dunkelbraunes Haar und so schwarze Augen, dass ich mich leicht darin hätte verlieren können. Er sah nicht im klassischen Sinne gut aus, aber er hatte etwas Fesselndes an sich, und ich stand stumm da, beobachtete ihn und konnte den Blick nicht mehr von ihm losreißen.
    Fünf Minuten vergingen, vielleicht zehn... vielleicht auch zwanzig. Schließlich ging die Tür am anderen Ende des ansonsten völlig leeren Raums auf, und ein weiterer Mann trat ein. Er war kleiner als diese lebende Statue, sah aber genauso exotisch aus; er trug eine einfache, weite Leinenhose und eine leichte Jacke, mit einer goldenen Schärpe gegürtet.
    »Ihr seid gekommen, um das Orakel der Dayinye zu befragen?«, erkundigte er sich.
    Er war so gelassen. Wusste er denn nicht, dass ich ein Vampir war?
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich langsam. »Ich suche einen Mann namens Jareth. Mir wurde gesagt, ich könnte ihn hier im Tempel finden. Würdet Ihr mich bitte zu ihm bringen?«
    Der Mann erwiderte meinen Blick, bis mir plötzlich schwindlig wurde und ich wegschauen musste. Wer war das? Kaum jemand konnte meinem Lächeln widerstehen, wenn ich meinen Vampir-Charme aufdrehte, aber er schien davon nicht im mindesten beeindruckt zu sein.
    »Warum fragt Ihr nicht das Orakel?«, entgegnete er nach kurzer Pause.
    Ich hatte die Spielchen satt, aber mir war klar, dass ich mich hier auf seinem Spielplatz befand und mich deshalb an seine Regeln halten musste. Seufzend wandte ich mich dem Mann auf dem Podest zu. »Was soll ich ihn fragen?«
    »Das liegt allein bei Euch.«
    Ich sammelte mich. Das könnte ein Trick sein – wie bei den Wünschen, die manche Dschinns so erfüllten, dass sie furchtbar schiefgingen, weil sie das Chaos liebten und die Bedeutung von Worten gern verdrehten. Vorsichtig sagte ich: »Ich suche Jareth. Ist er hier in diesem Tempel, und wird er mir helfen?« So, das schien mir ganz klar und einfach zu sein.
    Das Orakel blinzelte und schloss dann die Augen. Ich konnte von keinem der beiden Männer mehr Atemzüge hören, und ihre Herzen schlugen auch nicht in dem Rhythmus, an den ich gewöhnt war. Das ist unmöglich, dachte ich. Sie waren beide lebendig – aber offenbar setzten alle meine Sinne aus.
    Einen Augenblick später erfüllte eine donnernde Stimme den Raum, die verstummte, sobald die Worte an mein Ohr gedrungen waren, als hätte es die Stimme nie gegeben.
    »Der Mann, den du suchst, ist hier, und er wird dir helfen. Die eigentliche Frage lautet: Was für Hilfe brauchst du wirklich? Der Pfad ist lang und qualvoll und führt nach innen. Dämonen sind nur Dämonen, wenn sie sich dafür entscheiden, im Feuer zu leben.« Danach schwieg er und sackte kurz in sich zusammen, ehe er die Augen wieder aufriss, sich aufrichtete und starr geradeaus blickte. Stumm und reglos wie ein Standbild.
    Ich wandte mich dem anderen Mann zu. »Würdet Ihr mich

Weitere Kostenlose Bücher