Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
um, während ich mich in meinen seidenen Morgenmantel hüllte und aus dem Schlafzimmer über den Flur eilte.
Der Flüsterspiegel in seinem gravierten silbernen Rahmen war sozusagen unser interdimensionales Videotelefon in die Anderwelt. Ursprünglich war er nur für den Kontakt mit dem AND programmiert gewesen.
Dankenswerterweise hatten die Elfen ihn ein bisschen umgepolt, so dass wir jetzt Verbindung zu Königin Asterias Hof aufnehmen konnten.
Ich setzte mich an das Frisiertischchen, an dem er befestigt war, und zog das schwarze Samttuch vom Spiegel. Im Glas schillerte ein Strudel farbigen Nebels.
»Maria«, sagte ich, um den Spiegel zu aktivieren. Statt auf unsere Stimmen reagierte er jetzt auf ein Codewort. Wir hatten den Namen unserer Mutter dafür ausgesucht.
Der wirbelnde Nebel lichtete sich langsam und enthüllte Trenyth, Königin Asterias Berater und Assistenten. Der steife Hofbeamte, der uns nun endlich vertraulicher behandelte, sah so müde aus, wie ich mich fühlte. Er blinzelte und starrte mich mit unverhohlener Überraschung an. Ich blickte an mir hinab und bemerkte, dass mein Morgenmantel aufgeglitten war und ich aus meinem Spaghettiträger-Nachthemd quoll.
Ich zog es über meine nackte Brust und grinste ihn anzüglich an. Um vier Uhr morgens fehlte mir sogar die Kraft, es peinlich zu finden, dass ich ihm eine kleine Peepshow geliefert hatte. »Nichts, was du nicht schon mal gesehen hättest, also schau nicht so schockiert drein. Weißt du überhaupt, wie spät es hier ist? Ich habe gerade mal drei Stunden geschlafen. Wir waren die halbe Nacht lang unterwegs und mussten zwei Dubba-Trolle erledigen. Ich bin fix und fertig. Was willst du?«
»Ich bedaure, dass ich dich geweckt habe, aber wir haben hier einen kleinen Notfall«, sagte er.
Ich erkannte die Dringlichkeit in seiner Stimme und hörte sofort mit meinem Geplänkel auf. »Was brauchst du?«
Trenyth schaffte es, wie die meisten Elfen, stets eine ungerührte Miene aufzusetzen.
Er war undurchschaubar, es sei denn, er wollte es anders. »Ist Trillian bei dir?«
Ich nickte. »Ja, warum?«
»Hole ihn. Ich muss ihn sprechen. Jetzt gleich, wenn du so freundlich wärst.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wartete stumm, ohne weitere Erklärung.
Nun wurde meine Neugier von Sorge verdrängt. Ich schob das Sitzbänkchen zurück und eilte in mein Schlafzimmer. Was konnte Königin Asteria so dringend von Trillian wollen? Er hatte als Bote zwischen ihr und Tanaquar fungiert, aber nachdem er durch einen feindlichen Pfeil verwundet worden war, hatten sie ihn für eine Weile erdseits bleiben lassen. Schlimmer als die Wunde war die Tatsache, dass er als Spion enttarnt worden war - damit war jeder Aufenthalt in der Anderwelt sehr gefährlich für ihn.
»Trillian, wach auf«, sagte ich und rüttelte an seiner Schulter, bis er die Augen aufriss.
»Trenyth ist im Flüsterspiegel, und er will dich sprechen.«
Sofort sprang Trillian aus dem Bett. Er stand da wie ein nackter, prachtvoller Gott und sah sich hastig im Zimmer um. Ich hielt ihm seinen Hausrock hin - das wadenlange, mantelartige Gewand hatte ich ihm zum Julfest geschenkt.
»Hier, suchst du den?«
»Danke«, sagte er, schlüpfte hinein und band den Gürtel zu.
Ich folgte ihm, als er über den Flur hastete und sich vor den Spiegel setzte.
Trenyth straffte die Schultern. »Trillian, ich habe ...« Er verstummte, als er mich sah.
»Camille, diese Angelegenheit ist geheim. Ich muss dich bitten, den Raum zu verlassen.«
Stirnrunzelnd wich ich zurück, obwohl ich nicht gehen wollte, aber ich war es gewohnt, Befehle zu befolgen. Wir mochten nicht die besten Agentinnen sein, hatten uns jedoch immer alle Mühe gegeben. Als ich die Tür hinter mir schloss und mich im Flur an die Wand lehnte, konnte ich das leise Murmeln ihrer Stimmen hören.
»Was ist los?« Menolly erschien am Kopf der Treppe, Delilah dicht hinter ihr.
»Kätzchen und ich haben Jerry Springer geschaut und dachten, wir hätten den Flüsterspiegel gehört.«
»Da habt ihr recht. Trenyth spricht gerade mit Trillian. Trenyth hat mich aus dem Zimmer geschickt, ehe ich erfahren konnte, was los ist.« Immer noch etwas beleidigt, weil man mich rausgeworfen hatte, warf ich einen Blick auf die geschlossene Tür.
»Mein Gehör ist ja nicht schlecht, aber ich kann kein Wort verstehen.«
Menolly zwinkerte mir zu. »Weg da.« Sie schob sich an mir vorbei und drückte sacht ein Ohr an die Tür. Sie hielt den Zeigefinger an die
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